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Die Rückkehr der Bänder
Bandspeichersysteme feiern regelmäßig fröhlich Comebacks und halten sich hartnäckig in den Rechenzentren. Was sind die Gründe für die Renaissance von Tapes als Speichermedium?
Die Bandspeichertechnologie erlebt derzeit ein Wiederaufleben. Diese Renaissance ist das Ergebnis einer Reihe von Faktoren, einschließlich Verbesserungen der Technologie und ihrer Fähigkeit, vor Cyberangriffen zu schützen.
Obwohl Bänder schon fast so lange Daten speichern, wie es Computer gibt, wird die Bandspeichertechnologie immer weiter verbessert.
Neue Technologien zur Bandspeicherung schaffen höhere Kapazitäten
Der LTO-Industriestandard wurde erstmals im Jahr 2000 veröffentlicht. Das LTO-1-Band hatte eine Kapazität von 100 GB nativ beziehungsweise 200 GB komprimiert.
2021 gab das Entwickler-Konsortium die neunte Generation der LTO-Spezifikation heraus. LTO-9-Bänder haben eine native Kapazität von 18 TB respektive 45 TB komprimiert. Komprimierte Bänder können mit einer Geschwindigkeit von 1000 MB/s gelesen werden. Selbst ein unkomprimiertes Band hat Lesegeschwindigkeiten von bis zu 400 MB/s. Diese Geschwindigkeit ist weitaus höher als bei den LTO-Bändern der ersten Generation. Damals waren es 20 MB/s für ein unkomprimiertes Band und 40 MB/s für ein komprimiertes Band hatten. Doch auch ein LTO-9-Bandlaufwerk ist immer noch langsamer als Festplatten und Flash.
Bedenken hinsichtlich Datenwachstum und -löschung
Schätzungen zufolge wird sich in vielen Unternehmen das Datenvolumen im Abstand von nur wenigen Jahren verdoppeln. Der gängigen Meinung zufolge ist es nahezu unmöglich, mit einem derartigen Datenwachstum Schritt zu halten. Aus diesem Grund haben viele Unternehmen strenge Richtlinien für die Steuerung und das Wachstum der Daten und das Management der Datenlebenszyklen eingeführt. Veraltete Daten sollen so automatisch gelöscht und dadurch die Speicherkosten gesenkt werden. Dafür hat sich auch der Begriff der Datenhygiene etabliert.
Das Löschen alter Daten kann jedoch dazu führen, dass ein Unternehmen bestimmte Analysen über unternehmerische Entwicklungen nicht durchführen kann. Langfristige Trend-Analysen setzen eine ausreichende Menge historischer Daten voraus. Gerade erst haben Unternehmen verstanden, dass ML (Maschinelles Lernen) eine gute Methode ist, um die in den vorhandenen Daten verborgenen Werte für das Unternehmen zu erschließen. Data Mining und Data Monetization sind zwei der Schlagwörter für dieses Thema.
Die Verwendung von Bandspeichertechnologien könnte eine Lösung für das Dilemma zwischen Handhabbarkeit und Datenhygiene sein. So nutzen zum Beispiel Cloud-Anbieter Bandspeicher für Archive. Unternehmen könnten dementsprechend die enorme Speicherkapazität neuerer Tape-Standards nutzen und Daten, auf die nur selten zugegriffen wird, auf kostengünstige Bänder migrieren.
Schutz vor Cyberangriffen
Die ständige Bedrohung durch Ransomware ist ein wichtiger Grund für die anhaltende und erneute Beliebtheit von Bandspeichern.
Früher war Ransomware einfach darauf ausgelegt, die Daten der Opfer zu verschlüsseln. Der einfachste Weg, sich von einem Ransomware-Angriff zu erholen, war die Wiederherstellung eines Backups. Die Ransomware-Autoren bemerkten, dass nur die Backups zwischen ihnen und dem Lösegeld standen. So begannen die Cyberkriminellen mit der Entwicklung von Ransomware, die aktiv die Backups eines Unternehmens angreift.
Die Bandspeichertechnologie ist gegen diese Art von Angriffen weitgehend immun. Bänder können als „luft-dichte“ Datenkopie (Air Gap) dienen oder wie es in der Elektrotechnik heißt: Abstand ist durch nichts zu ersetzen als Abstand, wenn es um die technische Entkopplung von Geräten geht. Mit anderen Worten: Ein Administrator kann Daten auf ein Band schreiben, die Kassette auswerfen und sie an einem sicheren Ort aufbewahren. Ransomware kann kein Magnetband angreifen, das nicht in ein Laufwerk eingelegt ist.
Darüber hinaus kennen neuere LTO-Standards die WORM (Write Once Read Many)-Technologie. Es ist möglich, ein Band so zu beschreiben, dass andere Benutzer diese Daten nicht ändern können. Im Zusammenhang mit Ransomware aber auch im Zusammenhang mit der gesetzlichen Aufbewahrungspflicht kann der Inhalt eines Bandes nicht verändert werden.
Nutzung von Bandspeichern durch Cloud-Anbieter
Eine Zeit lang gab es die Meinung, dass die Public Cloud Magnetbänder obsolet machen und letztlich für deren Aussterben sorgen könnte. Ironischerweise gehören gerade die Hyperscaler zu den größten Nutzern von Bandspeichern. Viele Unternehmen, die Cloud-Speicher nutzen, wissen nicht, dass die Anbieter einige Daten auf Bänder schreiben.
Cloud-Anbieter wie Microsoft und AWS bieten verschiedene Speicherstufen (Storage Tiers) an. Die günstigste Speicherschicht ist in der Regel eine Archivschicht, die Unternehmen zum Speichern von Daten nutzen, auf die sie nur selten zugreifen, die sie aber aufbewahren müssen. Diese Cloud-Anbieter können Archivspeicher zu so niedrigen Kosten anbieten, weil sie die Daten auf Bändern und nicht auf Online-Festplatten speichern.
Die Nachteile von Bändern bleiben – meist harmlos
Trotz des erneuten Aufschwungs beim Einsatz von Bändern gibt es einige Schwachstellen. Zunächst ist ein Band ein sequenzielles Medium. Es nicht also die beste Wahl für Workloads mit wahlfreien I/O-Operationen durchführen. Bei sequenziellen Lese- und Schreibvorgängen ist das Band in der Regel schnell, aber es kann langsam sein, wenn es bestimmte Daten finden muss und diese sich aus irgendeinem Grund auf Bereiche am Anfang, in der Mitte und am Ende des Bandes verteilt sind.
Bandmedien können Jahrzehnte überdauern, aber um diese Langlebigkeit zu erreichen, müssen sie an einem Ort mit den richtigen Temperatur- und Feuchtigkeitsbedingungen gelagert werden. Außerdem sind Bänder austauschbar. Weil es relativ leicht ist, eine Magnetbandkassette gegen eine gleich aussehende auszutauschen, sind entsprechende Schutzmaßnahmen und Sicherheitsvorkehrungen wichtig.