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Windows Virtual Desktop: Mehrfachsitzungen mit Windows 10
Windows Virtual Desktop ist schneller als bisherige Angebote und unterstützt auch weit mehr Applikationen. Möglich wird das durch das neue Multi-Session-Windows 10 von Microsoft.
Die Einführung von Multi-Session-Windows 10 kann die bisher bestehende Lücke zwischen Session-basierten und dedizierten Desktops schließen und dabei gleichzeitig auch alle Vorteile bieten, die mit dem Einsatz eines Remote Desktop Session Hosts (RDSH) einhergehen.
Windows Virtual Desktop ist ein neues DaaS-Angebot (Desktop as a Service), das sowohl Session-basierte als auch dedizierte virtuelle Desktops umfasst. Der Dienst Windows Virtual Desktop, der sich derzeit in einer öffentlich zugänglichen Vorschau befindet, bietet eine Multi-Session-fähige Version des Betriebssystems Windows 10 Enterprise. Damit sind mehrere gleichzeitige Verbindungen von Nutzern zu einem Windows-Host möglich, wie es bislang nur mit der RDSH-Rolle im Windows Server erreicht werden konnte.
Windows Virtual Desktop
Windows Virtual Desktop steht nur in Azure zur Verfügung. Der Cloud-Dienst von Microsoft bietet alle Rechen- und Speicherkapazitäten, die für die virtuellen Maschinen (VMs) benötigt werden, in denen sich die virtuellen Desktops befinden. Der Dienst unterstützt sowohl die Virtualisierung von kompletten Desktops als auch von einzelnen Applikationen. Zu den darüber hinaus gebotenen Möglichkeiten gehören Diagnose-Funktionen, die Steuerung der einzelnen Verbindungen, erweiterte Netzwerkeinstellungen sowie Gateway-Dienste.
Zusätzlich bietet Windows Virtual Desktop von Anfang an eine enge Integration mit der Management- und Security-Infrastruktur, die Microsoft für Office 365 entwickelt hat. Die Management-Konsole für Windows Virtual Desktop ist außerdem kompatibel mit anderen Azure-Diensten und bietet auch zahlreiche APIs (Application Programming Interfaces), um Werkzeuge und Services von Drittanbietern einzubinden.
In dem dedizierten Modell, das Microsoft mit Windows Virtual Desktop verfolgt, läuft jede VM entweder mit Windows 10 oder Windows 7 und wird für genau nur einen einzigen Anwender bereitgestellt. Alle Ressourcen der VM stehen also für diesen einzigen Desktop zur Verfügung. Dadurch kann es nicht mehr so schnell zu einer Überlastung der Ressourcen kommen, wie es bei Session-basierten Desktops immer wieder der Fall ist. Das führt allerdings dazu, dass für dieses dedizierte Modell mehr Ressourcen für den Aufbau der Infrastruktur und seinen Betrieb benötigt werden. Letztlich werden die gestiegenen Hardwareanforderungen zu höheren Kosten für die DaaS-Kunden führen.
Die bisherigen Session-basierten Desktops verwenden dagegen die ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen effektiver und halten dadurch auch die Kosten niedriger. Windows Virtual Desktop unterstützt dieses Modell aber ebenfalls. Der Dienst umfasst insgesamt zwei Varianten von Session-basierten Desktops: Windows Server Remote Desktop Session Hosts und die neuen Multi-Session-Umgebungen mit Windows 10 Enterprise. Vor der Entwicklung von Windows Virtual Desktop waren Session-basierte Desktops nur mit RDSH möglich. In dem neuen Modell läuft in der VM jedoch Windows Server RDSH. Dadurch können gleichzeitige Desktop-Verbindungen angeboten werden, bei denen jeder Nutzer seine eigene Session erhält.
Obwohl der Ansatz mit RDSH zu einer besseren Ausnutzung der Ressourcen und einem vereinfachten Management führt, hat diese Vorgehensweise jedoch einen entscheidenden Nachteil. So kommt es immer wieder zu Performance-Problemen, weil sich mehrere Desktops dieselben Rechenkapazitäten teilen müssen. Dazu kommt, dass RDSH keine echte, vollständige Desktop-Sitzung bieten kann und deswegen nicht alle Anwendungen unterstützt. Zu den Anwendungen, die in einer RDSH-Sitzung nicht genutzt werden können, gehören der Browser Edge, die Spracherkennungsassistentin Cortana und das Büropaket Office 365 ProPlus. Mit RDSH bekommen die Anwender also keinen „echten“ Windows-Desktop, sondern nur einen, der nur so aussieht und sich auch nur so anfühlt, als wäre er echt.
