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So werden Firmen fit für Open Source Switching

Cloud-Provider und TK-Anbieter sind Vorreiter bei der Einführung von Open Source Switches, aber viele Firmen zögern noch. Welche Hürden behindern die Netzwerk-Disaggregation?

Bei der Disaggregation von Netzwerken werden die einzelnen Komponenten virtualisiert und in einem gemeinsamen Ressourcen-Pool zusammengefasst. In seiner einfachsten Form ist disaggregiertes Switching nichts anderes als ein Netzwerkbetriebssystem (Network Operating System, NOS), sprich eine Software, die auf einem kompatiblen Hardware-Switch installiert ist.

Disaggregiertes Switching unterscheidet sich kaum von der Server-Virtualisierung, bei der Windows- oder Linux-Betriebssysteme auf Standard-x86-Hardware laufen.

Heute gibt es eine Reihe von NOSs, die von großen und kleinen Anbietern erhältlich sind. Sie eignen sich für den Einsatz in einer Vielzahl von Anwendungen, einschließlich Top of Rack, für den das Open Compute Project (OCP) den zugrunde liegenden Open Source Switching Design Standard bereitgestellt hat.

Das disaggregierte Switching galt einst als potenzieller Transformator bei der Vernetzung von Rechenzentren, konnte sich bisher aber in den meisten Unternehmen nicht durchsetzen. Stattdessen haben große Cloud Provider und Telekommunikationsanbieter das virtualisierte Design übernommen, um Kosten zu sparen und ihre umfangreiche und hochskalierbare Infrastruktur zu unterstützen.

Hürden

Warum zögern Unternehmen beim Einsatz von disaggregierten Netzwerken? Hier einige Gründe:

Fehlendes Fachwissen: Ein disaggregiertes NOS erfordert Linux-Kenntnisse und basiert nicht auf den herkömmlichen Oberflächen mit Kommandozeilen, mit denen die Netzwerktechniker bislang meist zu tun haben. Die Bereitstellung erfolgt zudem über einen automatisieren, agilen Prozess wie NetOps, der sich von vorhersehbaren IT-Prozessen wie dem IT-Service-Management unterscheidet.

Architektur: Ein disaggregiertes NOS basiert meist auf modernen Layer-3-Netzwerkdesigns, die sich von traditionellen Layer-2-Architekturen unterscheiden. Traditionelle Unternehmen decken dieses Know-how mit ihren bestehenden technischen Fähigkeiten und standardisierten Runbooks nicht mehr ab.

Hardware: Die Hardware für OCP-Netzwerke stammt in erster Linie von eher weniger bekannten Anbietern, da sich die großen und bekannten IT-Hersteller bei der Bereitstellung von OCP-Hardware, den so genannten Bright Boxes, bisher eher zurückhielten.

SDN: Hier gab es die Fehleinschätzung, dass ein disaggregiertes NOS eng mit Software Defined Networking (SDN) zusammenhängt. Beide Ansätze lassen sich zwar gemeinsam bereitstellen und integrieren, hängen aber nicht voneinander ab. Das heißt: Das eine ist nicht Voraussetzung, um das andere zu betreiben.

Die Netzwerkfunktion ist die Anwendung: Während die primäre Funktion eines x86-Servers im Anwendungs-Workload liegt, liefert das NOS selbst den Mehrwert für das Netzwerkgerät. Damit ist die Beziehung zwischen der Unternehmens-IT und dem Gerät nun direkt an das NOS gebunden, das Funktionen wie Switching oder Routing im Gerät ermöglicht.

