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Quanten-Computing: das ist der Entwicklungsstand weltweit
Quanten-Computing ist auf dem Weg zur Marktreife. Erfahren Sie, wie die Technologie sich in bestehende IT-Systeme einfügt und welche Anbieter Sie im Blick behalten sollten.
Viele große Technologieunternehmen haben bereits in großem Umfang in Quantentechnologien investiert, doch die Veröffentlichung richtiger Quantencomputer hat sich immer wieder verzögert. Angesichts der jüngsten Ankündigungen im Quanten-Computing-Sektor scheint jetzt jedoch der ideale Zeitpunkt für Unternehmen gekommen zu sein, sich näher mit Quanten-Computing zu befassen und zu überlegen, was die Technologie in Zukunft zu ihrem Geschäftsmodell beitragen kann.
In einer ESG-Umfrage zu IT-Ausgaben gaben 11 Prozent der befragten nordamerikanischen und europäischen Unternehmen an, dass sie Quantencomputer für einige wenige Anwendungen in einer Pilotphase haben, 17 Prozent gaben an, dass sie diese testen und 24 Prozent der Befragten haben mit der Forschung begonnen, sind aber noch Jahre von produktionsreifen Anwendungen entfernt. Schließlich haben 27 Prozent der Befragten ihr Interesse an Quanten-Computing bekundet, aber noch keine Maßnahmen ergriffen, um die Technologie zu nutzen.
Das Interesse dürfte indes eher steigen und das möglicherweise sehr schnell. Da führende Unternehmen neue Wege suchen, um schnellere Ergebnisse zu erzielen, Kaufzyklen zu beschleunigen und die Leistung zu verbessern, sind sie offener für experimentelle Technologien.
Der dynamische Wandel und die Marktausrichtung
Die Branche entdeckt laufend neue Methoden und Ansätze, die der Quantentechnologie dabei helfen werden, alltagstauglicher zu werden. Ein Beispiel dafür ist die jüngste Fusion zwischen Quantum Computing Inc. (QCI) und QPhoton, einem Unternehmen für Quantenphotonik.
Bill McGann, COO und CTO bei QCI ließ durchblicken, dass die Kombination der Fähigkeiten von QCI und QPhoton einen Quantencomputer hervorbringen könnte, der Quantensysteme zugänglicher macht, so dass sie schneller und kostengünstiger Geschäftsergebnisse erzielen würden. Ein weiterer Vorteil dieses Zusammenschlusses ist, dass sie es sich zum Ziel gemacht hat, die Nutzerbasis auf Nicht-Quantenexperten auszuweiten. Viele dieser potentiellen Anwender warten schon sehnsüchtig auf die Gelegenheit, Quantenlösungen für Probleme in Bereichen wie analytische Optimierung und Arzneimittelforschung zu entwickeln.
Mit ihrem ganzheitlichen Ansatz bieten QCI und QPhoton gemeinsam eine einzigartige Möglichkeit, die Bereitstellung praktischer Quantenanwendungen zu beschleunigen. Das ist derselbe Weg, auf dem auch die klassische Datenverarbeitung zur Marktreife gelangt ist. Der Zusammenschluss der beiden Unternehmen erweitert das QCI-Portfolio, um die Zugänglichkeit von Quantencomputern für realistische Anwendungsfälle wie KI (künstliche Intelligenz) und Optimierung auf den Weg zu bringen. Besonders wichtig ist es, dass Anbieter Wege finden, um Quantencomputer in den gleichen klimatischen Bedingungen unterzubringen, wie gewöhnliche Server. Das gestaltet sich derzeit noch schwierig.
Klassische versus Quanten-Anwendungsfälle
Wenn es um die Finanzbranche geht, ist ein grundlegendes Verständnis davon, wie diese Unternehmen mathematische Algorithmen nutzen, von Vorteil, um zu erklären, wie Quantentechnologie sie in Zukunft unterstützen wird.
Nehmen wir zum Beispiel ein traditionelles Anlegermodell. Bei einem Finanzalgorithmus müssen Sie vordefinierte Benutzerparameter wie Anlageziele, Risikotoleranz und Vielfalt der Fonds verstehen und berücksichtigen. In diesem Szenario möchte der Anleger die Investitionspräferenzen und Risikotoleranzen des Nutzers verstehen. Diese Daten werden parametrisiert, das heißt die Finanzleister erstellen Variablen und leiten die Daten an das Quantencomputermodell weiter, um dann über einen Monte-Carlo-Algorithmus oder andere Techniken die Anweisungen des Anlegers zu verarbeiten, die stochastischen Daten des globalen Vermögensuniversums zu analysieren und entsprechende Ergebnisse für die Anlegeranfrage zu produzieren.
Ein weiterer Schwerpunkt oder ein anderes Konzept, das sich aus dem Anlegermodell ergibt, ist das selbstständige Verarbeiten und Analysieren stochastische Finanzdaten. Eine Schnittstelle – proprietär oder nicht – könnte es den Nutzern ermöglichen, vordefinierte Eingabeparameter zu liefern, die ihre Investitionspräferenzen und Risikotoleranz repräsentieren, und dann unabhängige maßgeschneiderte Lösungen für jeden Nutzer zu produzieren.
