Trends und Strategien für Softwareanbieter im Jahr 2021
Die COVID-19-Pandemie treibt die Digitalisierung voran. Für viele Firmen sind neue Technologien zentrale Tools zur Bewältigung der Krise. Doch was heißt das für Softwarehersteller?
Seit dem Ausbruch der Coronapandemie 2020 ist die Digitalisierung nun auch im letzten Winkel von Unternehmen angekommen.
Für die meisten sind neue Technologien und smarte Anwendungen die zentralen Werkzeuge zur Bewältigung der Krise. Was heißt das für Softwarehersteller und Technologieunternehmen? Hier sind die vier wichtigsten Trends im Überblick.
1. Datenanalytik – Vom Jagen, Sammeln und Analysieren
Daten sind gut, aber nur wenn sie auch tatsächlich Einblicke verschaffen. Statt mehr Daten zu sammeln, wird es Zeit, sie endlich effektiv zu nutzen. Das ist auch der Grund, warum sich Data Analytics zum Dreh- und Angelpunkt für die Geschäftsentwicklung, das Management und die Strategie entwickelt. Je mehr Datenquellen vernetzt und integriert werden, desto größer der Aha-Effekt. Die neu gewonnenen Erkenntnisse feuern die Wettbewerbsfähigkeit an und helfen, die Bedürfnisse auf Kundenseite zu verstehen.
Diese Bedürfnisse zeigen sich vor allem in den Produktnutzungsdaten. Für welche Zwecke kommen die Anwendungen zum Einsatz? Welche Features sind Favoriten? Wo besteht Verbesserungspotential und welche Trends lassen sich ablesen? Die Usage Intelligence wird für Softwareunternehmen zentral: Anhand der Daten können sie Entscheidungen hinsichtlich der Produkt-Roadmap treffen, das Nutzererlebnis optimieren und neue Geschäftsmodelle entwickeln.
Größte Hürde bei der Produktnutzungsanalyse bleibt dabei die Datenerfassung. Laut der Studie Monetization Monitor: Software Usage Analytics 2020 können lediglich 32 Prozent der Unternehmen Nutzungsdaten effizient erfassen, 28 Prozent verlassen sich immer noch auf manuelle Prozesse. Hier sind vollautomatisierte Lösungen gefragt, die Telemetriedaten kontinuierlich tracken, sammeln, analysieren und in entsprechenden Berichten visuell aufbereiten.
Gelingt das, lassen sich nicht nur Kundenwünsche besser antizipieren, sondern auch Compliance-Initiativen zielgenauer umsetzen. Nur wer weiß, wie seine Produkte genutzt werden, kann eine Überbenutzung beobachten und Einnahmeverluste verhindern. Nicht immer geht es dabei um mutwillige Verstöße gegen Lizenzbedingungen oder um Produktpiraterie. Oft werden Zugangsdaten unbedacht mit anderen Mitarbeitern geteilt. Oder die Anwendung wird einfach länger gebraucht als ursprünglich im Vertrag festgelegt. Softwareanbieter tun hier gut daran, die Nutzung im Auge zu behalten und so ihr geistiges Eigentum zu schützen.
Die Datenanalyse umfasst dabei neben der klassischen Software auch smarte IoT-Geräte (Internet of Thing, Internet der Dinge), die sich mehr und mehr in eine intelligente Plattformen verwandeln. Embedded Software und Steuerungssoftware erreicht damit das nächste Level, vor allem im Zusammenhang mit künstlicher Intelligenz (KI) und Machine Learning (ML).
2. Mehr Spielraum für den Kunden
Kundeninteraktion ist heute mehr als nur der Kontakt zum Servicemitarbeiter. Interessant wird es, wenn Softwareanbieter sich diesen Kundenfokus auch in Sachen Preisgestaltung und Lizenzierung zu Herzen nehmen. Softwaretestversionen zum Beispiel bieten Anwendern einen unkomplizierten Zugang zu einem Produkt und machen es ihm einfach, sich mit der Lösung vertraut zu machen.
Freemium-Angebote wiederum geben einen Vorgeschmack auf das, was auf der bezahlten Premium-Ebene verfügbar ist. Allerdings sollten Anbieter dabei immer darauf achten, dass das Management verschiedener Versionen und Aktivierungsprozesse nicht zu einem operativen Albtraum ausartet.
Kunden, die für eine Software zahlen, die sie gar nicht mehr nutzen, werden seltener – vor allem in Zeiten knapper IT-Budgets. Verantwortlich dafür ist auch der Erfolg von nutzungsbasierten Modellen sowie Abonnements.
Die höhere Flexibilität bei Nutzungsmodellen erfordert zwangsläufig eine flexiblere Lizenzierung. Ein Perspektivenwechsel ist angesagt: Statt Lizenzierung als strikte Umsetzung und inflexible Barriere zu betrachten, sollten Anbieter eine kundenfreundliche Lizenzierungsstrategie fahren, die bestehenden Kunden entgegenkommt.
