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Was Firmen beim Verkauf von Softwarelizenzen beachten müssen
Was vielen Mittelständlern nicht bewusst ist: bisher bezogene Softwarelizenzen lassen sich wieder veräußern. Der Verkauf verbessert dabei die Liquidität des Unternehmens.
In wirtschaftlich angespannten Zeiten wie diesen sind Unternehmen froh über alles, was Kapital freisetzt. Dazu gehört auch der Verkauf von Softwarelizenzen.
Softwarelizenzen stellen im Grunde ebenso Vermögensgegenstände wie Maschinen und Hardware dar und sollten daher auch ökonomisch bestmöglich genutzt werden. Dabei sind wie im Straßenverkehr gewisse Regeln zu beachten und gewisse Voraussetzungen erforderlich.
Fehlendes Wissen im Mittelstand
In Konzernen mit großer Rechts- und Einkaufsabteilung und einem gut funktionierenden Lizenzmanagement ist der Lizenzverkauf bereits fest etabliert – als Teil der strategischen Beschaffung. Kleineren und mittleren Unternehmen fehlt es dagegen meist an Wissen und Erfahrung, um den Softwareverkauf gezielt anzugehen.
Denn die Lizenzverträge sind nicht leicht zu lesen, die aufgelisteten Bedingungen der Hersteller werden häufig falsch interpretiert. Vielen Firmen ist gar nicht bewusst, dass sie ihre Nutzungsrechte überhaupt veräußern dürfen. Dabei ist die Veräußerung von Office, Client Access License (CAL) und Windows Upgrade-Lizenzen bereits mit Zeichnung des Microsoft-Vertrages sowie der gewählten Cloud-Produkte teilweise oder gänzlich zulässig. Gerade im Mittelstand ist großes Potential an nicht mehr benötigten Softwarelizenzen vorhanden.
Allerdings gilt es, ein paar wesentliche Punkte zu beachten. So muss der Weiterverkauf von Lizenzen ordnungsgemäß dokumentiert sein. Die Transferkette – vom Kauf-, über den entsprechenden Lizenz- und Wartungsvertrag bis hin zu den Nutzungsrechten der sich im Umlauf befindlichen Softwareversionen – muss für den neuen Eigentümer lückenlos nachvollziehbar sein. Denn nur so kann er sicher sein, dass das verkaufende Unternehmen das Nutzungsrecht an der jeweiligen Software besitzt und es demnach auch veräußern darf.
Lückenlose Dokumentation des Lizenzbestands
Ein Unternehmen, das den Verkauf von Software plant, sollte sich zunächst einen genauen Überblick über alle Lizenzen verschaffen, die es besitzt. Voraussetzung dafür sind im Optimalfall ein umfassendes Software Asset Management (SAM) und ein Tool, das dokumentiert, welche Software aktuell im Umlauf ist, welche noch benötigt wird und welche aufgrund der aktuellen Unternehmensstrategie nicht mehr aktiv genutzt wird.
Wichtig ist zudem der Hinweis, um welche Art von Lizenzen (EA, MPSA, Open, Select) es sich handelt. Aufzulisten sind auch Nachweise zur Eigentümerschaft, dem Land, in dem die Lizenzen erworben wurden und dem Datum, ab wann sie verfügbar sind. Damit ist transparent ersichtlich, welche Produkte, Versionen und Stückzahlen sich rechtssicher übertragen lassen.
Der Weiterverkauf von Lizenzen ist in der EU klar geregelt und die Rechtskonformität durch EuGH und BGH bestätigt. Die folgenden Bedingungen müssen allerdings erfüllt sein:
- Es muss sich um sogenannte getrennt verkehrsfähige Produkte handeln, zum Beispiel Microsoft Office 2016 Professional; CoreCAL 2019 User oder MS Visio 2016 Professional.
- Die vom Hersteller vergebene Nutzungslizenz muss zeitlich unbeschränkt sein.
- Die Software muss rechtmäßig verbreitet worden sein.
- Der Weitergebende muss die Software bei sich selbst unbrauchbar machen.
