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Greenfield versus Brownfield: auf SAP S/4HANA umsteigen

Bei der SAP S/4HANA-Migration stehen Unternehmen vor der Wahl zwischen Greenfield und Brownfield. Beide Ansätze bieten unterschiedliche Vor- und Nachteile bei der Umstellung.

Die Migration zu SAP S/4HANA erfordert eine grundlegende Entscheidung: Greenfield oder Brownfield. Während der Greenfield-Ansatz einen kompletten Neuanfang ermöglicht und alle Geschäftsprozesse von Grund auf neu definiert, fokussiert sich der Brownfield-Ansatz auf die schrittweise Umstellung bestehender Systeme. Beide Ansätze bieten Vor- und Nachteile, die sorgfältig abgewogen werden müssen, um die ideale Migrationsstrategie für das Unternehmen zu bestimmen.

Neben Greenfield und Brownfield gibt es zudem hybride Migrationsansätze, die Elemente beider Strategien kombinieren. Diese ermöglichen es, Teile der bestehenden SAP-Landschaft zu erhalten und gleichzeitig neue Prozesse schrittweise zu integrieren. Ein Beispiel ist der Selective Data Transition-Ansatz, bei dem nur ausgewählte Daten und Prozesse in das neue System migriert werden. Diese Alternative bietet eine flexible Balance und erlaubt eine Migrationsstrategie, die sich an den spezifischen Anforderungen des Unternehmens orientiert.

Greenfield-Migration verstehen

Eine Greenfield-Migration bezeichnet den kompletten Neuaufbau einer SAP-Landschaft. Im Gegensatz zur Brownfield-Strategie, bei der bestehende Systeme auf eine neue Plattform migriert werden, startet man bei einer Greenfield-Migration von Grund auf neu, ohne Rücksicht auf bestehende Systeme oder Altlasten.

Ein solcher Ansatz wird häufig gewählt, wenn Unternehmen ihre Prozesse umfassend modernisieren oder optimieren wollen. Statt die bestehenden, möglicherweise ineffizienten oder veralteten Prozesse zu übernehmen, bietet die Greenfield-Migration die Möglichkeit, neue, optimierte und an moderne Geschäftsanforderungen angepasste Prozesse zu implementieren.

Im Zusammenhang mit der Einführung von SAP S/4HANA gewinnt der Greenfield-Ansatz an Bedeutung. S/4HANA bietet aufgrund seiner In-Memory-Datenbank und der vereinfachten Systemarchitektur Leistungssteigerungen, die jedoch nur dann voll ausgeschöpft werden können, wenn die zugrunde liegenden Geschäftsprozesse ebenfalls optimiert werden.

Datenbereinigung bei Greenfield-Migration

Im Zuge der Migration muss das Unternehmen sämtliche Geschäftsprozesse und Strukturen neu definieren. Dies bietet den Vorteil, dass man nicht an Altsysteme gebunden ist und so die Gelegenheit hat, Prozesse zu standardisieren und an die neuesten Best Practices anzupassen. Gleichzeitig ist dies jedoch auch der größte Aufwand bei einer Greenfield-Migration. Unternehmen müssen alle Daten, Prozesse und Systeme neu modellieren und aufbauen. Das umfasst sowohl die Neudefinition von Workflows, die Anpassung der Systemlandschaft an moderne Anforderungen sowie die Integration in bestehende Systeme und Datenstrukturen.

Der Aufwand einer Greenfield-Migration wird durch den Migrationsweg bestimmt. Alle relevanten Daten müssen manuell auf das neue System übertragen werden. Dazu gehört eine sorgfältige Datenbereinigung, um sicherzustellen, dass nur relevante und saubere Daten in das neue System migriert werden. Unternehmen müssen sich zudem entscheiden, welche historischen Daten migriert und welche neu erfasst werden. Ein weiterer zentraler Aspekt ist die Implementierung neuer Module und Funktionen in S/4HANA. SAP bietet eine Vielzahl von Modulen, die Unternehmen individuell anpassen können, um ihre Prozesse effizienter zu gestalten. Dies erfordert eine umfassende Analyse der bestehenden Geschäftsanforderungen und die entsprechende Implementierung neuer Lösungen.

Greenfield- versus Brownfield-Migration

Die Greenfield-Migration birgt jedoch auch Risiken. Der hohe Implementierungsaufwand, die Neuorganisation von Prozessen und die umfassende Schulung der Mitarbeiter stellen große Herausforderungen dar. Besonders wichtig ist die Definition einer klaren Roadmap, die sicherstellt, dass alle Schritte der Migration gut koordiniert und termingerecht umgesetzt werden.

