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Vier Lektionen, die sich aus dem SaaS-Modell ableiten lassen
Aus dem Erfolg von Software as a Service (SaaS) lassen sich vier Punkte ableiten, die der gesamten Enterprise-Welt wichtige Erkenntnisse für ihre Geschäftsmodelle liefern.
Seitdem Salesforce vor mehr als zwanzig Jahren den Begriff Software as a Service (SaaS) prägte, ist die Branche durch ein enormes Wachstum und eine zunehmende Differenzierung gekennzeichnet.
Laut Skyhigh Networks nutzt der durchschnittliche Mitarbeiter heute 36 Cloud-Dienste bei der Arbeit aktiv, darunter neun Dienste für die Zusammenarbeit, sechs für die Dateifreigabe und fünf für die gemeinsame Nutzung von Inhalten.
Darüber hinaus werden die weltweiten Ausgaben für Cloud-Software laut der Synergy Research Group 2020 auf über 100 Milliarden Dollar geschätzt. Diese Zahlen sind nicht überraschend, wenn man bedenkt, dass allein Netflix von 2011 bis 2019 seinen weltweite Abonnentenzahl von rund 23 Millionen auf knapp 172 Millionen erhöhte.
Solch ein rasantes Wachstum würde gerne jedes Unternehmen verzeichnen. Vier grundlegende Ansätze, die den Erfolg der Branche beflügelt haben, lassen sich generisch ableiten, so dass auch andere Unternehmen in die Lage versetzt werden können, das SaaS-Geschäftsmodell auf ähnliche Weise zu übertragen. Wagen wir einen detaillierten Blick auf die Erfolgsfaktoren:
1. Offener Kundenkontakt schafft Kundenerfolg
Im Gegensatz zum Verkaufsprozess bei traditionellen Unternehmen basiert der Erfolg von SaaS-Unternehmen nicht nur auf dem ersten Verkauf eines Pakets, einer Anwendung oder Abonnements. Das Abonnement ist ein zweischneidiges Schwert: Für den Kunden ist es leicht einzusteigen, aber auch leicht wieder auszusteigen. Das Versäumnis, gezielt die Abwanderung anzugehen, kann jedes Abonnementgeschäft töten.
SaaS-Unternehmen investieren in der Regel viel in ihren Kundenerfolg. Marketing- und Beratungsteams verwalten forensisch die Zufriedenheit ihrer Kunden und lösen Probleme, bevor sie auftreten. Die besten Customer Success Manager (CSMs) versuchen akribisch, ein Verständnis über die Herausforderungen ihrer Kunden zu erhalten. Dabei geht es nicht darum, gemocht zu werden, sondern sich Anerkennung zu verschaffen, indem man unliebsame Wahrheiten anspricht.
Der Erfolg wird nicht an einer beeindruckenden Präsentations-Layout, der einzelnen Performance oder der Anzahl der Aktivierung im letzten Quartal gemessen; das einzige, was wirklich zählt, ist, ob der Kunde wieder gekauft hat, und wenn ja, wie viel mehr er ausgegeben hat. Die großen Investitionen in CSMs bedeutet, dass es eine solide Grundlage für diesen direkten und ehrlichen Gesprächsaustausch mit den Kunden geschaffen hat.
Zugleich ist die größte Lektion für Nicht-SaaS-Unternehmen, dass man Transparenz schafft. Stellen Sie einen offenen und direkten Dialog mit Ihren Kunden her: Warum sollten Sie sich wieder für uns entscheiden? Warum würden Sie uns weiterempfehlen? Dies alles hilft einem Unternehmen, sich seiner selbst bewusster zu werden, seine Produkte und Dienstleistungen gezielt anzubieten, Innovationen zu fördern und seine Kunden zufriedenzustellen.
2. Direkter Zugang zu neuen und sicheren Produkten
Vor einigen Jahren war es bei großen Unternehmen wie Microsoft noch so, dass Kunden bei jeder neuen Version einzelne Produkte erneut kaufen mussten. Jetzt erlaubt der Softwareriese Privatpersonen und Unternehmen, gegen eine monatliche Gebühr eine Verbindung zu seinen Cloud-Anwendungen über das Internet herzustellen und diese zu nutzen.
Ein wichtiger Vorteil für den Erfolg von SaaS ist die Cloud-basierte Softwarebereitstellung, die Einrichtungskosten reduziert, die mit dem einmaligen Kauf von Software oder Hardware und deren Besitz verbunden sind, um dann mit einem veralteten Produkt zurückzubleiben, sobald eine neue Version herauskommt.
In der SaaS-Welt hat der Kunde in Echtzeit Zugang zu den neuesten Softwareversionen. SaaS bietet auch andere potenzielle Vorteile gegenüber traditionellen Modellen. So wird zum Beispiel die Zeit für die Einrichtung und Bereitstellung von Diensten reduziert, und die Kunden haben einen leichteren Zugang zu Upgrades. Diese eingebaute Agilität hilft Unternehmen bei der Skalierung und dem Wachstum.
