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Unternehmen sollten jetzt die KI-Einführung vorbereiten
Warum Unternehmen jetzt den Weg für ihre KI-Implementierung bereiten sollten. Mitarbeiter sind zu schulen, Richtlinien zu definieren und kommende Regulierungen zu beachten.
Die COVID-19-Krise und die Weiterentwicklung von KI-Tools haben dazu geführt, dass der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) immer mehr an Bedeutung gewinnt. Mit Hilfe von KI lassen sich Lieferketten so optimieren, dass die Auswirkungen von Engpässen auf den internationalen Handel, wie sie in den vergangenen Monaten aufgetreten sind, deutlich verringert werden.
Auch der Gesundheitssektor nutzt zunehmend KI bei der Diagnose und Bekämpfung von Krankheiten. So arbeiten beispielsweise der deutsche Impfstoffhersteller BioNTech und das in London ansässige KI-Unternehmen InstaDeep bei der Entwicklung neuer Immuntherapien für verschiedene Krebsarten und Infektionskrankheiten mit den neuesten Entwicklungen im Bereich KI und Machine Learning zusammen.
Jetzt, da der Prozess angestoßen ist, lässt das Momentum nicht nach und Organisationen erkennen die Vorteile, die diese Tools bieten: Durch KI werden nicht nur Prozesse und Arbeitsabläufe automatisiert, auch müssen sich Teams nicht mehr um repetitive Aufgaben kümmern. Dazu werden menschliche Fehler reduziert, das Kundenerlebnis verbessert und komplexe Probleme mit umfassenden, konstanten und methodischen Datenanalysen effizienter gelöst.
Die Rolle der Mitarbeiter
Organisationen stehen jedoch in der Regel vor zwei Herausforderungen, wenn es um die erfolgreiche Einführung von KI geht. Die eine ist der Mangel an Fachkräften, die die Implementierung und Nutzung von KI-Tools beaufsichtigen können. Während der Fachkräftemangel in allen Branchen allgegenwärtig ist, hat sich das Fehlen qualifizierter Fachkräfte im IT-Sektor besonders bemerkbar gemacht.
Es mangelt nicht nur an Nachwuchstalenten, die bereits über eine entsprechende Ausbildung und Kenntnisse verfügen, auch die vorhandenen Arbeitskräfte verfügen oft nicht über ausreichende Fähigkeiten, um zum Beispiel neue KI-Tools zu implementieren.
Viele Unternehmen reagieren laut einer Juniper-Studie bereits auf diesen Trend und bauen ihre KI-Talentpipeline durch Praktika und Partnerschaften mit Universitäten aus. Doch bis diese Arbeitskräfte zur Verfügung stehen, wird es noch einige Zeit dauern. Daher müssen IT-Führungskräfte bereits jetzt damit beginnen, ihre bestehende Workforce entsprechend zu schulen, und die Weiterbildung ihrer KI-Fähigkeiten zu einem essenziellen Teil des Arbeitsalltags machen.
Der regulatorische Ansatz der KI
Die zweite Herausforderung, für die noch keine Lösung besteht, sind Governance und Richtlinien. Während die grundsätzliche Implementierung von KI-Tools zugenommen hat, fehlen in vielen Unternehmen geeignete Richtlinien für das Risikomanagement und den ethischen, effizienten Einsatz von KI. In der Juniper-Studie unter Führungskräften in Unternehmen gaben beispielsweise nur zehn Prozent der Befragten in Europa an, dass ihre KI-Governance und -Richtlinien vollständig ausgereift sind.
Dies zeigt, dass trotz des Mentalitätswandels immer noch eine große Diskrepanz zwischen der Zunahme der Tools und ihrem tatsächlichen Reifegrad besteht – und damit ein Mangel an Sicherheit und tatsächlichem Nutzen für die Nutzer tägliche Realität ist.
Um das Wachstum der KI verantwortungsvoll zu steuern, und gleichzeitig die Sicherheit der Daten und des Netzwerks zu gewährleisten, sind jedoch qualifizierte Fachleute und ausgereifte Governance-Richtlinien erforderlich.