Multi-Session-Umgebungen mit Windows 10
Das neue Multi-Session-Windows 10 verspricht viele der Begrenzungen von RDSH-Desktops aufzuheben und stattdessen eine moderne Nutzererfahrung zu bieten, die der einer lokal installierten Version des Microsoft-Betriebssystems gleicht. Um dieses Angebot zu ermöglichen, hat der Hersteller die neue Windows-10-Version optimiert, so dass sie von der Hardware in den Servern besser profitiert, in der Cloud weit skalierbarer ist und zudem die benötigten Session-basierten Sitzungen unterstützt. Dieser Aufbau ermöglicht ähnliche Kosteneinsparungen wie sie sonst nur mit RDSH-Desktops erreicht werden können.
Multi-Session-Windows 10 und Windows Virtual Desktop unterstützen ein breites Spektrum von Win32- und UWP-Anwendungen (Universal Windows Platform). Viele von diesen Applikationen laufen nicht auf herkömmlichen RDSH-Desktops. Wie bereits erwähnt, funktionieren auf dem neuen Windows-10-Desktop Edge, Cortana, der Microsoft Store, Office 365 ProPlus und viele andere Programme problemlos. Das Betriebssystem enthält sogar zusätzliche Optimierungen, die speziell auf Office 365 ProPlus ausgerichtet sind.
Multi-Session-Windows 10 folgt dabei demselben halbjährlichen Release-Rhythmus wie die anderen Windows-10-Varianten. Dadurch erhält das System regelmäßig neue Updates. Darüber hinaus hat Microsoft enthaltene Funktionen wie Windows Defender und die Windows Desktop-Suche optimiert, so dass sie sich weniger negativ auf die Performance der eingesetzten Prozessoren auswirken. Bereits jetzt genutzte Management-Tools und Konfigurationen sind ebenfalls weiterhin kompatibel mit dem neuen Multi-Session-Windows 10, so dass IT-Profis Werkzeuge wie Microsoft Intune und den System Center Configuration Manager (SCCM) weiterhin nutzen können.
Trotz der zahlreichen genannten Vorteile, muss sich das neue Multi-Session-Windows 10 erst noch in großen produktiven Umgebungen bewähren. So bestehen noch viele Fragen, ob es wirklich so gut performt wie RDSH-Desktops und ob es die ihm zur Verfügung stehenden Ressourcen ähnlich effizient nutzen kann. Es ist Microsoft auch noch nicht gelungen, alle Nachteile bei der gleichzeitigen Nutzung von Ressourcen zu beheben, die bei einem Session-basierten Setup auftreten.
Die Zukunft von VDI mit Windows Virtual Desktop
Im Rahmen des aktuellen Modells steht das Multi-Session-Windows 10 nur als Teil von Windows Virtual Desktop zur Verfügung. Diesen Dienst gibt es allerdings nur in Azure. Derzeit verfolgt Microsoft nach eigenen Angaben keine Pläne, auch eine Multi-Session-fähige Version von Windows 10 Enterprise zu veröffentlichen.
Stattdessen beabsichtigt der Hersteller, Windows Virtual Desktop für alle Kunden von Microsoft 365 Enterprise, Windows 10 Enterprise oder Windows 10 Education kostenlos anzubieten. Andere DaaS-Anbieter sind dagegen weiterhin auf RDSH-Desktops oder dedizierte Desktops angewiesen. Wenn das neue Microsoft-Angebot bei den Kunden ankommt, könnte das für diese Anbieter eine Herausforderung sein.
Windows Virtual Desktop bietet aber neue Möglichkeiten für Provider, die den Dienst in ihre eigenen Angebote integrieren wollen. So plant etwa Citrix, einen eigenen DaaS-Dienst anzubieten, der in der Azure-Plattform gehostet wird und dort Windows Virtual Desktop nutzt, aber der mit den eigenen Management-, Monitoring- und HDX-Lösungen ausgestattet ist.
Momentan ist noch nicht klar, ob Windows Server weiterhin Session-basierte Desktop-Sitzungen unterstützen wird. Wenn RDSH tatsächlich von der Bildfläche verschwinden sollte, dann stehen bisherige DaaS-Anbieter aber möglicherweise vor noch weit größeren Herausforderungen.