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Was hinter den wichtigsten HDD-Spezifikationen steckt
Festplattenmodelle können sich stark voneinander unterscheiden. Wir erklären die wichtigsten Begriffe und entscheidende Faktoren, die helfen, die passende Festlatte auszuwählen.
Festplatte ist nicht gleich Festplatte (Hard Disk Drive, HDD), die verschiedenen Modelle unterscheiden sich deutlich. Aber was bedeuten eigentlich Angaben wie MTTF oder Unrecoverable Error Rate? Und wie helfen diese Informationen dabei, einzuschätzen, ob ein Laufwerk zu IoT-Anwendungsfällen passt?
Das Internet of Things (Internet der Dinge) lässt die Datenmengen in Unternehmen geradezu explodieren, denn vernetzte Maschinen, Smart Devices und Sensoren produzieren Daten schneller als Menschen. Aufgefangen wird die Datenflut vor allem mit Festplatten – der Speicherklassiker ist pro Kapazitätseinheit weiterhin erheblich günstiger als Flash-Speicher.
Nicht jede Festplatte passt allerdings zu IoT-Anwendungsfällen, die verschiedenen Modelle unterscheiden sich stark und sind auf bestimmte Einsatzbereiche zugeschnitten. Sichtbar machen die Hersteller das bereits durch die Einteilung in HDD-Serien, etwa für PCs, NAS-Systeme, Videoüberwachung und Rechenzentren.
PC-Festplatten beispielsweise sind für eine tägliche Betriebsdauer von acht bis 16 Stunden und eine jährliche Arbeitslast von 55 TByte ausgelegt. Die Arbeitslast ist die Summe der geschriebenen und gelesenen Daten und wird in den Datenblättern zumeist Workload Rate oder Rated Workload genannt.
Für die IoT-Welt sind PC-Laufwerke ungeeignet, da die kontinuierlichen Datenflüsse einen 24/7-Betrieb erfordern und größere Arbeitslasten verursachen. Diesen Anforderungen werden NAS- und Surveillance-HDDs mit einer Workload Rate von 180 und Enterprise-HDDs mit einer Workload Rate von 550 TByte pro Jahr besser gerecht. Sie alle unterstützen einen 24/7-Betrieb.
Zuverlässige Laufwerke verhindern Datenverluste
Überschreiten Festplatten die angegebenen Werte, verschleißen sie schneller und die Fehler- und Ausfallwahrscheinlichkeit steigt. Die Laufwerke erreichen dann die in den Datenblättern spezifizierte Mean Time To Failure (MTTF) nicht. Diese liegt je nach HDD-Modell zwischen einer Million und zweieinhalb Millionen Stunden und beschreibt die mittlere Betriebsdauer bis zum Ausfall einer Festplatte.
Als statistischer Wert hat sie für ein einzelnes Laufwerk wenig Aussagekraft, hilft jedoch bei einer großen Zahl von Festplatten einzuschätzen, wie regelmäßig es zu Ausfällen kommen kann. Bei einer MTTF von einer Million Stunden und einer Million Laufwerken wäre ein Ausfall pro Stunde wahrscheinlich – bei 1.000 Laufwerken hingegen einer alle 1.000 Stunden.
Intuitiver als die MTTF ist die jährliche Ausfallrate (Annulized Failure Rate, AFR), die sich aus der MTTF ergibt und für ein Enterprise-Laufwerk mit einer MTTF von 1,4 Millionen Stunden bei 0,625 Prozent liegt. Beim Einsatz von 1.000 Festplatten fallen demnach pro Jahr voraussichtlich 625 aus. Zum Vergleich: Bei einer MTTF von 2,5 Millionen Stunden und der sich daraus ergebenden AFR von 0,35 Prozent sind es lediglich 350 – der Wartungsaufwand im Rechenzentrum ist niedriger.
Auf die Umgebungsbedingungen kommt es an
Häufiger als zu Ausfällen kommt es indes zu Lesefehlern, die eine interne Fehlerkorrektur meist ausgleichen kann. Gelingt ihr das nicht, tritt ein nicht korrigierbarer Lesefehler auf – bei PC-, NAS- und Surveillance-HDDs mit einer typischen Unrecoverable Error Rate (UER) von 1 in 1014 ist das durchschnittlich alle 1014 gelesenen Bits beziehungsweise alle 12,5 TByte der Fall. Bei Enterprise-HDDs liegt die UER bei 1 in 1015 – sie produzieren nur alle 125 TByte einen Lesefehler, der sich nicht korrigieren lässt.
Das ist wichtig, damit sie die jährliche Arbeitslast von bis zu 550 TB bewältigen können. Verteilt man diese Last gleichmäßig auf das Jahr, lässt sich etwa alle 2,7 Monate ein Bit nicht korrekt lesen. Bei einer für 55 TB ausgelegten PC-Festplatte käme es bei diesem Workload alle 0,27 Monate zu einem Lesefehler – alle acht Tage, was unterstreicht, dass die Laufwerke in Servern oder Storage-Systemen nichts zu suchen haben.
Allerdings müssen Unternehmen drauf achten, dass sie die Festplatten innerhalb der von den Herstellern vorgegebenen Umgebungsbedingungen bezüglich der Temperatur einsetzen – andernfalls sinkt die MTTF und die UER steigt. PC-Festplatten sind üblicherweise für den Einsatz zwischen 0 und 60 Grad vorgesehen, während es bei Enterprise-Festplatten in der Regel 5 bis 55 Grad sind, weil Server und Storage-Systeme in klimatisierten Räumen und Rechenzentren stehen.
