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Acht Bewährte Verfahren für die Konfiguration von SAP S/4HANA
Eine präzise Konfiguration der SAP S/4HANA-Geschäftsbereiche maximiert die Effizienz, senkt Risiken und schafft die Basis für zukunftsfähige Geschäftsprozesse.
Die Konfiguration von SAP S/4HANA stellt Unternehmen vor die Herausforderung, eine hochkomplexe Plattform optimal an ihre Geschäftsanforderungen anzupassen. Eine präzise Konfiguration erhöht nicht nur die Effizienz, sondern verringert auch Risiken während der Implementierung und des Betriebs.
Im Folgenden werden bewährte Methoden beschrieben, welche die erfolgreiche Konfiguration von SAP S/4HANA ermöglichen.
1. Geschäftsprozessanalyse als Grundlage
Eine fundierte Analyse der bestehenden Geschäftsprozesse ist der erste und wichtigste Schritt, um sicherzustellen, dass die Konfiguration auf die tatsächlichen Anforderungen des Unternehmens abgestimmt ist. Diese Analyse identifiziert bestehende Schwachstellen, überflüssige Prozesse und Integrationspunkte. In dieser Phase ist die enge Zusammenarbeit mit Fachbereichen wichtig, um sicherzustellen, dass alle Anforderungen erfasst werden. Parallel dazu sollten klare Ziele definiert werden, etwa die Reduzierung der Durchlaufzeiten oder die Automatisierung bestimmter Aufgaben.
2. Praxisnahe Optimierungen für modulare Implementierung
Eine modulare Implementierung von SAP S/4HANA erfordert sorgfältige Planung und gezielte Maßnahmen. Der Fokus sollte zunächst auf den Kernbereichen liegen, die von SAP nach Geschäftsbereichen (Line of Business, LoB) aufgeteilt werden. Sie bilden grundlegende Geschäftsprozesse ab, zum Beispiel Finanzbuchhaltung (FI) oder Materialwirtschaft (MM).
Komplexere Geschäftsbereiche wie Produktionsplanung (PP) oder Extended Warehouse Management (EWM) sollten zunächst in einer isolierten Testumgebung implementiert werden, um deren spezifische Herausforderungen frühzeitig zu identifizieren und zu bewältigen. Ein Proof of Concept (PoC) stellt sicher, dass die Konfiguration praxistauglich ist, bevor sie in den Produktivbetrieb übergeht.
Iterative Testzyklen spielen dabei eine wichtige Rolle, um die Qualität und Stabilität der implementierten Funktionen zu gewährleisten. Der Einsatz von Testautomatisierungs-Tools wie das Testautomatisierungs-Framework beschleunigen diesen Prozess und decken mögliche Schwachstellen auf. Ebenso wichtig ist es, die Abhängigkeiten zwischen den Funktionsbereichen frühzeitig zu berücksichtigen. So erfordert die Integration von Materialwirtschaft und Vertrieb eine klare Definition der Schnittstellen, um Lagerbestände und Auftragsabwicklungen reibungslos zu synchronisieren. Eine saubere Datenintegration wird durch Middleware-Lösungen wie SAP Cloud Integration erleichtert, welche die Datenflüsse überwachen und Engpässe verhindern.
3. Parallelbetrieb vermeiden
Der Parallelbetrieb verschiedener Funktionsbereiche sollte vermieden werden, da er den Aufwand für Support und Fehlerbehebung erhöht. Stattdessen empfiehlt sich eine schrittweise Einführung, bei der die Stabilität jedes Geschäftsbereichs sichergestellt wird, bevor der nächste produktiv gesetzt wird. Dabei ist es entscheidend, die Nutzung von Standardfunktionen zu maximieren und kundenspezifische Anpassungen auf ein Minimum zu beschränken, um zukünftige Wartungs- und Upgrade-Kosten zu senken. Anpassungen, die tatsächlich notwendig sind, sollten klar dokumentiert werden, um die Nachvollziehbarkeit und Wartungsfreundlichkeit zu gewährleisten.
