kubais - stock.adobe.com
Tape: Gekommen, um zu bleiben
Immer wieder geistert die Behauptung durch den Raum, Tape würde irgendwann durch festplattenbasierte Speichermethoden ersetzt. Doch das ist äußerst unwahrscheinlich.
Immer wieder hört man, Tape werde irgendwann von Festplatten oder gar SSDs verdrängt werden. Davon ist aber weit und breit nichts zu entdecken: Der weltweite Tape-Markt wächst laut Allied Market Research mit sehr gesunden Raten von 7,8 Prozent jährlich bis zum Jahr 2030 – das Volumen soll von 4,31 Milliarden Dollar 2019 auf 9,42 Milliarden Dollar 2030 zulegen. Zu anderen Zahlen, aber einer ähnlichen Wachstumsrate (7,3 Prozent) kommt Expert Market Research: Weltweites Volumen 2021: 2,76 Milliarden Dollar, 2030 sollen es 4,24 Milliarden Dollar sein.
Die Herstellervereinigung Tape Storage Council gab im Mai die Kapazitätszahlen für 2022 bekannt: Danach wurden von den LTO-Protagonisten HPE, IBM und Quantum komprimiert 148 Exabytes ausgeliefert – das seien rund 40 Prozent mehr als 2020, heißt es in dem Bericht.
Vorteile von Tape
Das ist auch kein Wunder, denn Tape vereinigt diverse Fähigkeiten, die gerade im Zeitalter der massenweisen Datensammlung und gleichzeitiger Umweltprobleme durchaus attraktiv sind: So ist Tape von allen Speichermedien noch immer das am längsten haltbare, sofern für Rückwärtskompatibilität zwischen den einzelnen Tape-Formaten oder wenigstens entsprechende Emulationssoftware gesorgt wird. 30 Jahre hält die physische Basis.
Flash bringt es gerade einmal auf drei bis fünf Jahre garantierte physische Haltbarkeit, für Festplatten gilt dasselbe. Das heißt: Für eine physische Tape-Generation braucht man sechs (!) Flash-Generationen. Dazu kommt: 1 TByte SATA-3-SSD kostet derzeit zwischen 100 und 120 Euro. Eine Festplatte mit derselben Kapazität kostet je nach Qualität zwischen etwa 120 und 250 Euro. Dies jeweils – der Lebensdauer wegen – mal sechs. Eine Fujifilm LTO-8-Ultrium-Kassette mit 12 TByte etwas über 73 Euro.
Tape braucht zudem keinen Strom fürs ruhende Medium. Das Tape Storage Council konstatiert in seinem aktuellen Report, dass Tape, wenn es für „kalte“ und Archivdaten genutzt würde, 2030 jährlich mehr als 500 Millionen Tonnen Kohlendioxid gegenüber anderen Speichermedien einsparen könnte. Da Firmen in Zukunft immer detaillierter über ihren Kohlendioxidausstoß werden berichten müssen, ist das ein wichtiges Argument.
Zudem eignet sich Tape ideal als „Air Gap“-Medium, weil sich Tape-Kassetten einfach transportieren und von Netzen entkoppeln lassen, solange man die Daten nicht benötigt. Das sorgt für Sicherheit vor Ransomware und anderen übers Netz verbreiteten Übeltätern.
Standard: Weiterentwicklung läuft
Auch hinsichtlich der Weiterentwicklung der eigentlich einzigen noch weit verbreiteten Tape-Technologie, LTO, muss man sich vorläufig keine Sorgen machen. Derzeit sind LTO-Ultrium 7 und 8 am verbreitetsten. LTO-8 fasst unkomprimiert 12 TByte, die Transfergeschwindigkeit liegt bei 360 Mbyte/s. Leider wurde die physische Rückwärtskompatibilität hier auf eine Generation beschränkt, was die Haltbarkeitsvorteile relativiert.
