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Was Sie über Netzwerk-Disaggregation wissen sollten

Netzwerk-Disaggregation und verwandte Trends – etwa SDN, NFV und White Boxes – zu veranschaulichen, kann kompliziert sein. Wir klären die Begriffe und zeigen Vor- wie Nachteile.

Software-defined Networking (SDN), Network Functions Virtualization (NFV), White Boxes und Large Scale Fabrics, bestehend aus kleinen Fixed-Configuration-Geräten, sind die bestimmenden Trends in der Netzwerktechnik. Obwohl diese vier Trends anscheinend völlig unterschiedliche Ideen darstellen, sind sie über das einheitliche Konzept der Disaggregation eng miteinander verwandt. Dieser Artikel klärt die Bedeutung von Netzwerk-Disaggregation und zeigt, wie sich dieses Konzept auf die vier Technologietrends anwenden lässt.

Grundsätzlich bedeutet Disaggregation, etwas, das zuvor eine Einheit bildete, in seine einzelnen Komponenten zu unterteilen. Wenn Sie beispielsweise ans Backen denken, dann werden Mehl, Eier, Zucker, Schokoladensplitter und einige andere Zutaten miteinander vermengt, um Kekse herzustellen. Um die Kekse zu disaggregieren, müssten Sie die Eier, Schokoladensplitter und den Zucker einzeln essen. Sie könnten auch das Mehl separat zu sich nehmen, aber das wäre wahrscheinlich nicht sehr bekömmlich.

Aggregation beim Backen bedeutet, dass die Zutaten aggregiert, das heißt vermischt werden, um einen einzigartigen Geschmack zu kreieren – das gilt für den Keks als Ganzes, nicht für die Eier, den Zucker und das Mehl allein – und einen Mehrwert zu schaffen. Im Networking gibt es eine ähnliche Logik, da die Aggregation zwei spezifische Arten von Mehrwert bietet. Der erste Nutzen besteht in der Möglichkeit, sehr viel Funktionalität in ein einzelnes Gerät zu abstrahieren.

Abstrahierung ist der wesentliche Mechanismus, um skalierbare Systeme zu erstellen. Daher kann die Abstrahierung einer Gruppe von Komponenten – zum Beispiel ein Routing-Protokoll, Betriebssystem, Hardware-Forwarding-Komponenten und vieles mehr – in eine einzige Appliance das Skalieren möglich machen. Anstatt mehrere Geräte zu verwalten, muss man nun nur noch ein einziges Gerät administrieren.

Analog zum Beispiel mit den Keksen weiter oben besteht der zweite Nutzen der Aggregation darin, verschiedene Komponenten in eine einzelne Appliance zu aggregieren, die es dem Anbieter erlaubt, spezielle Funktionen hinzuzufügen, so dass ein Mehrwert für das Networking entsteht.

Arten der Netzwerk-Disaggregation

Wenn es triftige Gründe gibt, Komponenten zu abstrahieren und zu aggregieren, warum sollten sie dann überhaupt disaggregiert werden? Die Antworten fallen unterschiedlich aus, je nach Bereich, wo die Netzwerk-Disaggregation stattfindet. Werfen wir also einen Blick auf die verschiedenen Typen.

Disaggregation von Chassis zu Fabric. Dieser Typ der Netzwerk-Disaggregation ersetzt ein einzelnes Chassis-Gerät durch mehrere Fixed-Configuration-Geräte, wie oben beschrieben. Ein Netzwerkbetreiber könnte zu dieser Art von Disaggregation greifen, um einen Switching-Pfad mit fester Verzögerung durch eine Fabric zu erstellen und die Nutzung eines einzigen Gerätetyps in der gesamten Fabric zu ermöglichen.

Die Disaggregation ist nicht eine Sache, sondern umfasst eine Reihe von Ideen – jede davon mit eigenen Vorteilen und Nachteilen.