Dazu gehört beispielsweise die Möglichkeit, Nutzungsspitzen zuzulassen und mit einem flexiblen Modell oder einem nutzungsbasierten Preis abzufangen. Mehr Spielraum bei der Nutzung von Anwendungen, die für den operativen Betrieb von Kunden zentral sind, festigt langjährige Kundenbeziehungen – gerade, wenn die Vertragsverlängerung überfällig ist.
3. Sichere Bereitstellung von Software – auch für die Cloud
Die Cloud ist und bleibt der Hotspot, an dem Software zukünftig entwickelt, bereitgestellt und gewartet wird. Wer sich als Softwareunternehmen jetzt noch nicht auf den Weg gemacht hat, wird über kurz oder lang den Anschluss verpassen. Wer Cloud nicht kann, verliert.
Wer allerdings denkt, dass mit der Cloud das Thema Softwarelieferung und -bereitstellung der Vergangenheit angehört, der irrt. Software wird heute mehr und mehr in Docker-Containern und Helm-Charts bereitgestellt. Doch auch hier müssen Softwarehersteller genau managen, welcher Kunde über welche Nutzungsrechte für welche Applikation verfügt.
Auch die Lieferung traditioneller Softwarepakete und Updates für Endgeräte hat im letzten Jahr erneut an Fokus gewonnen. Inmitten einer globalen Krise konnten Anbieter nur bedingt Techniker zum Kunden schicken, um neue Versionen aufzusetzen oder Sicherheitscheck durchzuführen. Die Lösung: elektronische Updates von Geräten und Features. Das spart nicht nur Zeit und Geld, sondern verhindert auch Ausfallzeiten und kommt gesetzlichen Anforderungen nach. Gerätehersteller wissen so zudem jederzeit, welche Software auf welchem Gerät läuft – ein Pluspunkt, wenn der nächste Support-Anruf vom Kunden kommt.
„Wer die wachsenden Aufgaben erfüllen will, muss sichere Softwareentwicklungszyklen (SDLC) gewährleisten, Bedrohungsmodelle aufstellen, Best Practices für das Codieren festlegen und seine Mitarbeiter entsprechend schulen.“
Nicole Segerer, Revenera
Noch müssen Softwareanbieter und Gerätehersteller eine gute Zwischenlösung finden. On-Premises-Lösungen weichen stetig, aber nur langsam Cloud-nativen Angeboten. Und auch wenn das Internet of Things kein neuer Trend mehr ist, sind längst noch nicht alle Geräte tatsächlich mit dem Internet verbunden.
Die umfassende Vernetzung wird noch eine Weile dauern, teils aus Sicherheitsgründen, teils wegen dem Wunsch, das Unternehmensumfeld zu 100 Prozent kontrollieren zu können. In der Praxis heißt das für Anbieter, Alternativen offen zu lassen, um auch über Offline-Proxys und -Server Gerätedaten zu sammeln und Updates sowie Services an Systemen durchzuführen.
4. Neue Verantwortung für die Softwareentwicklung
Es ist nicht neu, dass die Software Supply Chain ein Problem damit hat, die Komponenten einer Software ausreichend zu dokumentieren und eine lückenlose Rückverfolgbarkeit sicherzustellen. Das birgt nicht nur Sicherheitsprobleme, sondern bringt auch die Compliance ins Wanken.
Insbesondere bei der Verwendung von Open-Source-Softwarekomponenten (OSS), die über 50 Prozent einer jeden Anwendung ausmachen, kommt es immer wieder vor, dass bestimmte Vorgaben und Bestimmungen nicht eingehalten werden.
Um sich vor rechtlichen Ansprüchen, Umsatzeinbußen und Reputationsschäden zu schützen, müssen Softwareunternehmen hier noch stärker tätig werden. Hinzu kommt, dass eine wachsende Zahl von Industrieverbänden verpflichtende Standards im Umgang mit Softwarekomponenten sowie eine Softwarestückliste (SBoM) fordert. Das OpenChain-Projekt ist seit Dezember 2020 ISO-zertifizert. Das Standardformat SPDX (Software Package Data Exchange) der Linux Foundation steht kurz vor einer Zertifizierung.
Ein weiterer Treiber ist DevSecOp. Mit diesem Ansatz übernehmen Entwicklerteams die volle Verantwortung für den Code, den sie erstellen. Das schließt sowohl Funktionalität und Tests als auch die Sicherheit, Bereitstellung und Betrieb mit ein.
Wer die wachsenden Aufgaben erfüllen will, muss sichere Softwareentwicklungszyklen (SDLC) gewährleisten, Bedrohungsmodelle aufstellen, Best Practices für das Codieren festlegen und seine Mitarbeiter entsprechend schulen. Die Software Composition Analysis (SCA) betrifft dabei nicht nur die Entwickler selbst, sondern braucht auch die abteilungsübergreifende Mitarbeit von Rechtsexperten und Sicherheitsteams. SCA wird damit fester Bestandteil der Continuous Integration und Continuous Delivery (CI/CD) Streams.
Über den Autor:
Nicole Segerer ist VP of Product Management und Marketing bei Revenera.
Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.