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Wo die KI-Gesetzgebung aktuell steht

KI-Regulierungen können ein stabiles Umfeld für Innovationen schaffen und Maßstäbe setzen. Was ist der Nutzen der KI-Gesetzgebung international und wo stehen wir aktuell?

Die rasante Entwicklung der künstlichen Intelligenz bringt nicht nur technologische Fortschritte, sondern auch eine Vielzahl an ethischen, rechtlichen und sicherheitsrelevanten Herausforderungen mit sich. Besonders hervorzuheben ist die im Mai 2024 angekündigte Einführung eines „Kill Switches“ für KI-Systeme in Großbritannien, der es ermöglichen soll, gefährliche KI-Systeme im Notfall abzuschalten. Diese Maßnahme unterstreicht die dringende Notwendigkeit, Kontrolle und Sicherheit in der KI-Entwicklung zu gewährleisten.

Nicht zuletzt zeigte bereits 2020 eine Studie des TÜV-Verbands in einer Umfrage unter 500 deutschen Unternehmen, dass 90 Prozent der Befragten sich eine gesetzliche Regelung wünschen, welche die Haftung von KI-Systemen betrifft. Eine aktuellere, globale Erhebung zeigt, dass sich auch Verbraucher in Deutschland mehrheitlich für eine politische Regulierung aussprechen – 84 Prozent befürworten hierzulande solche Maßnahmen. Dieser Artikel beleuchtet die bedeutendsten Entwicklungen und Diskussionen rund um die KI-Gesetzgebung bis dato, einschließlich der Bemühungen von Regierungsbehörden weltweit, sowie die potenziellen positiven und negativen Auswirkungen dieser Regulierungsmaßnahmen.

Die bisherigen Bemühungen zur KI-Regulierung

EU AI Act

Der EU AI Act (KI-Verordnung, auch KI-VO) markiert die erste bedeutende KI-Regulierung in Europa. Er zielt darauf ab, die Nutzung von Daten durch KI-Modelle zu überwachen und die Einhaltung der Datenschutzvorschriften sicherzustellen. Diese Regelung ist ein wichtiger Schritt zur Schaffung eines rechtlichen Rahmens, der sowohl Innovation fördert als auch Risiken minimiert.

UK AI Bill

Das Vereinigte Königreich arbeitet derzeit an einem eigenen KI-Gesetz, das im House of Lords geprüft wird. Der Artificial Intelligence Bill sieht die Schaffung einer KI-Behörde vor, die die Nutzung und Entwicklung von KI im Land überwachen soll. Diese Behörde soll sicherstellen, dass KI-Technologien verantwortungsvoll eingesetzt werden und den ethischen Standards entsprechen.

US AI Executive Order

In den USA liegt der Schwerpunkt der KI-Regulierung auf Sicherheit, Innovation und ethischen Überlegungen. Eine kürzlich erlassene Executive Order adressiert diese Aspekte und versucht, einen Rahmen für die sichere und verantwortungsbewusste Entwicklung und Nutzung von KI zu schaffen.

UK AI Safety Summit

Der AI Safety Summit im Vereinigten Königreich zielt darauf ab, internationale Standards für die KI-Sicherheit zu etablieren. Dieser Gipfel bietet eine Plattform für den Austausch von Ideen und die Entwicklung gemeinsamer Richtlinien, um die Risiken der KI zu minimieren und ihre Vorteile zu maximieren.

Gründe für die KI-Regulierung

Die Begründung für die Regulierung von künstlicher Intelligenz ist vielfältig. Ein Punkt sind ethische Bedenken. Denn die zunehmende Nutzung von KI-Technologien wirft viele ethische Fragen auf, darunter die Bekämpfung von Vorurteilen (Bias) und die Gewährleistung von Neutralität und Gerechtigkeit (etwa bei der Beurteilung der Kreditwürdigkeit). Es ist wichtig, dass KI-Systeme so gestaltet sind, dass sie keine Diskriminierung fördern und transparente Entscheidungsprozesse unterstützen.

Aber auch Sicherheits- und Datenschutzbedenken spielen eine Rolle. Schließlich können KI-Systeme sowohl für positive Zwecke als auch für böswillige Anwendungen genutzt werden. Um Missbrauch zu verhindern, müssen strenge Sicherheits- und Datenschutzmaßnahmen implementiert werden. Der „Kill Switch“ ist ein Beispiel für eine Maßnahme, die darauf abzielt, die Kontrolle über KI-Systeme zu behalten und im Notfall eingreifen.

Ein weiterer Aspekt: Wirtschaftliche Auswirkungen. Die Automatisierung durch KI kann erhebliche wirtschaftliche Veränderungen mit sich bringen, einschließlich der Verdrängung von Arbeitsplätzen und der Schaffung neuer wirtschaftlicher Ungleichheiten. Regulierungen sollen dazu beitragen, diese Auswirkungen abzumildern und sicherzustellen, dass der wirtschaftliche Nutzen der KI gerecht verteilt wird.