Die Brownfield-Migration erlaubt es, bestehende SAP-Systeme auf S/4HANA zu migrieren, ohne die gesamte Systemlandschaft neu aufzubauen. Das bietet den Vorteil, dass Unternehmen ihre etablierten Prozesse und Daten beibehalten und die Umstellung schneller und kosteneffizienter gestalten können. Da die Migration schrittweise erfolgt, bleibt der laufende Betrieb weitgehend ungestört. Allerdings besteht bei diesem Ansatz die Gefahr, dass ineffiziente oder veraltete Prozesse in das neue System übernommen werden, was die volle Leistungsfähigkeit der S/4HANA-Plattform einschränken kann.

Während der Greenfield-Ansatz die maximale Flexibilität und Nutzung der S/4HANA-Features erlaubt, birgt er hohe Implementierungskosten und kann betriebliche Unterbrechungen verursachen. Die Vorteile der Brownfield-Migration liegen in der raschen Umsetzung, dem geringeren Risiko für Störungen und der Möglichkeit, bestehende Investitionen zu schützen. Diese Effizienz hat jedoch den Preis, dass die Transformation oft weniger umfassend ausfällt, da bestehende Schwächen in den Prozessen in das neue System migriert werden können. Greenfield hingegen erlaubt es, das Unternehmen vollständig neu aufzustellen und Prozesse zu optimieren, erfordert aber umfangreiche Ressourcen und eine deutlich längere Umsetzungszeit.

Brownfield versus Greenfield
Abbildung 1: Bei einer S/4HANA-Migration wählen Unternehmen häufig zwischen einer Brownfield- oder Greenfield-Migration.

Hybride Migration

Ein hybrider Ansatz bei der SAP-Migration kombiniert die Vorteile von Greenfield und Brownfield, um eine flexible und anpassungsfähige Lösung zu bieten. Das ist besonders dann nützlich, wenn Unternehmen bestimmte Teile ihrer bestehenden Konfiguration behalten möchten, aber dennoch signifikante Änderungen am System oder der Organisationsstruktur vornehmen müssen.

Eine hybride Migration gestattet es, eine neue S/4HANA-Umgebung basierend auf den aktuellen Anforderungen zu schaffen, während gleichzeitig ausgewählte Daten und Konfigurationen aus der alten SAP-Landschaft übernommen werden. Ein typisches Szenario für eine hybride Migration ist, wenn Unternehmen ihre bestehende SAP-Landschaft teilweise modernisieren möchten, aber nicht alle bisherigen Prozesse und Daten übernehmen wollen.

Entscheidung zwischen Greenfield und Brownfield

Bei der Wahl zwischen einer Greenfield- und einer Brownfield-Implementierung von SAP S/4HANA spielen verschiedene Faktoren eine Rolle. Ein zentraler Aspekt ist die Frage, ob das bestehende System weiterhin den langfristigen Geschäftsstrategien des Unternehmens gerecht wird. Wenn das aktuelle SAP-System stark angepasst oder durch jahrelange Nutzung ineffizient geworden ist, kann eine Greenfield-Implementierung, die einen vollständigen Neustart ermöglicht, die beste Wahl sein. Dabei werden veraltete Prozesse hinter sich gelassen und ein neues System basierend auf Best Practices aufgebaut.

Die Brownfield-Option hingegen bietet sich an, wenn ein Unternehmen bereits ein stabil funktionierendes SAP ECC-System (SAP ERP Central Component) nutzt und lediglich auf die S/4HANA-Plattform migrieren möchte, ohne die zugrunde liegenden Prozesse neu zu gestalten. Dabei wird das bestehende System mit minimalen Anpassungen auf die neue Plattform übertragen. Der Vorteil dieser Option ist eine geringere Unterbrechung des laufenden Betriebs und eine kürzere Implementierungszeit.

Die Komplexität des bestehenden Systems spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Unternehmen mit mehreren ERP-Systemen (Enterprise Resource Planning) oder komplexen regionalen Setups müssen möglicherweise eine Bluefield-Transformation in Erwägung ziehen. Diese Option kombiniert Elemente aus Greenfield und Brownfield und bietet eine flexible Möglichkeit, bestehende Systeme zu konsolidieren, während selektiv Prozesse oder Strukturen modernisiert werden.

Ein weiteres wichtiges Entscheidungskriterium ist die Integration von Drittanbietersystemen. In einem Brownfield-Szenario bleiben bestehende Integrationen weitgehend erhalten, während bei einer Greenfield-Implementierung viele Schnittstellen neu erstellt oder angepasst werden müssen. Die Anzahl und Komplexität der bestehenden Integrationen können somit einen erheblichen Einfluss auf die Wahl der Migrationsstrategie haben.

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