Die Einbindung von Schlüsselanwendern aus den Fachbereichen ist ein weiterer wichtiger Faktor für den Erfolg. Diese Anwender unterstützen nicht nur, die Konfiguration an die tatsächlichen Anforderungen anzupassen, sondern fördern auch die Akzeptanz der neuen Systeme innerhalb des Unternehmens. Ihre Expertise wird durch gezielte Schulungen ergänzt, welche die Nutzung der neuen Funktionen optimieren. Eine detaillierte Dokumentation aller Konfigurationen im SAP Solution Manager erleichtert nicht nur den laufenden Betrieb, sondern auch spätere Anpassungen und Optimierungen.
4. Stammdatenverwaltung mit SAP Master Data Governance (MDG)
SAP Master Data Governance (MDG) verschafft Unternehmen die Möglichkeit, Stammdatenprozesse zu standardisieren, die Datenqualität nachhaltig zu verbessern und regulatorische Anforderungen zu erfüllen. Dieses Tool ist besonders wertvoll für Organisationen mit komplexen Geschäftsstrukturen, da es redundante Daten vermeidet und Prozesse harmonisiert.
SAP MDG ermöglicht eine zentrale Steuerung aller Stammdaten, einschließlich der Definition, Validierung und Pflege von Datensätzen. Unternehmen können damit sicherstellen, dass Stammdaten über alle Geschäftsbereiche hinweg einheitlich sind. Besonders in Umgebungen mit mehreren SAP-Systemen oder hybriden Landschaften bietet MDG die Möglichkeit, Stammdaten über verschiedene Plattformen hinweg zu synchronisieren. Dies reduziert nicht nur die Fehleranfälligkeit, sondern auch den Wartungsaufwand, da Änderungen zentral vorgenommen und automatisch auf verbundene Systeme angewendet werden. Ein zentraler Vorteil von MDG liegt in der Nutzung vorkonfigurierter Datenmodelle für gängige Stammdatenobjekte wie Kunden, Lieferanten, Material und Finanzdaten. Diese Modelle sind vollständig in SAP S/4HANA integriert und können bei Bedarf an spezifische Anforderungen angepasst werden.
Ein wesentlicher Bestandteil von MDG ist das integrierte Workflow-Management. Mit diesem Feature können Unternehmen Genehmigungs- und Änderungsprozesse für Stammdaten automatisieren und sicherstellen, dass nur geprüfte und genehmigte Daten in das System übernommen werden. Dieses kontrollierte Vorgehen erhöht die Datenintegrität und gestattet eine lückenlose Nachverfolgung aller Änderungen. In Verbindung mit dem integrierten Monitoring lassen sich alle laufenden Prozesse und deren Status in Echtzeit überwachen, was eine schnelle Identifikation von Engpässen oder Fehlern erlaubt.
5. Datenqualität sicherstellen
Ein weiterer Schwerpunkt von SAP Master Data Governance ist die Datenqualität. Mit den Funktionen zur Datenqualität können Unternehmen Regeln für die Datenvalidierung definieren und automatisierte Prüfungen durchführen. Diese Regeln verhindern die Eingabe fehlerhafter oder unvollständiger Datensätze und fördern die Einhaltung unternehmensweiter Standards. Ergänzend dazu bietet MDG eine nahtlose Integration mit SAP Data Services, wodurch Daten aus externen Quellen analysiert, bereinigt und konsolidiert werden können, bevor sie in das System übernommen werden.
Die Einführung von MDG erfordert jedoch sorgfältige Planung und Expertise. Unternehmen sollten zunächst eine umfassende Analyse der bestehenden Stammdatenlandschaft durchführen und die Anforderungen aller betroffenen Geschäftsbereiche erfassen. Der nächste Schritt besteht darin, ein Data-Governance-Team zu etablieren, das für die Definition und Umsetzung von Standards verantwortlich ist. Dieses Team sollte eng mit den IT-Abteilungen zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass die technischen Anforderungen des Systems vollständig abgedeckt werden.
Ein häufiger Fehler bei der Implementierung von MDG ist das Überspringen von Testphasen. Umfangreiche Tests sind unerlässlich, um sicherzustellen, dass die Workflows und Validierungsregeln korrekt funktionieren und die Daten wie erwartet verarbeitet werden. Pilotprojekte, die zunächst in kleineren Geschäftsbereichen durchgeführt werden, helfen dabei, potenzielle Probleme frühzeitig zu identifizieren und anzupassen.
