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KI-Integration in Deutschland: Herausforderungen und Chancen

Deutsche Unternehmen scheinen sich mit der KI-Implementierung schwer zu tun. Das hat zwar nachvollziehbare Gründe, aber auch das Potenzial der Technologie ist unbestreitbar.

Deutsche Unternehmen zeigen großes Interesse an künstlicher Intelligenz (KI), hinken jedoch bei der Implementierung...

hinterher. Wie eine Studie des Statistischen Bundesamtes Ende 2023 festhielt, nutzte im Erhebungszeitraum erst jedes achte deutsche Unternehmen (12 Prozent) die Technologie. Gleichzeitig verdeutlicht eine aktuelle Erhebung von Deloitte: Nur ein Viertel der befragten Firmen- und Bereichsleiter fühlt sich hinsichtlich der Strategie gut oder sehr gut auf die Einführung generativer KI in ihren Unternehmen vorbereitet. Sehr gut aufgestellt fühlen sich hierzulande gerade mal drei Prozent der Befragten (weltweit sind es immerhin acht Prozent). Dieser Artikel untersucht die Gründe für die Diskrepanz zwischen Innovationswillen und schleppender Umsetzung und identifiziert Strategien für eine erfolgreiche KI-Adoption in Deutschland.

Die Herausforderungen sind mannigfaltig: Regulatorische Unsicherheiten, Fachkräftemangel und kulturelle Vorbehalte

Zahlreiche Unternehmen sehen sich mit einem unklaren rechtlichen Rahmen konfrontiert, der oft als Hemmschuh für Investitionen in KI-Technologien wahrgenommen wird. Hinzu kommt ein Mangel an spezialisierten Fachkräften, der die Entwicklung und Implementierung innovativer Lösungen spürbar erschwert. Kulturelle Vorbehalte und eine gewisse Skepsis gegenüber neuen Technologien führen ebenfalls dazu, dass viele Unternehmen zögern, in großem Umfang auf KI zu setzen. Dieses Phänomen ist in Deutschland tendenziell stärker ausgeprägt, da wir – anders als beispielsweise die US-Amerikaner – als Bedenkenträger und Skeptiker gelten, wenn es um die Akzeptanz neuer Technologien geht.

Gleichzeitig gibt es erhebliche Chancen, wie deutsche Unternehmen ihre Stärken in Präzision und Qualität mit KI-Innovationen verbinden können. In Branchen wie dem Maschinenbau oder der Automobilindustrie, wo Präzision und Zuverlässigkeit von zentraler Bedeutung sind (Stichwort: Spaltmaß), kann KI dazu beitragen, Prozesse zu optimieren und die Produktqualität weiter zu steigern. Eine spezialisierte KI wird auch nach tausenden Iterationen nicht müde, noch tausend weitere Male herumzutüfteln, um selbst die letzten Prozent bis zur Perfektion herauszuholen. In dieser Hinsicht stoßen die Kernkompetenzen von KI in das gleiche Horn, wie die weltberühmten deutschen Ingenieur. Diese Einsicht reift nun langsam aber sicher im kollektiven Bewusstsein der Entscheider. Man sollte schließlich nicht vergessen, dass der jüngste KI-Boom noch keine zwei Jahre alt ist.

Vertrauen in die Technologie schaffen: Grounding als Schlüssel für präzise und kontextbezogene KI

Eine der wichtigsten Voraussetzungen für die erfolgreiche Einführung von künstlicher Intelligenz in deutschen Unternehmen ist das Schaffen von Vertrauen in die Technologie – sowohl unternehmensintern als auch gegenüber Kunden und Partnern. Hier spielt das Konzept des Groundings eine entscheidende Rolle.

Im Kontext der künstlichen Intelligenz bezieht sich Grounding auf die Verbindung von symbolischen Repräsentationen, wie Worten oder Symbolen, mit realen, relevanten Daten. Dies stellt sicher, dass die Ausgaben von KI-Systemen präzise und kontextbezogen sind. Besonders generative KI-Modelle, die auf einer Vielzahl von Trainingsdaten basieren, profitieren enorm von Grounding-Techniken. Diese helfen dabei, das sogenannte Symbol Grounding Problem zu lösen, indem sie sicherstellen, dass der von der KI generierte Output auf echten Bedeutungen und Kontexten basiert.