Auch zu Stößen und Vibrationen machen die Hersteller genaue Vorgaben, wobei NAS- und Enterprise-HDDs diesbezüglich etwas mehr aushalten. Sie stecken zu mehreren in einem Gerät, so dass sich die Rotationsschwingungen der Laufwerke gegenseitig verstärken können –spezielle Schwingungssensoren und Steuerungsmechanismen registrieren und verhindern das.
Performance ist bei HDDs ein Team-Sport
Außerdem sollten Unternehmen bei der Planung ihrer Speicherumgebungen für IoT-Datenauswertungen berücksichtigen, dass die Performance von Festplatten mit zunehmendem Füllstand abnimmt. Die äußeren Datenspuren, die zuerst beschrieben werden, sind schneller und nur auf sie bezieht sich die in den Datenblättern angegebene Sustained Data Rate. Weiter innen kann diese auf bis zu zwei Drittel absinken, weil die Datenspuren dort kürzer sind und weniger Daten aufnehmen – während einer Umdrehung lassen sich schlicht weniger Daten schreiben oder lesen als außen.
Je nach Modell liegt die Sustained Data Rate von Enterprise-HDDs mit 7.200 Umdrehungen pro Minute bei bis zu 280 MB/s, sie liefern bis zu 400 IOPS. Im Vergleich zu Flash-Laufwerken ist das wenig, doch im Verbund erreichen mehrere Dutzend Festplatten durchaus über 5 GB/s und mehr als 10.000 IOPS – für die meisten IoT-Anwendungen ist das ausreichend. Wo mehr Leistung benötigt wird, kommen Flash-Speicher als Cache zum Einsatz, die Performance-HDDs mit 10.500 oder 15.000 Umdrehungen pro Minute fast vom Markt verdrängt haben.
Während Enterprise-HDDs sowohl mit SATA- als auch SAS-Interface verfügbar sind, besitzen die anderen Festplattenkategorien lediglich eine SATA-Schnittstelle. SATA unterstützt heute Datenraten von 6 Gbit/s und ist rückwärtskompatibel zu SATA mit 3 und 1,5 Gbit/s. SAS liefert in der aktuellen Version SAS-3.0 12 Gbit/s und ist ebenfalls rückwärtskompatibel zu den Vorgängern mit 6, 3 und 1,5 Gbit/s. Darüber hinaus unterstützt SAS auch höhere Signalstärken, was längere Kabel und komplexere Strukturen erlaubt, sowie End-to-End-Datenschutz und Dual Porting.
Mehr Speicherplatz dank MAMR
In den Datenblättern ist in der Regel auch die Aufzeichnungstechnologie aufgeführt, die die Festplattenmodelle nutzen. CMR ist das seit etwa anderthalb Jahrzehnte übliche Conventional Magnetic Recording, das jedoch weitgehend ausgereizt ist und kaum noch Kapazitätssteigerungen über 16 TByte hinaus erlaubt. Um den wachsenden Bedarf an hohen Speicherkapazitäten zu bedienen, haben die Festplattenhersteller daher mit Shingled Magnetic Recording (SMR) und Microwave Assisted Magnetic Recording (MAMR) neue Aufzeichnungstechnologien entwickelt.
„Nicht jede Festplatte passt allerdings zu IoT-Anwendungsfällen, die verschiedenen Modelle unterscheiden sich stark und sind auf bestimmte Einsatzbereiche zugeschnitten. Sichtbar machen die Hersteller das bereits durch die Einteilung in HDD-Serien, etwa für PCs, NAS-Systeme, Videoüberwachung und Rechenzentren.“
Rainer W. Kaese, Toshiba Electronics Europe
SMR schreibt Datenspuren überlappend, so dass sich mehr Datenspuren auf einer Disk unterbringen lassen. Beim Überschreiben bestehender Spuren muss allerdings zunächst die darüber liegende Spur ausgelesen und anschließend wieder zurückgeschrieben werden. Das kann zu Schwankungen bei der Schreibgeschwindigkeit führen, die Caches und Caching-Algorithmen abfangen – für PC- und Surveillance-HDDs, die nur gelegentliche Schreiblasten oder sequentielle Datenströme verarbeiten, ist SMR daher gut geeignet.
Enterprise-HDDs, die dauerhaft hohen Schreiblasten ausgesetzt sein können, bauen hingegen auf MAMR. Hier hilft ein mikrowellenerzeugendes Element am Schreibkopf, den magnetischen Fluss zu bündeln, so dass weniger magnetische Energie beim Schreiben benötigt wird. Der Schreibkopf kann kleiner ausfallen und Bits dichter schreiben. Derzeit kommt MAMR bei Enterprise-HDDs mit 18 und 20 TByte zum Einsatz, wird nach Einschätzung von Branchenexperten aber künftig für Kapazitäten von bis zu 30 TByte pro Festplatte sorgen – womit Festplatten auch in den nächsten Jahren bereit sind, die wachsende Datenflut des IoT aufzufangen.
Über den Autor:
Rainer W. Kaese ist Senior Manager Business Development Storage Products bei Toshiba Electronics Europe.
Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.