Ethische Verantwortung
KI hat bereits in vielen Bereichen des privaten und beruflichen Lebens Einzug gehalten und viele Prozesse einfacher und effizienter gemacht (und damit zu einem besseren Nutzererlebnis geführt). Die Technologie ist längst keine Neuheit mehr, doch sie entwickelt sich weiter. Daraus ergeben sich nicht nur Chancen, sondern auch Herausforderungen, insbesondere in Bezug auf Sicherheit und ethische Fragen. Verschiedene Nutzer in verschiedenen Ländern haben unterschiedliche Wertvorstellungen.
Hier liegt eine große Herausforderung für die KI: Weltweit gültige Grundsätze, in welchem Umfang Daten gesammelt und analysiert werden dürfen, gibt es nicht. Auch wenn beispielsweise die UNESCO-Empfehlungen zur KI-Ethik veröffentlicht hat, gibt es keine festen Rahmenbedingungen und es ist auch fraglich, ob es jemals allgemeingültige Richtlinien geben wird. Daher sind Organisationen, die auf KI – in welcher Form auch immer – setzen, in der Pflicht, dies selbst in die Hand zu nehmen. Sie müssen eigene Richtlinien und Regularien für den Nutzen von KI implementieren, auch wenn dies zunächst hohe Investitionen hinsichtlich Zeit, Personal und Kapital bedeutet.
Politische Anforderungen
Auch wenn die Prozesse vielerorts noch hinterherhinken, wird branchenübergreifend mehr Wert auf die Schaffung von Regelungen gelegt. So arbeiten beispielsweise Unternehmen wie Google, BMW und die Deutsche Telekom an der Entwicklung formaler KI-Richtlinien.
„Nun liegt es an den Unternehmen und ihren technischen Führungskräften, die Technologie auf den richtigen Weg zu bringen. Dazu gehört die Qualifizierung der bestehenden Belegschaft, aber auch Richtlinien für die ethische Nutzung von Daten.“
Dieter Badmann, Juniper Networks
Die Motivation ist jedoch oft nicht nur intrinsisch, sondern wird durch externe Faktoren beschleunigt. So hat die erwähnte Studie gezeigt, dass 95 Prozent der Führungskräfte weltweit der Meinung sind, dass eine KI-Governance wichtig ist, um der künftigen Gesetzgebung einen Schritt voraus zu sein. Die Zeit drängt; viele europäische Regierungen haben in den letzten Jahren bereits die Erhebung, Speicherung und Nutzung von Daten reguliert. Die Bundesregierung hat sogar eine eigene KI-Strategie verkündet, die Europäische Union hat dazu einen Entwurf für eine EU-weite KI-Verordnung vorgelegt, doch beide sind noch nicht rechtskräftig.
Neben Förderprogrammen, wirtschaftlichen Initiativen und Bildungsaspekten geht es hier auch um den jeweiligen rechtlichen Rahmen. Es ist zu erwarten, dass andere Regierungen dem Beispiel folgen und eigene Richtlinien umsetzen werden – ob Organisationen es wollen oder nicht. Denn früher oder später werden sie gezwungen sein, sich mit KI-Governance zu beschäftigen. Es kann nur von Vorteil sein, wenn sie bereit jetzt die Grundlagen dafür schaffen und ihre eigenen Richtlinien ohne regulatorischen Zwang umsetzen.
Der Weg in die Zukunft
KI hat das Potenzial, effizientere und nachhaltigere Prozesse anzustoßen. Das haben auch europäische Unternehmen erkannt. Nun liegt es an ihnen und ihren technischen Führungskräften, die Technologie auf den richtigen Weg zu bringen. Dazu gehört die Qualifizierung der bestehenden Belegschaft, aber auch Richtlinien für die ethische Nutzung von Daten. Auch wenn die Hürden derzeit noch hoch erscheinen mögen – der Aufwand wird sich auszahlen, und nicht nur die Kunden werden von der besseren Erfahrung profitieren, sondern auch das gesamte Unternehmen.
Über den Autor:
Dieter Badmann blickt auf 25 Jahre Erfahrung im Netzwerkbereich zurück. Neben Stationen bei der Kroha und Heinze GmbH, Palo Alto Networks und Niksun Inc., arbeitete er bereits von 2008 bis 2011 bei Juniper Networks, bevor er im April 2012 als Senior Commercial Account Manager in das Unternehmen zurückkehrte. Seit Juli 2020 ist er Director Sales und für das Enterprise Business bei Juniper Networks in der DACH-Region verantwortlich.
Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.