andranik123 - stock.adobe.com
Wie Unternehmen einen Datenmarktplatz richtig aufbauen
Immer mehr Unternehmen nutzen Datenmarktplätzen. Sie können eigene Datensätze zur Verfügung stellen und externe Daten kaufen. Das erfordert aber eine rechtssichere Umsetzung.
Mit dem Aufkommen von Big Data wenden sich Unternehmen dem Thema Datenmarktplatz zu, um entweder neue Datensätze zu beschaffen oder ihre vorhandenen Datenbestände zu verwerten. In diesem Zusammenhang taucht auch ein neuer Begriff auf: Data Shopping oder Datenshopping simuliert das klassische Online-Shopping. Konkret heißt das, dass Mitarbeitende in einem Verzeichnis, meist einem Datenkatalog, neue Datensätze entdecken können. Unternehmen investieren kräftig in diesen Bereich. Sie müssen Systeme so bauen, dass ihre Teams Datensätze suchen, sortieren, filtern, vergleichen, selektieren und den Zugriff auf sie anfordern können – und das auf sichere und zuverlässige Weise.
Neben externen Datenmarktplätzen können Unternehmen auch interne Marktplätze einrichten, die ihre Teams dabei unterstützen, Datenbestände zu finden, die sie für die Gewinnung von Erkenntnissen oder für eine fundierte Entscheidungsfindung benötigen. Die Einrichtung solcher Marktplätze kann jedoch aufwendig sein, denn sie erfordern qualitativ hochwertige Daten, und ohne die richtigen Vorsichtsmaßnahmen entsteht schnell ein Compliance-Risiko.
Datenshopping ist fehlendes Bindeglied zur Datendemokratisierung
Doch der Aufwand für einen Datenmarktplatz lohnt sich, denn gelebte Datendemokratie ist die Zukunft. Für eine Datendemokratisierung bedarf es eines kulturellen Verständnisses und auch der technischen Möglichkeiten dafür, dass alle Personen Daten sammeln und analysieren können, ohne dass sie dafür Unterstützung von außen benötigen. All diese Vorteile treiben die Datenkultur im Unternehmen voran und bieten einen strukturierten Ansatz für Unternehmen, datenintelligent zu werden.
Obwohl das also ein Schlüssel für die gelebte Datenkultur ist, zeigte eine IDC Studie, dass es für 93 Prozent der befragten Unternehmensanwender eine Herausforderung ist, eigene Datenquellen zu identifizieren und zu kontrollieren. Allein der organisierte Zugriff ist in vielerlei Hinsicht schwierig. Die Studie zeigt auch, dass Best-In-Class-Unternehmen diesem Trend mit einem internen Datenmarktplatz entgegenwirken wollen (83 Prozent), um so einen strukturierten und automatisierten Zugriff zu ermöglichen.
Data Governance ist zentraler Bestandteil
Data Governance spielt bei einem Datenmarktplatz eine wichtige Rolle. Denn wer sich daran hält, kann seinen Datenkonsumenten ein reibungsloses Einkaufserlebnis bieten, in dem sie selbst entdecken können, welche Daten verfügbar sind. Gleichzeitig können sie den Kontext der Daten transparent einsehen, einschließlich der Definitionen der wichtigsten Geschäftsbegriffe. So können alle Stakeholder Datensätze, wie auch bei einem Online-Shoppingerlebnis, vergleichen und auswählen. Der Datenschutz ist geregelt und eine sorgenfreie Datendemokratie kann dem Unternehmen neue gewinnbringende Analysen bescheren.
Freilich erfordert eine solche Wunschvorstellung eine präzise Ausführung. Denn alle Unternehmensdaten zu kennen und datenschutzkonform bereitzustellen, ist oft mühsam und komplex. Die Vorschriften dazu sind streng und die Fehlertoleranz ist gering. Diese Anforderungen bringen Unternehmen in eine heikle Situation. Wenn sie zu viel Kontrolle über die Verwendung sensibler Daten ausüben, verlieren Sie die Möglichkeit, einen Mehrwert aus diesen Daten zu ziehen. Wenn Unternehmen ihre Daten in die Cloud verlagern, ohne Zugriffskontrollrichtlinien einzurichten, sind sie nicht in der Lage, den Datenzugriff nach der Migration schnell zu skalieren. Im schlimmsten Fall können nicht maskierte Daten zu einem öffentlichen Skandal oder einer Klage führen.
In drei Schritten zum Datenmarktplatz
Die Erfahrung zeigt, dass ein drei-Phasen-Modell die Einführung eines richtlinienkonformen Datenmarktplatzes erleichtert:
Schritt 1: Es klingt banal und ist doch unumgänglich: Die Bestandsaufnahme. In Zeiten des Wachstums und immer neuer Datenformen hat sich in vielen Unternehmen eine Fülle heterogener Daten und Datenquellen angesammelt. Daher ist es umso wichtiger, diese vollständig zu erfassen. Da die IT das nicht allein leisten kann, ist es sinnvoll, dass die Zuständigkeiten den einzelnen Abteilungen zugewiesen werden.