Eine Fabric mit einer bekannten, festen Verzögerung aufzubauen, kann für einige Anwendungen erhebliche Performance-Verbesserungen mit sich bringen. Beispielsweise ist in einer Umgebung, in der Microservices bereitgestellt werden, die Edge-to-Edge-Verzögerung über das Netzwerk additiv. Somit schlägt sich in der allgemeinen Anwendungs-Performance jeder Weg durch das Netzwerk nieder. In diesen Fällen ist das Wissen um die Länge der Verzögerung für das Setzen der Timer und das sonstige Feintuning des Anwendungsverhaltens entscheidend.

Eine feste Verzögerung einzurichten, bedeutet, dass sich die Verzögerung in der Fabric voraussagen lässt und stabil bleibt. Außerdem kann die Verwendung eines einzigen Fixed-Configuration-Gerätetyps die Konfiguration vereinfachen sowie die Nutzung von White Boxes im gesamten Netzwerk ermöglichen, was die Kosten potenziell reduziert.

Disaggregation der Software von der Hardware. Bei dieser Art der Disaggregation erwirbt ein Netzwerkbetreiber die Hardware separat von der Software. Dadurch kann er den Lebenszyklus von Software und Hardware getrennt verwalten. Da das Netzwerkbetriebssystem – insbesondere im Bereich der Fehlerfindung und -behebung – oft eng an die Netzwerkmanagement- und Automatisierungsplattformen gebunden ist, kann man Kosten sparen und die mittlere Reparaturzeit (Mean Time To Repair, MTTR) verkürzen, indem man die gleiche Softwareplattform über mehrere Hardwaregenerationen beibehält.

Ferner lässt sich auf diese Weise die Netzwerksoftware an die Umgebung des Betreibers anpassen. Dies könnte den Return on Engineering des Netzwerks drastisch verbessern oder sogar helfen, die Hemmnisse zu beseitigen und Informationen in Produktivität umzuwandeln.

Disaggregation der Funktion von der Appliance. Bei dieser Form der Disaggregation werden einige gängige Appliances – speziell im Bereich von Sicherheits- und Informationsfluss-Management, wie Load Balancing – in reinen Softwareplattformen untergebracht. In einigen Fällen lassen sich die Services, die traditionell von einer Appliance zur Verfügung gestellt werden, in einzelne Anwendungen aufteilen. Zum Beispiel könnte eine Firewall in Komponenten wie Services für Network Address Translation (NAT), Stateful Packet Inspection und Deep Packet Inspection unterteilt werden. Die restlichen Services können durch etwas Vergleichbares wie Service Chaining zusammengefasst werden, um skalierbare Services zu erzeugen, die sich bei Bedarf erstellen, in einen Traffic-Fluss einfügen und skalieren lassen.

Ein Kompromiss bei dieser Art der Netzwerk-Disaggregation betrifft die Abstrahierung der Hardwareplattform, die häufig die Performance der Services reduziert, die vorher eng an die Hardware gekoppelt waren. Als weitere Nachteile muss man in Kauf nehmen, dass die Verwaltung von Traffic-Flüssen komplex ist und dieselben Daten mehrere Male über eine Fabric übertragen werden müssen.

Disaggregation der Control Plane von der Appliance. Das wohl bekannteste Beispiel für diesen letzten Typ der Netzwerk-Disaggregation ist die ursprüngliche Vision hinter Software-defined Networking, insbesondere OpenFlow. Der Hauptvorteil dieser Art von Disaggregation liegt darin, die Komplexität der einzelnen Netzwerkgeräte reduzieren und die Policy-Berechnung und -Implementierung zentralisieren zu können. Der Nachteil bei vielen dieser Systeme ist die potenzielle Unsicherheit der Netzwerkkonnektivität aus Sicht des Hosts und die sich ergebende Konsistenz der verschiedenen Datenbanken in der stärker verteilten Control Plane.

Die Disaggregation ist nicht eine Sache, sondern umfasst eine Reihe von Ideen – jede davon mit eigenen Vor- und Nachteilen. Jeden Ansatz gesondert zu identifizieren und zu betrachten, hilft, das Gesamtkonzept der Netzwerk-Disaggregation sowie die hinter jedem Typ stehenden geschäftlichen und technischen Antriebsfaktoren zu verstehen.

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