LTO-9 ist bereits auf dem Markt. Im laufenden Jahr kamen die ersten Produkte mit höheren Kapazitäten – nativ bis zu 18 TByte. Weitere Neuerungen: eine S3-Schnittstelle und schnellere Übertragungsleistungen.
Geplant wird die Technologie heute bis LTO-UItrium 13. Ein Standard-Band soll dann eine Kapazität von 384 TByte haben, komprimiert knapp ein PByte. Das ist ganz beträchtlich. Als Basis der Speicherung ist eine Schicht aus Strontiumferrit geplant. IBM hatte im Herbst 2020 eine Speicherdichte von 317 GByte/Inch2 mittels einer Speicherschicht aus diesem Material erreicht, was einen Rekord darstellt. Über die Transferleistung ist noch nichts bekannt.
Neue technische Impulse
Außerdem bemüht sich die Branche auch um weitere technologische Neuerungen. Einige Beispiele: Quantum will Daten auf Tape mit dem sogenannten Scalar Ransom Block schützen. Bei dem Verfahren wird zwischen die Bänder und die Robotik sowie die mit dem Netz verbundenen Geräte bei Bedarf eine physische Blockierung implementiert.
Dann kann das System zwar noch die Tape-Beschriftung lesen, nicht aber was auf dem Tape steht. Das Ganze lässt sich auch aus dem Hintergrund einschalten. Für die Blockierung wird das Magazin, das geschützt werden soll, schlicht ein Stück aus dem System gezogen wird – zurück gelangt es nur über einen händischen Eingriff. Quantum hat für die Methode Patente angemeldet.
Eine weitere Neuerung stammt von Fujifilm Recording Media. Ziel ist, den Datenabruf zu beschleunigen. Die Daten werden als Objekte im OTF-Format gespeichert, das Fujitsu 2020 neu zum Beschreiben mehrerer Bänder mit Datenobjekten entwickelt hat. Die relevantesten Daten landen auf den kleinsten Speicheradressen, werden also am schnellsten gefunden.
Sie werden in mehreren Hierarchieebenen zusammengefasst. Objekte werden binär gespeichert. Die Metadaten im JSON-Format umfassen einen eindeutigen Identifikator, einen Zeitstempel und den Datenerzeuger. Sie liegen nicht auf der untersten Hierarchieebene, so dass man beim Suchen nicht auf diese durchgreifen muss. Das spart Zeit. Außerdem hat das System eine S3-Schnittstelle.
Auf dem Weg zum aktiven Archiv
Neu ist auch die Kombination von Harddisks oder SSDs mit Tape in einem System, das die gesamte Speicherhierarchie in einem Gerät abbildet. Actidata Ti-NAS QT, eine Lösung für kleine und mittlere Betriebe, kombiniert ein NAS mit fünf Laufwerksschächten mit einem LTO-Laufwerk. Eine ähnliche Lösung hat auch Eurostor auf den Markt gebracht. Eine speziell auf Datenobjekte zielende Kombination aus einem mit Festplatten-/SSD-Storage ausgerüsteten Gateway und Tape bietet Overland Tandberg an.
Letztlich ist das Ziel laut Tape Storage Council das „aktive Archiv“, das aus mehreren Storage-Medien mit Tape am Backend besteht. Dort können alle Datentypen gespeichert werden. Das Tape-Archiv wird durch intelligente Software gemanagt, die Daten werden getaggt und die Metadaten zur Suche verwendet. Um den Abruf zu beschleunigen, kombiniert man diese Lösung mit vorgelagerten NAS-Systemen, SSD- oder HDD-Lösungen.
Über die Autorin:
Ariane Rüdiger ist freie Redakteurin, Autorin und Moderatorin mit über 30 Jahren Erfahrung in verschiedenen Themenbereichen wie Telekommunikation, IT und IT-Management sowie Erneuerbare Energien/Nachhaltigkeit.
Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.