Zuletzt geht es außerdem um Transparenz und Verantwortlichkeit. Ein bisher noch ungelöstes Problem ist die Interpretierbarkeit der Outputs großer KI-Modelle. Es ist wichtig, dass die Entscheidungen von KI-Systemen zu jeder Zeit nachvollziehbar und die Entwickler für ihre Systeme verantwortlich sind. Transparente und verständliche KI-Praktiken fördern das Vertrauen der Öffentlichkeit und ermöglichen es, die Systeme bei Fehlverhalten zur Rechenschaft zu ziehen

Nutzen und Schadenspotenzial einer mehr oder weniger durchdachten Regulierung

Wie das Leben selbst, ist auch die gesetzliche Reglementierung eine Mischkalkulation. Macht man es richtig, können die schlimmsten Negativauswirkungen einer unkontrollierten KI-Entwicklung abgefedert werden. Doch übermotivierte – oder noch schlimmer, schlecht informierte und fehlgeleitete – Regulierungsbestrebungen können ebenfalls negative Konsequenzen haben. Hier sind ein paar Beispiele, wie man es richtig angeht.

Förderung von Innovation

Eine gut durchdachte Regulierung kann ein stabiles Umfeld schaffen, in dem Innovationen gedeihen können. Klare Regeln und Standards geben Unternehmen die Sicherheit, dass ihre Investitionen in KI-Technologie nicht durch plötzliche gesetzliche Änderungen gefährdet werden. Dies kann insbesondere für Start-ups und kleine Unternehmen von Vorteil sein, die auf stabile Rahmenbedingungen angewiesen sind, um in neue Technologien zu investieren und wachsen zu können.

Erhöhtes Vertrauen der Öffentlichkeit

Durch transparente und faire KI-Praktiken kann das Vertrauen der Öffentlichkeit in diese Technologien gestärkt werden. Wenn Menschen wissen, dass KI-Systeme reguliert und überwacht werden, um ihre Rechte und Interessen (beispielsweise geistiges Eigentum) zu schützen, sind sie eher bereit, diese Technologien zu akzeptieren und zu nutzen. Dies ist entscheidend für die breite Akzeptanz und Integration von KI in verschiedenen Lebensbereichen.

Globale Führungsrolle der „First Mover“

Länder mit robusten KI-Richtlinien können internationale Standards setzen und als Vorbilder für andere Nationen dienen. Die EU ist beispielsweise mit ihrem AI Act führend und könnte durch ihre Pionierarbeit globale Maßstäbe setzen. Auch das Vereinigte Königreich hat die Möglichkeit, durch innovative Ansätze und die Nutzung seiner einzigartigen Position im Commonwealth eine bedeutende Rolle in der globalen KI-Regulierung einzunehmen.

Was eine Regulierung vermeiden sollte

Auf der anderen Seite darf Innovation nicht gehemmt werden. Schließlich birgt eine Überregulierung das Risiko, technologische Entwicklungen zu verlangsamen. Wenn die Vorschriften zu restriktiv sind, könnten Unternehmen davon abgehalten werden, neue Technologien zu erforschen und zu entwickeln. Dies kann insbesondere in Bereichen wie der medizinischen Forschung oder der autonomen Mobilität negative Auswirkungen haben, wo schnelle Fortschritte buchstäblich Leben kosten.

Christian Borst, Vectra AI

„Die Notwendigkeit einer ausgewogenen Regulierung, die sowohl Innovation als auch ethische und gesellschaftliche Verantwortung berücksichtigt, ist unabdingbar.“

Christian Borst, Vectra AI

Auch dürfen keine wirtschaftlichen Ungleichgewichte geschaffen werden. Denn unterschiedliche regulatorische Landschaften könnten zu wirtschaftlichen Gefällen zwischen Regionen führen. Länder mit weniger strengen Vorschriften könnten einen Wettbewerbsvorteil erlangen, während Regionen mit strengeren Regeln möglicherweise wirtschaftliche Nachteile erleiden. Dies wiederum könnte zu einer ungleichen Verteilung von Wohlstand und technologischen Fortschritten führen.

Weiterhin muss der Gesetzgeber vermeiden, dass keine neuen rechtlichen und bürokratischen Herausforderungen entstehen, beziehungsweise existierende Herausforderungen verstärkt werden. Mit komplexen und umfangreichen Vorschriften riskiert man immer auch rechtliche Unsicherheiten und erhöhte Compliance-Kosten. Unternehmen werden womöglich Schwierigkeiten haben, die verschiedenen Regelungen einzuhalten, was zu Verzögerungen und zusätzlichen Kosten führen kann. Dies belastet insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen überdurchschnittlich stark und würde auf längere Sicht deren Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigen.

Allen Risiken zum Trotz wird uns wohl oder übel nichts anderes übrigbleiben, als entschlossen und unter Einsatz der notwendigen Mittel mit einer proaktiven und flexiblen Regulierung loszulegen. Die EU hat bereits mit der Rekrutierung für ihr AI Office (KI-Büro) begonnen, das bis 2026 vollständig einsatzfähig sein soll. Dies zeigt die Entschlossenheit der EU, eine führende Rolle in der globalen KI-Regulierung zu übernehmen und hohe Standards

Fazit

Die Notwendigkeit einer ausgewogenen Regulierung, die sowohl Innovation als auch ethische und gesellschaftliche Verantwortung berücksichtigt, ist unabdingbar. Die zukünftige Entwicklung der KI-Regulierung und die Rolle verschiedener Länder in diesem Prozess werden entscheidend sein, um die Vorteile der KI zu maximieren und gleichzeitig ihre Risiken zu minimieren.

Über den Autor:
Christian Borst ist EMEA CTO bei Vectra AI.

Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.

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