Je nach Art der Nutzeranfrage oder des Analysebedarfs könnte eine Version der KI – zum Beispiel die autonome Streuungsanalyse oder das autonome maschinelle Lernen zur Diversifizierung und Allokation – eingesetzt werden, um die Anweisungen zu verarbeiten und die stochastischen Daten der Vermögenswerte zu analysieren. Dieser Prozess wäre in klassischen Computerumgebungen nur sehr schwer zu bewerkstelligen.
Quantum: Am Horizont
Wie Robert Sutor, der leitende Quantenexperte von IBM, in einem Blogbeitrag im Juli 2022 erklärte, werden Quantencomputer einige Probleme lösen, die für klassische Computer unerreichbar sind. Auch hierfür ist es wichtig, dass Nicht-Quantenexperten Zugang zur Technologie erhalten.
Hier einige Überlegungen zum Thema:
- Das Quanten-Computing ist die nächste logische Weiterentwicklung des High-Performance-Computing (HPC), insofern, als sich die Anwendungsbereiche stark überschneiden.
- Es gibt Hardwareansätze (zum Beispiel IBM und Honeywell) und Softwareansätze (zum Beispiel Google, AWS) für Quanten-Computing.
- Die Anbieter haben mit einigen ihrer spezifischen Kompetenzzentren zusammengearbeitet und umfangreiche Untersuchungen in den CTO-Büros durchgeführt.
- Die wichtigsten Anbieter, die diese Initiative anführen, sind IBM, QCI, Xanadu, Microsoft Azure Quantum und D-Wave Systems.
Obwohl das Quanten-Computing noch in den Kinderschuhen steckt, sehen Anbieter in diesem Bereich – wie HPE, Dell und IBM – einige interessante Anwendungsfälle, die sie mit Partnern und Kunden erforschen. Einer der Pläne ist es, HPC-Systeme mit Quantencomputern zu koppeln, um erstere zu beschleunigen.
Wer investiert also in Quantenlösungen? Den Anbietern zufolge sind Datenwissenschaftler im Bildungswesen, wissenschaftliche Labors und Forscher die Hauptnutzer, daneben fragen auch Fluggesellschaften, Finanzinstitute und Hochschulen Quantenberechnungen nach. Die Gespräche konzentrieren sich auf die fünf wichtigsten Anwendungsszenarien: Optimierung, Forschung, Krypto, Finanzen, Materialwissenschaft und Gesundheitswesen.
Fortschritte auf dem Markt
Microsoft macht mit Azure Quantum Fortschritte, ohne große Investitionen in Hardware tätigen zu müssen. Emulatoren sind mittlerweile zum festen Bestandteil der Quantenszene geworden. QCI, Honeywell, Toshiba, IonQ und iCloud sind Anbieter, die bereits angegeben haben, dass sie Azure Quantum nutzen,
Google Quantum AI ist ebenfalls ein solcher Emulator – kommt aber seit der Veröffentlichung 2019 nicht so richtig vom Fleck. Der Sycamore-Computer zeigt Potenzial, befindet sich aber noch in einem frühen Stadium. Amazon Web Services verfügt über ein Zentrum für Quantencomputer, das sich auf Forschung und Entwicklung, das Testen und den Betrieb von Quantenprozessoren konzentriert, um die Technologie zur Unterstützung neuer, groß angelegter Initiativen zu erneuern und zu skalieren.
Die Zukunft von Quantentechnologie lässt sich in drei Etappen einteilen:
- Etappe eins: Transaktionale Anwendungsfälle wie Kreditwürdigkeitsprüfung, Fahrzeugrouting, chemisches Design, Chemie und Vorhersage von Arzneimittel-sowie Proteinstrukturen.
- Etappe zwei: Optimierungsszenarien wie Ölverarbeitung und -transport, Raffinerieprozesse, Bohrungen, Viehzucht, Störungsmanagement und Lieferkettenprobleme, Investitionsrisikoanalyse, Beschleunigung klinischer Studien, Optimierung von Fertigung und Herstellung.
- Etappe drei: Bildgebung für seismische Vorgänge, Verbraucherempfehlungen mit Finanzanalyse, Vorhersage von Krankheitsrisiken und strukturelles Design für Gebäude.
Warum ist das alles von Bedeutung?
Die Verheißung des Quantencomputers besteht schon seit langem – und werden nun bald Wirklichkeit. Es gibt viele Unternehmen, die versuchen, auf diesen Zug aufzuspringen, denn die Quantenverarbeitung ist unglaublich schnell. Sie versprechen, unlösbar aufwendige Probleme zu bewältigen und Aufgaben, die heute Tage dauern in Stunden abzuhandeln.
Allerdings sind nicht alle Anwendungsfälle für die Quantenverarbeitung geeignet. Die traditionellen Systeme koexistieren jetzt mit den Quantensystemen und werden dies auch in Zukunft tun.