Dabei muss das weitergebende Unternehmen folgendes dokumentieren:
- Eine detaillierte Lizenzkette des Ersterwerbers und intermediären Eigentümers. Dadurch wird das entsprechende Nutzungsrecht im Abgleich mit den Produkt-Releases des Softwareherstellers abgeleitet;
- Die relevanten Produktnutzungsrechte (abhängig von der Software-Asset-Laufzeit);
- Eigentums-/Löschungserklärung des Ersterwerbers und intermediärer Eigentümer; sowie
- Kauf-/Vertragsnachweise zum Abgleich der Transaktionsdaten.
Ohne ein fundiertes Lizenzmanagementwissen ist dieser Aufwand jedoch kaum zu bewerkstelligen, denn die Lizenzmetriken beispielsweise von Microsoft sind komplex. Lizenzspezialisten helfen dabei. Sie kennen sich mit der Verwaltung und dem Betrieb von Software-Asset-Management- und Software-Lizenzlösungen aus. Damit sind sie in der Lage, Verträge eingehend zu prüfen und über eine Nachverfolgung des Softwarekaufs die Urheberrechtsfrage eindeutig zu klären.
Anschließend gleichen sie diese Lizenzen mit den aktuellen Produktrechten, Namen und Metriken ab und untersuchen, ob entsprechende Lizenzketten inklusive Wartungsverlängerungen vorhanden und gepflegt sind. Auf diese Weise ist ein Verfahren garantiert, das für den Käufer und den Verkäufer größtmögliche Transparenz und Rechtssicherheit bietet. Ein Re-Lizensierungsspezialist geht bei Bedarf auch die Bilanzen des Unternehmens durch beziehungsweise unterstützt ihn bei der Bilanzerstellung.
Unterstützung durch externe Partner
Bei der finalen Analyse arbeiten solche Unternehmen noch zusätzlich mit einem unabhängigen Wirtschaftsprüfer wie Deloitte zusammen, welche auch als Microsoft-Prüfer agieren und im Detail die Lizenzkette- und nachweise als unabhängiger Dritter bei Ankäufen größer 150.000 Euro netto für Relicense überprüft.
Der Prozess läuft dabei folgendermaßen ab: Sobald ein Unternehmen eine Übersicht über seine Microsoft-Lizenzen erstellt und dem Re-Lizensierungsspezialisten übermittelt hat, prüft dessen externer Wirtschaftsprüfer, ob das angebotene Nutzungsrecht besteht und ob die Lizenzkette seit dem ersten Kauf der Lizenz nicht länger als ein Monat unterbrochen wurde.
„Ein Unternehmen, das den Verkauf von Software plant, sollte sich zunächst einen genauen Überblick über alle Lizenzen verschaffen, die es besitzt.“
Christian Penava, Relicense AG
Im Detail erfolgt dabei die Prüfung, ob die Voraussetzungen der EUGH-Vorgaben zum Eintritt des Erschöpfungsrechts gegeben sind. Abgeschlossen wird dieser Review mit einem formalen Deloitte Statement, welches den Lieferanten im Zuge des Ankaufs offengelegt wird.
Ein Beispiel: Das Unternehmen geht davon aus, dass es das Recht auf Office 2019 hat. Der Lizenzverlauf zeigt jedoch auf, dass nur das Recht auf Nutzung von Office 2013 besteht, weil die beiden letzten Software-Assurance-Vereinbarungen mit Microsoft nie verlängert wurden, oder weil die Software-Assurance länger als einen Monat unterbrochen wurde.
Solche Experten-Partnerschaften bieten sowohl für Verkäufer und als auch Käufer ein hohes Maß an Rechtssicherheit. Es gibt daher keinen Grund für ein Unternehmen, nicht mehr gebrauchte Kauflizenzen wieder zu Kapital zu machen. Wenn ein Unternehmen seine Lizenzhistorie lückenlos dokumentieren und auf Rechtskonformität prüfen kann, steht einer erfolgreichen und sicheren Veräußerung nichts im Wege.
Über den Autor:
Christian Penava ist Director Sales Germany der Relicense AG.
Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.