Denn: Ein spezifisches Problem bei generativen KI-Modellen ist die Tendenz zum Halluzinieren, also das Erzeugen von falschen oder ungenauen Informationen. Grounding-Techniken können diesem Problem entgegenwirken, indem sie die KI-Outputs mit strukturierten Metadaten anreichern. Dadurch wird die Genauigkeit und Zuverlässigkeit der generierten Inhalte signifikant verbessert.

Bernd Wagner, Google Cloud

„Eine der wichtigsten Voraussetzungen für die erfolgreiche Einführung von KI in deutschen Unternehmen ist das Schaffen von Vertrauen in die Technologie, sowohl unternehmensintern als auch gegenüber Kunden und Partnern. Hier spielt das Konzept des Groundings eine entscheidende Rolle.“

Bernd Wagner, Google Cloud

Unternehmen, die Grounding-basierte KI-Systeme implementieren, können so nicht nur ihre Effizienz steigern, sondern auch das Vertrauen in die Technologie stärken. Dies ist insbesondere in Bereichen wie dem Kunden-Support oder dem Management von Unternehmenswissen von großer Bedeutung, wo Präzision und Kontextbewusstsein entscheidend für den Erfolg sind.

Konkrete Handlungsempfehlungen zur Beschleunigung der KI-Adoption

Um die Einführung von künstlicher Intelligenz in deutschen Unternehmen erfolgreich zu gestalten, ist ein strategischer Ansatz entscheidend. Zunächst sollten Unternehmen eine klare Vision und Strategie für die KI-Integration entwickeln, die auf ihren spezifischen Zielen und Bedürfnissen basiert. Parallel dazu ist die Weiterbildung der Mitarbeiter essenziell, um den Fachkräftemangel zu überwinden und die nötigen Kompetenzen im Umgang mit KI-Technologien im eigenen Unternehmen aufzubauen. Eine robuste Dateninfrastruktur ist ebenfalls unerlässlich, um sicherzustellen, dass qualitativ hochwertige Daten verfügbar sind, die für die KI-Anwendungen genutzt werden können.

Um rechtliche Unsicherheiten zu minimieren und aufkommende regulatorische Anforderungen frühzeitig zu adressieren, empfiehlt es sich, ein aufmerksames Auge auf die Aktivitäten der zuständigen Regulierungsbehörden zu haben. Unternehmen sollten außerdem Pilotprojekte nutzen, um die Technologie schrittweise einzuführen und wertvolle Erfahrungen zu sammeln, bevor eine breite Implementierung in Angriff genommen wird. Besonders in letzterem Punkt lohnt es sich, in direkten Austausch mit KI-(Infrastruktur-) Spezialisten zu treten und sich bereits während der Planungsphase fachkundig beraten zu lassen.

Last but not least muss der Einsatz von KI auch verantwortungsbewusst und ethisch erfolgen, um das Vertrauen der Kunden und der Öffentlichkeit zu gewinnen. In diesem Punkt sind wir in Deutschland, mit unserer ausgeprägten und traditionsreichen Betriebsratskultur, besser aufgestellt als die internationale Konkurrenz.

Ein solcher ausgewogener Ansatz ermöglicht es Unternehmen, die Vorteile der KI zu nutzen und gleichzeitig sicherzustellen, dass diese Innovationen nachhaltig und vertrauenswürdig sind.

Die Zukunft der deutschen Wirtschaft hängt maßgeblich davon ab, wie erfolgreich Unternehmen die Chancen und das immense Potenzial von künstlicher Intelligenz nutzen können. Mit einem strategischen, gut durchdachten Ansatz können sie nicht nur ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern, sondern auch einen positiven Beitrag zur Mitgestaltung einer KI-getriebenen Zukunft leisten.

Über den Autor:
Bernd Wagner ist Managing Director Google Cloud in Deutschland. Er ist seit dem 1. Juli 2021 in dieser Position tätig. Er wechselte von T-Systems International, wo er acht Jahre lang als Senior Vice President Sales tätig war und dort den deutschen Vertrieb verantwortete. Darüber hinaus war er Mitglied des Aufsichtsrats der Operational Services GmbH, einem Joint Venture der Fraport AG und T-Systems International. Vor seiner Tätigkeit bei T-Systems hatte Bernd Wagner bereits leitende Positionen inne und war unter anderem CEO des Leipziger Beratungsunternehmens Softline AG, Senior Vice President der Fujitsu Siemens Computers, Geschäftsführer der EDS Global Field Services als auch Vorstand der USU AG. Er hat an der Columbia University, New York seinen Abschluss als Executive Master of Business Administration gemacht.

Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.

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