Mythen und Realität: 10 Gigabit Ethernet
10-Gigabit-Ethernet ist als Standard längst verabschiedet. Dennoch laufen in den meisten Firmen noch Gigabit-Ethernet-Netzwerke.
Ethernet mit 40 und 100 Gigabit ist der neueste Stand, doch die große Mehrheit der Unternehmen steckt mit ihren Netzwerken noch mitten im Übergang von Gigabit-Ethernet zu 10-Gigabit-Ethernet (10 GbE). Und obwohl 10 GbE bereits seit Jahren weithin verfügbar ist, stellt es für die meisten Netzwerk-Techniker immer noch etwas gänzlich Neues dar. Vor diesem Hintergrund wollen wir hier mit einigen der am weitesten verbreiteten Technologie-Mythen über 10 GbE aufräumen.
Mythos: Die Einrichtung von 10-Gigabit-Ethernet ist zu teuer.
Realität: 10-GbE-Ports kosten pro Stück immer noch mehr als bei Gigabit-Ethernet, doch diese Lücke schließt sich zusehends. In Netzwerk-Bereichen mit viel Traffic kann es bereits deutlich kostengünstiger sein, einen einzelnen 10-GbE-Port anstelle von zehn Gigabit-Links einzusetzen, um dasselbe Niveau in puncto Bandbreite und Performance zu erreichen.
Was wirklich funktioniert: Unternehmen sollten die gesamten Kosten eines Zugriffs-Ports, inklusive Stromverbrauch und Port-Dichte, betrachten, rät Mike Spanbauer, Principal Analyst für Enterprise-Netzwerke und Rechenzentren-Technologie bei Current Analysis. Für Rechenzentren, in denen Stromverbrauch, Klimatisierung und physischer Platz teuer sind, kann 10 GbE in der Tat die kostengünstigere Option darstellen.
Mythos: 10-Gigabit-Ethernet funktioniert nur mit teuren optischen Kabeln und Transceivern.
Realität: Für 10 GbE steht eine ganze Reihe an Verkabelungsoptionen zur Verfügung, weitere sind in Entwicklung. Optische Kabel sind erste Wahl für lange Strecken zur Anbindung von Switches im Rechenzentrum, auf kürzeren Strecken und für die Verbindung innerhalb von Server-Racks sind aber auch kostengünstigere optische Kabel oder gar zweiadrige Kupferkabel möglich. Außerdem bereiten sich viele Server- und Switch-Anbieter auf den Marktstart von Produkten mit 10 GBase-T vor. Damit lassen sich für Distanzen von bis zu 100 Metern gewöhnliche Twisted-Pair-Kabel mit RJ45-Steckern verwenden.
Was wirklich funktioniert: Das Verkabeln von Rechenzentren-Netzwerken kann eine teure und zeitintensive Angelegenheit sein. Deshalb sollten Manager von Rechenzentren alle zur Auswahl stehenden Medien in Betracht ziehen, um die Lebensdauer des physischen Netzwerks zu maximieren. Desgleichen bevorzugen viele Leiter von Rechenzentren eine Standardisierung auf ein einziges, steckbares Transceiver-Modul sowie einen Kabeltyp mit kleinem Formfaktor, sagt Spanbauer. Ein Mischansatz bei der Verkabelung kann also kurzzeitig eine Kostenersparnis bieten, doch bei Glasfaser ist durch die Unterstützung von 10 GbE und höher ein besserer Investitionsschutz gegeben.
Mythos: Unternehmen müssen ihre Switches komplett ausbauen und ersetzen oder Komplett-Upgrades durchführen, um 10-Gigabit-Ethernet zu unterstützen.
Realität: Viele Unternehmen werden feststellen, dass die modularen Switches, mit denen sie das Gigabit-Ethernet in ihren Netzwerken betreiben, durchaus auch 10-GbE-Karten unterstützen können. Außerdem passen viele neue 10-GbE-Switches mit fester Konfiguration in die Racks, in denen bislang die vorhandenen Gigabit-Switches stehen.
