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Vor welchen Herausforderungen CFOs mit KI stehen

CFOs stehen derzeit vor einem Dilemma: Einerseits wollen sie die Vorteile generativer KI nutzen, andererseits müssen sie finanzielle Risiken für deren Einsatz sorgfältig abwägen.

Der Einsatz von generativer KI stellt viele CFOs vor Herausforderungen. Die größten Hürden sehen sie laut einer Studie von Deloitte im Mangel an entsprechend ausgebildeten Fachkräften (53 Prozent) sowie in noch ungeklärten Datenschutz- und Sicherheitsfragen (39 Prozent).

In Bezug auf die effektive Implementierung von künstlicher Intelligenz (KI) generell zeigt eine Umfrage von Coupa, dass insgesamt 90 Prozent der Finanzverantwortlichen besorgt oder sehr besorgt sind. Die Vorbehalte reichen hierbei von der Unsicherheit über die erforderlichen finanziellen Mittel bis hin zu den Risiken bei der Implementierung. Es besteht die Angst vor möglichen Fehlentscheidungen durch unzureichend trainierte Algorithmen und die Befürchtung, dass KI-Systeme nicht den gewünschten Mehrwert bringen.

Die sich wandelnde Gesetzeslandschaft im Finanzbereich verstärkt die Zweifel der CFOs zusätzlich. Neue Compliance-Anforderungen wie die SOX-Vorgaben in Großbritannien geben eine strengere Kontrolle bei der Rechnungsprüfung und eine ordnungsgemäße Finanzberichterstattung vor. Mit der Verpflichtung zur elektronischen Rechnung in Deutschland werden Unternehmen gefordert, einheitliche Standards einzuhalten. Verfehlen sie diese Vorschriften, hat das nicht nur Datenschutzverletzungen und finanzielle Risiken zur Folge, sondern schädigt möglicherweise auch ihren Ruf. Diese Herausforderungen machen deutlich, dass zur vollen Ausschöpfung der Vorteile von KI eine sorgfältige Planung und Implementierung erforderlich ist.

KI oft unbewusst im Einsatz

Der Ausgangspunkt dafür sollte eine genaue Differenzierung von künstlicher Intelligenz sein. Denn trotz der genannten Bedenken und regulatorischen Herausforderungen findet KI heute schon vielfältige Anwendungen in Finanzabteilungen. Viele Finanzteams haben sie in ihren Systemen und Prozessen bereits im Einsatz, ohne sich dessen bewusst zu sein. Denn KI umfasst eine Kombination von verschiedenen Technologien wie maschinelle Lernalgorithmen, die Verarbeitung natürlicher Sprache (Natural Language Processing, NLP) und Deep Learning. Diese Formen von KI haben sich in den Finanzabteilungen schon länger etabliert, vor allem in Aufgabenbereichen wie der Spesenabrechnung, der Rechnungsbearbeitung sowie in der Betrugsprävention und im Risikomanagement.

NLP bedient sich, wie der Name schon sagt, der natürlichen Sprache und erkennt dadurch auch Finanzdaten. Diese Art der künstlichen Intelligenz findet gerade in der Analyse von Finanzdokumenten und der Automatisierung der Berichterstellung ihre Verwendung. NLP kann zum Beispiel automatisch Bestellungen und Rechnungen auslesen, wichtige Informationen wie Lieferantennamen, Daten und Beträge identifizieren und diese dann in ein strukturiertes Format extrahieren. Außerdem ist es in der Lage, den Text innerhalb von Rechnungen zu analysieren, um verdächtige Transaktionen zu identifizieren.

Maschinelles Lernen (ML) kommt hingegen zum Einsatz, um Daten zu analysieren, Muster zu erkennen und Vorhersagen zu treffen. Dafür werden die ML-Algorithmen anhand robuster Datensätze trainiert. Transaktionsdaten können so beispielswiese in Echtzeit einer Prüfung auf verdächtige Aktivitäten unterlaufen.

Deep Learning wiederum funktioniert ähnlich wie das menschliche Gehirn, in dem es aus großen Datenmengen lernt, daraus komplexe Muster erkennt und auf deren Basis Empfehlungen liefert. Die Technik kann auf historische Daten oder das Erkennen bestimmter Bilder trainiert werden, was bei der Betrugserkennung unterstützen kann. Deep-Learning-Algorithmen können beispielsweise auch Daten über die aktuelle Leistung von Lieferanten, vergangene Störungen und Branchentrends analysieren, um die Wahrscheinlichkeit künftiger Probleme vorherzusagen. So können Finanzabteilungen Risikobewertungen priorisieren und ihre Ressourcen auf die leistungsfähigsten Lieferanten konzentrieren.