Umdenken bei den Herstellern

Mittlerweile legen auch die wichtigen Anbieter größeres Augenmerk auf die Disaggregation. Cisco bringt sogar Produkte auf den Markt, die Software anderer Anbieter ausführen. Dieser Strategiewechsel geht möglicherweise auf die Anforderungen der größten Kunden der Anbieter zurück, beispielsweise Telekommunikationsunternehmen und große Finanzinstitute, die den Cloud-Providern nachfolgen und verstärkt auf Open Source Switching setzen. Da immer mehr Software- und Hardwareplattformen auf Interoperabilität ausgelegt sind, sollten auch die Einwände der Unternehmen gegen die Disaggregation nachlassen. Ich gehe davon aus, dass künftig auch kleinere Firmen auf ein disaggregiertes NOS setzen. Die Zeit ist reif für Open Source Switches in Unternehmen. Die Entwicklung der x86-Server hat gezeigt, dass die Kunden eine Auswahl haben wollen.

Tipps für die Vorbereitung

Wie können sich Unternehmen vorbereiten, um von den Vorteilen der Netzwerk-Disaggregation zu profitieren? Zuerst müssen sie verstehen, welchen Nutzen die Disaggregation bringt. Welche Vorteile sind wichtig? Niedrigere Investitionskosten (Capex) oder niedrigere Betriebskosten (Opex)? Höhere Agilität? Hier die wichtigsten Punkte, die Firmen bei der Vorbereitung auf Open Source Switches beachten sollten:

Vorteile priorisieren und Investitionen danach ausrichten: Niedrigere Investitionen (Capex) sind für alle wünschenswert. Manche Unternehmen sind aber möglicherweise zu klein, um die Investitionen ausreichend zu reduzieren, um das erhöhte Risiko oder Investitionen in anderen Bereichen zu rechtfertigen. Firmen sollten daher ein TCO-Modell (Total Cost of Ownership) erstellen, bevor sie ihre Netzwerksysteme umstellen.

Disaggregation muss mit der übrigen Infrastruktur zusammenspielen: Die Einführung moderner Netzwerkarchitekturen wie Leaf-Spine oder auf Basis von Layer 3 wird sich auf die übrige Infrastruktur auswirken. Typischerweise sind disaggregierte Netzwerke die erste Wahl in Umgebungen auf der grünen Wiese, in denen neue Technologien zum Einsatz kommen. Firmen sollten daher langsam und Schritt für Schritt vorgehen, bevor sie ihre gesamte IT-Netzwerkinfrastruktur verändern.

Know-how erweitern: Um die Agilität beim Betrieb moderner Netzwerke zu erhöhen, müssen Firmen auf Automatisierung setzen und ihre Mitarbeiter schulen. Es ist schwierig, geeignetes Personal mit NetOps-Kenntnissen zu finden oder schnell weiterzubilden. Die Höhe der Investitionskosten ist hier schwer zu beziffern.

Kommunikation mit den betroffenen Abteilungen: Die Migration auf eine neue Netzwerkinfrastruktur wirkt sich auf verschiedene Abteilungen aus und betrifft zum Beispiel den IT-Einkauf, die Sicherheit oder sogar die Einhaltung von Compliance-Vorschriften. Technische Probleme allein sind nicht das einzige Hindernis, das es zu überwinden gilt. Firmen müssen bereits im Vorfeld um die Akzeptanz bei verschiedenen Gruppen werben, damit diese nicht überrascht werden und Einwände erheben.

Einsatz und Akzeptanz neuer Technologien: Unternehmen müssen neue Wege gehen und verstehen, dass Investitionen Zeit brauchen, bevor sie sich auszahlen. Wenn der Großteil des Unternehmens die disaggregierte Vernetzung als sinnloses, teures Experiment betrachtet, ist ein Umdenken notwendig.

Schrittweise Einführung: Traditionelle Hersteller ergänzen ihre Switches um Netzwerkautomatisierung und andere programmierbare Funktionen. Sie bieten damit ähnliche Vorteile wie die disaggregierten Komponenten. Dies kann ein pragmatischer Ansatz sein, um Unternehmen mit der Idee vertraut zu machen, ihre Hardware von proprietärer Software zu trennen.

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