Was wirklich funktioniert: Der Bedarf an zusätzlicher Bandbreite, der mit 10 GbE einhergeht, kann sich sehr schnell über das Rechenzentrum hinaus ausdehnen. Eine Anzahl von WLAN-Zugriffspunkten nach 802.11n kann ein Gigabit Ethernet-Uplink problemlos auslasten und zur Bündelung des WLAN-Traffics die Nutzung von 10-GbE-Links erforderlich machen, so Spanbauer. Netzwerk-Manager sollten deshalb 10 Gigabit als Option für das gesamte Unternehmensnetzwerk in Betracht ziehen.
Mythos: 10-Gigabit-Ethernet ist eine Voraussetzung für den Aufbau einer Rechenzentren-Fabric.
Realität: Viele Netzwerk-Anbieter bieten Fabric-Switches für Rechenzentren sowohl als Gigabit- als auch als 10-Gigabit-Portoption an. Mit diesen lassen sich recht kostengünstig die Vorteile von Konnektivität in alle Richtungen mit niedriger Latenz nutzen.
Was wirklich funktioniert: Rechenzentren-Fabrics bieten zwar auch Unterstützung für Gigabit-Ethernet, doch die meisten Netzwerk-Administratoren werden für ein virtualisiertes Rechenzentrum 10 GbE benötigen, sagt Spanbauer. Durch den Betrieb von mehreren virtuellen Servern auf einer einzigen physischen Maschine ergibt sich ein Anstieg der Netzwerk-Auslastung an jedem Netzwerk-Port. Ohne genügend Bandbreite kann das Netzwerk in einem ansonsten hoch optimierten Rechenzentrum zum Engpass werden.
Mythos: Der einzige echte Grund für 10-Gigabit-Ethernet ist ein Wechsel im Rahmen eines Konvergenz-Projekts für Netzwerk und Storage.
Realität: Schon vor dem Aufkommen von Server-Virtualisierung und Rechenzentren-Fabrics haben viele Netzwerk-Anbieter versucht, das Thema Netzwerk-Konvergenz nach vorn zu bringen. Weil die physische Verbindung per IP freigegeben wird und Storage-Netzwerke eine hohe Bandbreite haben müssen, erfordert die Bereitstellung von Technologien wie Fibre Channel over Ethernet (FCoE) oder iSCSI nach dieser Darstellung 10-Gigabit-Ethernet.
Was wirklich funktioniert: „Netzwerk-Konvergenz ist einer der vielen Faktoren, der in Unternehmen für 10 GbE spricht“, sagt Spanbauer. Netzwerk-Konvergenz, Virtualisierung und sogar WAN-Links mit hoher Kapazität würden sämtlich mehr Bandbreite verlangen als Gigabit-Ethernet bieten kann.
Mythos: Stehen 40 Gigabit und 100 Gigabit nicht schon vor der Tür? Warum sollte man sich überhaupt noch mit 10-Gigabit-Ethernet befassen?
Realität: Switches, die 40- und 100-Gigabit-Ethernet unterstützen, kommen gerade erst auf den Markt. Viele dieser Produkte sind proprietär oder basieren auf Standards, die noch im Entwurfsstadium stecken. Zwar versichern viele Switch-Anbieter, sie würden einen Upgrade-Pfad zu endgültig standardisierten Produkten ermöglichen und den fertigen Standard unterstützen. Einstweilen aber werden die auf dem Markt erhältlichen 40-GbE-Produkte nur für die Verbindung von Switches derselben Hersteller genutzt. Außerdem dürfte der Preis für 40- und 100-Gigabit-Ethernet extrem hoch bleiben, solange sich diese Technologie noch nicht in der Breite durchgesetzt hat.
Was wirklich funktioniert: Netzwerk-Administratoren müssen ständig die Kosten für den Einsatz der jeweils allerneuesten Technologie gegen ihre Vorteile abwägen. Rechenzentren am oberen Limit des Highend-Bereichs könnten einen Bandbreiten-Bedarf haben, wie ihn 40- oder 100-Gigabit-Ethernet bieten. Doch bei der überwiegenden Zahl der Unternehmen wird es noch eine Weile dauern, bis Preis- und Standard-Barrieren hinreichend niedrig geworden sind – so wie es vor ein paar Jahren auch bei 10 GbE war.