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Softwarelizenzen und Übertragbarkeit: Die Folgen des Brexit
Der Brexit hat Auswirkungen auf die Übertragung von Softwarelizenzen wie auch auf die Durchsetzung von Datenbankrechten für Unternehmen. Ein Überblick der Situation.
Software wird im Wesentlichen durch Rechte an geistigem Eigentum geschützt – und zwar hauptsächlich durch Urheberrechte. Als Großbritannien aus der Europäischen Union austrat, veränderte sich oberflächlich betrachtet zunächst einmal nichts, da Urheberrechte im Kern auf internationalen Abkommen beruhen. Alle Länder Europas – und tatsächlich sogar fast der ganzen Welt – haben diese internationalen Abkommen unterzeichnet, die das Urheberrecht weltweit in hohem Maße vereinheitlichen. Es gab nur wenig Spielraum für Veränderungen, nur weil Großbritannien aus der Europäischen Union austrat.
Nicht alle Länder der Welt erkennen rückhaltlos an, dass sich das Urheberrecht auch auf den Schutz von Software bezieht. Allerdings steht Software in Europa bereits seit 1993 unter uneingeschränktem Urheberschutz. In diesem Jahr trat die Harmonisierungsrichtlinie vom 14. Mai 1991 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen in Kraft, welche ohne wesentliche Änderungen am 23. April 2009 in einer gleichnamigen Richtlinie neu erlassen wurde. Durch diese Richtlinie wurde das Urheberrecht, das innerhalb der EU auch auf Software Anwendung findet, in noch höherem Maße harmonisiert, als es die bloße Unterzeichnung der internationalen Urheberrechtsabkommen erfordert.
Dennoch kam es bedingt durch den Brexit zu einigen Änderungen, die dazu führen, dass die der Harmonisierung dienenden Beschränkungen der Europäischen Union nicht mehr bindend sind. Die bedeutendste Änderung betrifft vermutlich den Weiterverkauf von Software. Als die Richtlinie seinerzeit verabschiedet wurde, wurde Software in den meisten Fällen auf physischen Datenträgern wie CDs bereitgestellt. Daher dürfte es nicht überraschen, dass man bei der Auslegung des EU-Rechts davon ausgeht, dass „gekaufte“ Software im Wesentlichen auf die gleiche Weise wie ein Buch behandelt werden kann. Die EU-Vorschriften sehen insbesondere vor, dass der ursprüngliche Lizenznehmer eine Kopie der Software an einen Dritten überall in der Europäischen Union übertragen kann, wenn er die Software nicht länger nutzt.
Damit ein Lizenznehmer eine Kopie der Software rechtmäßig an einen neuen Lizenznehmer übertragen kann, müssen lediglich folgende Bedingungen erfüllt werden:
- Die Kopie der Software muss ursprünglich durch den Eigentümer der Software, also den Lizenzgeber der Software, oder mit dessen Zustimmung in der Europäischen Union in Verkehr gebracht worden sein.
- Die Kopie und jede Sicherungskopie müssen vom früheren Lizenznehmer deinstalliert werden und dieser darf nicht länger in der Lage sein, diese zu nutzen.
- Die Lizenz muss „unbefristet“ übertragen werden – im Gegensatz zu einer Lizenz, die im Grunde nur „gemietet“ wird.
Bis zum 31. Dezember 2020 war Großbritannien natürlich noch Teil der Europäischen Union. Im Hinblick auf Software, die erstmals am oder vor dem 31. Dezember 2020 in Verkehr gebracht wurde, hat sich dies auch nicht geändert und es müssen lediglich die vorstehenden Bedingungen erfüllt werden.
Diese Regel gilt jedoch nur für die Europäische Union. Die Übertragung von Softwarekopien in und aus anderen Ländern wie etwa den USA ist hingegen nicht zulässig. Zu beachten ist dabei, dass der Eigentümer der Software keinesfalls in der Europäischen Union ansässig sein muss: Der Lizenznehmer könnte beispielsweise eine in Europa tätige US-Gesellschaft sein – es zählt allein der Ort, an dem die Software genutzt wird. Tatsächlich ist es ein Grundpfeiler der internationalen Urheberrechtsabkommen, dass die Bürger (und Unternehmen) aller Länder, die diese Abkommen unterzeichnen, gleich behandelt werden.
Die Auswirkungen des Brexit auf die Übertragbarkeit
Der Handelspakt, der im Dezember 2020 unterzeichnet wurde, war ein „weicher“ Brexit-Deal. Viele Bereiche (wie etwa die gesamte Dienstleistungsbranche) waren nicht einmal Teil des Abkommens. Die oben angesprochenen Übertragungsrechte, die unter den Fachbegriff „Erschöpfungsgrundsatz“ fallen, wurden durch den Brexit-Deal nicht ausdrücklich geändert.