In diesen Formen unterstützt KI schon jetzt dabei, zeitaufwendige Aufgaben zu automatisieren, die Genauigkeit von Finanzdaten zu verbessern und wertvolle Erkenntnisse für bessere Entscheidungen zu liefern. KI bietet Finanzteams damit den entscheidenden Vorteil mit weniger Aufwand mehr zu erreichen und Aufgaben präziser zu erledigen. Ihr Einsatz erhöht die Effizienz der Finanzabteilung und reduziert Kosten. Gleichzeitig werden Ressourcen für strategischere Prioritäten freigesetzt.

Generative KI in Finanzprozessen

Mit ChatGPT ist nun ein regelrechter Hype um generative KI entstanden. Diese Form von KI bezieht sich auf eine Klasse von Algorithmen, die aus vorhandenen Daten Muster erlernen und daraus neue, originelle Inhalte wie Texte und Bilder erzeugen. Im Finanzbereich hat man damit einen hochentwickelten virtuellen Assistenten, der riesige Mengen an Finanzdaten analysieren, Muster erkennen und eigenständig Berichte, Verträge oder Unterlagen erstellen kann.

Der aktuell operative Schwerpunkt für den Einsatz von künstlicher Intelligenz in der Finanzabteilung wird sich dabei in Zukunft mehr dahin verschieben, strategische Vorteile mit KI zu erzielen. Entscheidend wird es sein, KI-gestützte Einblicke gewinnbringend zu nutzen, um Risiken zu minimieren und die Rentabilität zu verbessern. Gerade mit generativer KI versprechen sich Finanzabteilungen Vorteile in strategischer Hinsicht bei der Betrugserkennung, der Optimierung von Arbeitsabläufen, der Datenanalyse und der Lieferantenbewertung.

Frank Cappel, Coupa

„Anstatt allein auf generative KI zu setzen, ist ein kombinierter Ansatz oftmals die bessere Wahl. So kann ein ML-Algorithmus bei der Betrugserkennung verdächtige Muster in Transaktionen erkennen, während generative KI den abschließenden Bericht erstellt.“

Frank Cappel, Coupa

Mit der Fähigkeit, Marktveränderungen und Daten zu analysieren, kann generative KI optimale Empfehlungen geben, um komplexe Geschäftsprobleme und Störungen im Beschaffungsprozess sicher zu bewältigen und so finanzielle Verluste zu vermeiden. Die Implementierung von KI verspricht somit, die Rolle des CFOs weiter zu transformieren und die Finanzabteilungen zukunftssicherer zu machen. Zugleich gilt es jedoch, KI in ihren verschiedenen Unterarten zu betrachten und ihren Einsatz prozessabhängig abzuwägen. Anstatt allein auf generative KI zu setzen, ist ein kombinierter Ansatz oftmals die bessere Wahl. So kann ein ML-Algorithmus bei der Betrugserkennung verdächtige Muster in Transaktionen erkennen, während generative KI den abschließenden Bericht erstellt.

Die KI-gestützte Finanzabteilung

Die Finanzabteilung durchläuft eine neue Phase der Transformation – angetrieben durch den Aufstieg generativer KI. Schon jetzt beeinflusst KI in verschiedenen Formen, wie Finanzteams tägliche Aufgaben und Abläufe erledigen, und sie bietet das Potenzial für weit mehr. Von der Automatisierung repetitiver Aufgaben bis hin zur Entdeckung verborgener Muster in Daten und der Erzeugung von Einblicken kann künstliche Intelligenz Arbeitsabläufe vereinfachen und Entscheidungsprozesse verbessern.

Während einige Finanzabteilungen in dieser Hinsicht bereits weiter fortgeschritten sind, sind die meisten noch zurückhaltend. Der Einsatz von KI ist dabei eine Entscheidung, die von den spezifischen Bedürfnissen der Abteilung abhängt und bei der auch die individuellen Merkmale der verschiedenen KI-Formen berücksichtigt werden sollten.

Über den Autor:
Frank Cappel ist als Vice President Solutions Consulting bei Coupa tätig. In seiner Position verantwortet er sämtliche Presales-Aktivitäten in den Regionen Europa (West und Ost), dem Mittleren Osten und Afrika. Er ist Branchenexperte für das Management von Geschäftsausgaben und blickt auf Einkaufserfahrung bei der Deutschen Bank sowie mehrjährige Beratungserfahrung bei Accenture und IBM zurück.

Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.

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