Für alle Unternehmen, die Produkte und Dienstleistungen anbieten, gibt es hier einen entscheidenden Vorteil: Flexibilität ist der Schlüssel zum Erfolg. Es gilt in die erforderlichen Ressourcen und Teams zu investieren, um Kunden bei der einfachen Aufrüstung von Produkten zu helfen und die Bereitstellung des Produkts auf eine für sie passende Weise zu skalieren. Ziel sollte sein, den Kunden zu befähigen, statt mit willkürlichen Einschränkungen zu belasten.
3. Eintrittsbarrieren für kleinere Unternehmen senken
Wenn es um Dienstleistungsservices geht, gibt es eine uralte Debatte über die Frage, ob lieber der Service gekauft oder selbst entwickelt werden sollte. Oftmals werden erfolgreiche Unternehmen nur Dienstleistungen entwickeln, die in ihr Spezialgebiet fallen und für die restlichen Komponenten unter anderem SaaS-Unternehmen nutzen.
Das SaaS-Pay-as-you-go-Modell ist für solche Unternehmen oft genau das Richtige. Es wäre beispielsweise wenig sinnvoll, als Lebensmittellieferant ein eigenes Buchhaltungssystem oder Online-Sicherheitsportal selbst zu entwickeln. Dieser Punkt ist insbesondere deshalb von Bedeutung, da es nicht nur darum geht, wie gut ein Unternehmen die Lösung selbst entwickeln kann, sondern es gilt auch, rechtliche und sicherheitstechnische Auswirkungen bei der Integration zu beachten.
Für die Einhaltung von Vorschriften ist es oft sicherer (und einfacher), sich auf externe Anbieter zu verlassen. SaaS-Lösungen ermöglichen es Unternehmen, die Elemente, die sie benötigen, einzubinden und sich auf das zu konzentrieren, was sie am besten können.
Ein weiterer Aspekt, der für SaaS-Lösungen spricht, ist die Senkung der Eintrittsbarrieren für kleinere Unternehmen, da die Multitenant-Architektur im Mittelpunkt ihres Geschäftsmodells steht. Das bedeutet, dass alle Kunden von der gleichen Infrastruktur, Sicherheit und Konformität profitieren. Sie demokratisiert Software und Dienstleistungen, um einen gerechteren und sichereren Zugang für alle zu ermöglichen.
Die Lektion ist, dass man gründlich über die Herausforderungen seiner Kunden nachdenken sollte, um abzuschätzen, inwieweit man diese lösen kann. Unternehmen aus allen Branchen können ihre Kontakthistorie, die sogenannte Customer Journey, verbessern, indem sie den Kunden so viel wie möglich von den Kosten, den Vorschriften und der Einhaltung dessen abnehmen und sie sich dadurch primär auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können.
4. Reibungsverluste bei Zahlungen vermeiden
Für den Endkunden ist die Zahlung ein Mittel zum Zweck – ein Weg, um die von ihm benötigte Dienstleistung zu erhalten. Sie wollen sich nur einmal anmelden, auf die für sie am besten geeignete Weise bezahlen und sich dann nie wieder um Zahlungen kümmern. Ein nahtloser, abonnementbasierter Zahlungsprozess ist für SaaS-Unternehmen von entscheidender Bedeutung, um den Wert der Kundenlebensdauer zu maximieren.
„Ein nahtloser Zahlungsprozess ist für SaaS-Unternehmen von entscheidender Bedeutung, um den Wert der Kundenlebensdauer zu maximieren.“
Sven März, GoCardless Deutschland
Ein gutes Beispiel für eine nahtloses Zahlungsauswahl ist DocuSign. Das SaaS-Unternehmen ist federführend, wenn es darum geht, die Zahlungspräferenz der Kunden zu berücksichtigen und möglichst alle Reibungsverluste zu beseitigen. Alles basiert dabei auf Echtzeitdaten der Kunden. Beispielsweise konnte DocuSign während des globalen Roll-outs des Abonnementangebots feststellen, dass insbesondere in Europa der Kundenstamm bei der möglichen Zahlungsauswahl vermehrt das Lastschriftverfahren auswählt.
Ein nahtloser Zahlungsprozess ist für SaaS-Unternehmen von entscheidender Bedeutung, um den Wert der Kundenlebensdauer zu maximieren. Damit wird Wert auf die Zahlungspräferenzen der Kunden gelegt und es steht dem Verkauf eines Abonnements nichts im Wege.
Von SaaS-Lösungen lernen
Die Kombination dieser vier Ansätze hat einen Großteil des Erfolgs und des kometenhaften Wachstums der SaaS-Branche vorangetrieben. Statt neidvoll zuzusehen, sollten andere Branchen aktiv davon lernen. Denn wenn es um Kundenbindung und Erfolg geht, fällt es schwer zu leugnen, dass SaaS dies besser macht als der Rest.
Über den Autor:
Sven März ist Geschäftsführer von GoCardless Deutschland.
Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.