Schritt 2: Erst nach der Bestandsaufnahme kann mit einer kontrollierten Migration begonnen werden. Der Schlüssel liegt hier in der Datenerfassung und -umwandlung, um einen Kontext zu schaffen und sensible Daten zu identifizieren. An diesem Punkt können Tools bei der gezielten und organisierten Migration von Daten helfen. Sie ermöglichen zum Beispiel eine dynamische Umsetzung von Zugriffsbeschränkungen und die Entwicklung zeitgemäßer Richtlinien. Die universelle Datenautorisierung sollte dabei eine der zentralen Aufgaben sein. Solche Tools sollten Zugriffskontrollen und Regeln standardisieren, automatisieren und vereinfachen.
Schritt 3: Im letzten Schritt geht es darum, ein Verzeichnis zu erschaffen, das den Zugriff reguliert. Ein Katalog für einen Data Lake zum Beispiel, der einen richtliniengesteuerten Zugriff auf sensible Daten ermöglicht, kann bei der Einrichtung und Verwaltung des Datenmanagements in der Cloud unterstützen. Die Zugriffsmanagement-Engine und die Datenpipelines werden mit Metadaten, Datenklassifizierungen und technischen Metadaten gespeist. Die Daten sind nach Schritt 1 und 2 bereits kuratiert, wenn sie mit gemeinsamen Datensätzen gefüllt sind. Sie sind für jeden zugänglich und leicht verfügbar.
Fallstricke und wie man sie vermeidet
Der Ansatz des Datenshoppings erfordert eine intuitiv bedienbare Oberfläche, die es Mitarbeitenden erlaubt, die passenden Daten für eine Analyse zu identifizieren. Eine Voraussetzung für einen sinnvollen und erfolgreichen Einsatz ist weiterhin ein Verständnis für Daten. Leider scheitern hier viele Projekte, denn häufig haben Unternehmen keine gute Strategie, um die Datenkompetenz langfristig zu verbessern. Ein Marktplatz kann also nicht allein für eine Datenkultur sorgen. Neben dieser technischen Lösung sind Trainingsmaßnahmen unumgänglich.
„Ein funktionsfähiger Datenmarktplatz ist eine enorme Erleichterung für alle Beteiligten, und eine potenzielle Goldgrube – sowohl mit Blick auf die Qualität der Analysen, aber vor allem auch aus Sicht der Motivation.“
Paul Dietrich, Collibra
Auch an der Akzeptanz der neuen Möglichkeiten muss gearbeitet werden. Hier gibt es zwei kritische Punkte: Zunächst die Datenqualität. Denn Daten, die auffindbar sind, haben nicht automatisch eine bessere Datenqualität. Dieses Problem muss an anderer Stelle gelöst werden, es wirkt sich aber wesentlich auf die Akzeptanz einer Datenshopping-Lösung aus. Denn wer immer schlechte Daten vorfindet, verliert schnell die Lust. Das Problem geht Hand in Hand mit der Verantwortlichkeit für die Daten. Trotz bequemen Zugangs und teils automatisierter Datenströme braucht es immer noch Verantwortliche, die sicher gehen, dass die richtigen Daten in der richtigen Form zum richtigen Zeitpunkt zur Verfügung stehen. Ohne diese Prozesse, kann auch der beste Datenmarktplatz schnell zu einem Datenmuseum verwahrlosen.
Datenmarktplatz: Die Mühe lohnt sich
Der hohe Initialaufwand lohnt sich für Unternehmen. Denn ein funktionsfähiger Datenmarktplatz ist eine enorme Erleichterung für alle Beteiligten, und eine potenzielle Goldgrube – sowohl mit Blick auf die Qualität der Analysen, aber vor allem auch aus Sicht der Motivation. Während die Konkurrenz mit veralteten Prozessen arbeitet, können Mitarbeitende in diesem Umfeld tatsächlich ihre Kreativität ausleben. Ist dieser Ball erst ins Rollen gekommen, kann er sich zu einer Aufwärtsspirale entwickeln, die gute Talente anzieht, die wiederum spannende Analysen fahren können. Davon profitiert das gesamte Unternehmen.
Über den Autor:
Paul Dietrich ist VP Sales EMEA bei Collibra. Er ist bereits seit 18 Jahren im Bereich Analytics tätig und kam Anfang 2019 zu Collibra, nachdem er acht Jahre bei Salesforce gearbeitet und zuvor Kunden bei Gartner (CEB) und BBDO Worldwide betreut hatte. Er hat einen Master of Science in International Business Economics von der City University of London. Seine größte Leidenschaft ist es, Kunden dabei zu helfen, Daten als gemeinsame Sprache zu nutzen, um Empathie, Verständnis und erfolgreiche Geschäftsergebnisse zu fördern.
Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.