SAP Master Data Governance bietet Unternehmen nicht nur die Möglichkeit, die Qualität und Konsistenz ihrer Stammdaten zu verbessern, sondern schafft auch die Basis für strategische Entscheidungen. Indem Daten in Echtzeit verfügbar und fehlerfrei sind, können Unternehmen schneller und fundierter agieren.
6. Performance-Optimierung durch HANA-spezifische Funktionen
SAP HANA ist der zentrale Baustein für die Leistung von SAP S/4HANA. Durch die Nutzung HANA-spezifischer Funktionen, wie der In-Memory-Datenverarbeitung, können Abfragen und Analysen beschleunigt werden. Unternehmen sollten regelmäßig Lasttests durchführen, um die Performance auch bei steigender Nutzeranzahl und Datenmenge sicherzustellen. Monitoring-Tools wie der SAP Solution Manager erlauben eine kontinuierliche Überwachung der Systemleistung und helfen, Engpässe frühzeitig zu erkennen.
Automatisierung ist ein wesentlicher Faktor, um die Effizienz in SAP S/4HANA zu steigern. Mithilfe von SAP Intelligent Robotic Process Automation (RPA) können repetitive Aufgaben automatisiert werden, was sowohl die Fehlerquote als auch den manuellen Aufwand reduziert. Workflows innerhalb von SAP S/4HANA lassen sich flexibel konfigurieren, um Geschäftsprozesse zu optimieren. Durch die Kombination von RPA und Workflows lassen sich End-to-End-Prozesse vollständig automatisieren.
7. Sicherheitskonzepte und Compliance
Ein durchdachtes Sicherheitskonzept ist integraler Bestandteil jeder S/4HANA-Implementierung. Rollen- und Berechtigungskonzepte schützen nicht nur sensible Unternehmensdaten, sondern sorgen auch für eine klare Aufgabentrennung innerhalb der Organisation. Mit Tools wie SAP Governance, Risk and Compliance (GRC) können Unternehmen sicherstellen, dass sie sowohl interne Richtlinien als auch gesetzliche Anforderungen einhalten.
8. Regelmäßige Überprüfung und Anpassung der Konfiguration
Die Anforderungen an SAP S/4HANA ändern sich mit der Entwicklung eines Unternehmens. Regelmäßige System-Audits und Health Checks stellen sicher, dass die Konfiguration weiterhin optimal an die Geschäftsprozesse angepasst ist. Tools wie SAP EarlyWatch Alert oder der Solution Manager unterstützen dabei, potenzielle Schwachstellen frühzeitig zu identifizieren und zu beheben.
Der SAP EarlyWatch Alert Workspace bietet eine umfassende Lösung zur Überwachung und Optimierung von SAP-Systemlandschaften. Mit diesem Tool erhalten Unternehmen wöchentliche Berichte zu allen verbundenen Systemen, die kritische Erkenntnisse und Handlungsempfehlungen enthalten. Diese Berichte identifizieren nicht nur potenzielle Probleme wie schnell wachsende Tabellen oder Konfigurationsfehler, sondern geben auch Einblicke in die Endnutzererfahrung und erlauben so eine ganzheitliche Systemanalyse.
Ein zentraler Vorteil des EarlyWatch Alert Workspace ist die Bereitstellung technischer KPIs, die bis zu vier Jahre zurückreichen. Diese historische Datenbasis erlaubt es, Trends zu erkennen und frühzeitig auf mögliche Risiken zu reagieren. Besonders hervorzuheben ist die Funktion für prädiktive Warnungen, die durch maschinelles Lernen unterstützt wird. Mit diesen Vorhersagen lassen sich potenzielle Engpässe, zum Beispiel durch volle Tabellen, erschöpfte Speicherressourcen oder kritische Nummernkreise, rechtzeitig identifizieren und Gegenmaßnahmen einleiten.
Das Tool bietet außerdem detaillierte Seiten für spezifische Themenbereiche, wodurch Administratoren tiefergehende Analysen durchführen können. Wer nicht aktiv nach aktuellen Problemen suchen möchte, kann Benachrichtigungen aktivieren, um automatisch über kritische Ereignisse informiert zu werden. Der SAP EarlyWatch Alert Workspace unterstützt Unternehmen nicht nur bei der proaktiven Überwachung ihrer Systeme, sondern liefert auch präzise Empfehlungen zur Optimierung der Konfiguration und zur Verbesserung der Nutzererfahrung.