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Was bei SAP ECC-Anpassungen langfristig zu beachten ist
Anpassungen haben meist langfristige Auswirkungen. Unternehmen, die derzeit SAP ECC als ihr ERP-Kernsystem einsetzen, sollten Modifikationen deshalb sorgfältig abwägen.
Die ERP-Software SAP ECC ist komplex und in hohem Maße konfigurierbar. Während einige Unternehmen ihre Geschäftsprozesse weitgehend mit den Standardfunktionen von SAP ERP Central Component abwickeln können, müssen andere das System anpassen. Da spezifische Anpassungen jedoch langfristige Auswirkungen haben, sollten Unternehmen, die SAP ECC derzeit als ihr ERP-Kernsystem einsetzen, ihren Ansatz sorgfältig abwägen.
Die Unternehmensführung sollte genau verstehen, was Anpassungen sind und welche Kosten damit verbunden sind. Schließlich müssen sie für die Entwicklung und Wartung von Anpassungen auch bezahlen. Darüber hinaus können Anpassungen Upgrades der ERP-Software wesentlich schwieriger und teurer machen.
Im Folgenden finden Sie einen Überblick über SAP ECC-Anpassungen - und was Sie dabei beachten sollten.
Was ist eine SAP ECC-Anpassung?
Viele Benutzer glauben, dass eine Anpassung jede Änderung an einer Anwendung ist, mit der spezielle Geschäftsanforderungen erfüllt werden können. Beispielsweise kann ein Administrator ein Bildschirmlayout ändern, damit Endanwender die Applikation besser bedienen können. Dabei handelt es sich um einfache Änderungen, die Benutzer im Prinzip selbst vornehmen können. Solche Möglichkeiten gibt es in SAP-Anwendungen zuhauf: SAP hat in seine Software eine Vielzahl verschiedener Einstellungsmöglichkeiten eingebaut, mit denen die Benutzer das Programm an ihre individuellen Anforderungen anpassen können.
Anpassungen – auch Modifikationen oder Customizations – bestehen aus maßgeschneidertem Code, der die innere Funktionsweise des ERP-Systems grundlegend verändert. In ECC bedeutet die Durchführung einer Anpassung im Allgemeinen eine Änderung des ABAP-Codes, der das funktionale Verhalten des Kernsystems steuert. Eine solche Modifikation ist allerdings nicht unkritisch: Es kann zu Problemen kommen, wenn SAP nachträglich Änderungen an der Software vornimmt.
Alternative Ansätze erlauben es Unternehmen, ihre individuellen Geschäftsanforderungen mit einem weitaus geringeren Risiko umzusetzen. Da SAP seine Software zunehmend in die Cloud verlagert, empfiehlt das Unternehmen diese sichereren, flexibleren Ansätze.
Zu den weniger risikoreichen Ansätzen gehören Erweiterungen (Enhancements), bei denen die Software mit Unterstützung von Programmier-Features um bestimmte Funktionen ergänzt wird. Diese Funktionen sind als User Exits, Customer Exits oder Business Add-Ins bekannt. Sie sind weit weniger riskant als Anpassungen, da sie keine Änderung des ERP-Kerncodes erfordern.
Eine weitere risikoärmere Option ist die Side-by-Side-Erweiterung. Sie hat sich als risikoärmere Methode zur Anpassung an spezielle Geschäftsanforderungen durchgesetzt. Bei der Side-by-Side-Erweiterung wird eine externe Anwendung entwickelt, die dann von ECC aus aufgerufen wird. Auf diese Weise wird eine Trennwand zwischen dem ERP-Kerncode von SAP und den vom Benutzer entwickelten Erweiterungen errichtet. Die Side-by-Side-Erweiterung ist nicht komplett sicher, aber die Benutzer vermeiden einen direkten Eingriff in den Kerncode der ERP-Anwendung.
SAP bewirbt das Modell der Side-by-Side-Erweiterbarkeit sowie die SAP Business Technology Platform als bevorzugten Ansatz, um spezielle Anforderungen mit S/4HANA zu erfüllen. Anwender können jedoch den gleichen Ansatz mit ECC verfolgen – allerdings erfordert dies in vielen Fällen etwas mehr Aufwand. Nutzer, die diesen Ansatz wählen, werden jedoch wahrscheinlich später davon profitieren. Wenn sie schließlich zu S/4HANA wechseln, können ihre Side-by-Side-Erweiterungen zumindest teilweise wiederverwendet werden.
Inzwischen können Hybrid-Cloud-Anwendungen, die von Drittanbietern – oder in einigen Fällen von SAP – entwickelt wurden, auch die speziellen Anforderungen der Benutzer erfüllen.
Wie Sie SAP ECC anpassen
Oft sind die Geschäftspraktiken einer Branche der Ausgangspunkt dafür, dass spezielle Funktionen eingeführt werden müssen. Ein Beispiel dafür sind die speziellen Abrechnungsprozesse in der Baubranche. Bauunternehmen wickeln große Projekte in der Regel in mehreren Phasen ab und leisten im Verlauf Abschlagszahlungen, die in der Regel einige Verhandlungen und Anpassungen erfordern. Während des gesamten Prozesses müssen die Generalunternehmer nachweisen, dass die Subunternehmer bezahlt worden sind. Unvorhergesehene Ereignisse und Zahlungsrückstände verkomplizieren den Prozess noch weiter.
Bauunternehmen benötigen deshalb eine spezielle Software, die Prozesse wie Einkauf, Verkauf, Rechnungsstellung und Projektmanagement integriert.
Vor einigen Jahren kündigte SAP die Einführung der Industry Cloud an, über die SAP und Drittanbieter diese Art von Spezialfunktionen anbieten. Das Programm umfasst Software für die Automobilindustrie, Maschinenbau, Bauwesen, Konsumgüter, Industriemaschinen und -komponenten, professionelle Dienstleistungen, Einzelhandel und Versorgungswirtschaft.
Wenn Anwender ECC On-Premises oder in der Cloud betreiben oder bereits auf S/4HANA umgestiegen sind, kann die Industry Cloud die ERP-Systeme dieser Anwender so erweitern, dass sie die speziellen Anforderungen erfüllen, die bisher nur mit einer individuellen Entwicklung möglich waren.
Unabhängig davon, für welchen Ansatz Sie sich entscheiden: Bedenken Sie immer, dass SAP ECC in absehbarer Zeit auslaufen lassen wird. Die Mainstream-Wartung für SAP Business Suite 7 beziehungsweise ECC soll im Jahr 2027 enden. Zwar bietet das Unternehmen Optionen für den Support bis 2030 an, und viele glauben, dass die Frist sogar noch weiter verlängert werden könnte. Aber früher oder später werden ECC-Anwender auf S/4HANA umsteigen müssen. Wenn dieser Zeitpunkt gekommen ist, werden diejenigen, die Anpassungen einschränken und sich für einfache Erweiterungen, Side-by-Side-Erweiterungen und Industry-Cloud-Software entscheiden, besser aufgestellt sein.