Die Tatsache, dass die derzeitigen Regelungen nicht ausdrücklich geändert wurden, bedeutet eine große Veränderung, die sich schlicht daraus ergibt, dass das bisherige Recht weiterbesteht, Großbritannien jedoch aus der Europäischen Union ausgetreten ist. Wird die Kopie einer Software erstmals nach dem 31. Dezember 2020 in Großbritannien in Verkehr gebracht, so kann diese Kopie nicht in die Europäische Union eingeführt werden. In diesem Fall nämlich wird die erste der oben aufgeführten Bedingungen nicht länger erfüllt. Dieser Effekt ist jedoch nicht rückwirkend, das heißt, für eine Kopie, die vor 2021 erstmals in Großbritannien in Verkehr gebracht wurde, gilt tatsächlich weiterhin, dass sie erstmals in der Europäischen Union in Verkehr gebracht wurde Derartige Kopien können auch künftig innerhalb der Europäischen Union gehandelt werden. Aus Gründen der Vollständigkeit sei darauf hingewiesen, dass Softwarekopien, die zukünftig zum ersten Mal in Großbritannien in Verkehr gebracht werden, auch weiterhin in Großbritannien gehandelt werden können, da das Land dafür Sorge getragen hat, dass das Gebiet, für das der Erschöpfungsgrundsatz gilt, weiterbesteht und für die gesamte Europäische Union gilt.
„Wird die Kopie einer Software erstmals nach dem 31. Dezember 2020 in Großbritannien in Verkehr gebracht, so kann diese Kopie nicht in die Europäische Union eingeführt werden.“
Dai Davis, Percy Crow Davis & Co
Tatsächlich hat Großbritannien die eigene Interpretation des Erschöpfungsgrundsatzes ausgeweitet und die Definition von „Erschöpfung“ einseitig so erweitert, dass ganz Europa darunter fällt. Die umgekehrte Situation ist also eine andere: Wenn in der Zukunft eine neue Softwarekopie erstmals in der Europäischen Union in Verkehr gebracht wird, kann diese dennoch nach Großbritannien eingeführt werden.
Grundlegendes zu Datenbankrechten
Im Rahmen der EU-Vorschriften haben die Hersteller von Datenbanken (das heißt diejenigen, die eine Datenbank erstellen) das Recht, die Entnahme oder Weiterverwendung der Inhalte ihrer Datenbanken oder wesentlicher Teile hiervon zu untersagen. Die entsprechenden Regelungen finden Anwendung auf Datenbanken, die am oder nach dem 1. Januar 1998 erstellt wurden, und gelten nur für die Europäische Union, das heißt, sie basieren nicht auf einem internationalen Abkommen.
Zu diesem Zweck müssen Datenbanken Auswahlelemente aufweisen. Zudem erfordert der Aufbau die Investition von Zeit und Geld. Eine Datenbank könnte so zum Beispiel aus den Ereignissen bei einem Fußballspiel bestehen, wie etwa den Eck-, Frei- und Strafstößen sowie Toren, oder aus einer Liste von Computerprogrammen mit einem Überblick über ihre jeweiligen Funktionen.
Die Rechte, die durch die Vorschriften der EU eingeräumt werden, gelten für 15 Jahre ab dem Erstellungsdatum der Datenbank. Bereits die systematische Extraktion oder Wiederverwertung unwesentlicher Inhalte der Datenbank führen zu einem Verstoß gegen diese Rechte. Eine wesentliche Änderung des Inhalts einer Datenbank, die als eine „wesentliche Neuinvestition“ zu betrachten ist, zieht eine neue Schutzdauer nach sich, die über die ursprünglichen 15 Jahre hinausgeht. So ist es vorstellbar, dass der Schutz einer Datenbank für einen sehr langen Zeitraum gilt, sofern regelmäßig „wesentliche Neuinvestitionen“ in die Datenbank vorgenommen werden. Dies dürfte bei kommerziellen Datenbanken grundsätzlich der Fall sein, da diese kontinuierlich aktualisiert werden.
Wichtig ist, dass eine wesentliche Investition in die Beschaffung, Überprüfung oder Darstellung des Inhalts einer Datenbank getätigt worden sein muss. Eine weitere Voraussetzung besteht darin, dass die natürliche oder juristische Person, die die Datenbank geschaffen hat, Staatsangehöriger eines EU-Mitgliedstaates beziehungsweise entsprechend den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates gegründet und dort für wirtschaftliche Zwecke ansässig sein muss, damit ihre Datenbankrechte innerhalb der Europäischen Union durchsetzbar sind.
Datenbankrechte nach dem Brexit
Zunächst fällt auf, dass im Vorangegangenen stets von „werden“ gesprochen wurde. Ist die natürliche oder juristische Person, die Eigentümerin an Datenbankrechten ist, nicht länger ein Staatsbürger oder ein Unternehmen eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, so verliert sie diese Datenbankrechte. Wenn ein Unternehmen also seinen Sitz und sein Vermögen in ein Land verlegt, das kein Mitgliedstaat ist, wie etwa die USA, dann verliert es seine Datenbankrechte.
Leider ist nicht vollkommen klar, ob der „weiche“ Brexit-Handelspakt auch sicherstellt, dass britische Bürger und Unternehmen ihre Datenbankrechte behalten werden, nachdem Großbritannien nun kein Mitglied der Europäischen Union mehr ist. Zwar war es eindeutig das Ziel des Brexit-Deals, dass britische Bürger und Unternehmen ihre Datenbankrechte behalten, allerdings gibt es mindestens ein Argument, das dagegen spricht.
Bürger und Unternehmen der Europäischen Union werden innerhalb Großbritanniens – wie britische Bürger und Unternehmen – weiterhin durchsetzbare Datenbankrechte genießen, da dieser Fortbestand ihrer Rechte ausdrücklich und unmissverständlich im ursprünglichen Austrittsabkommen vom Januar 2020 vereinbart worden war.
Umgekehrt ist die Situation für britische Bürger und Unternehmen deutlich komplexer und es können keine definitiven Aussagen getroffen werden. Durch die damit verbundene Unsicherheit ist ein Nachteil für britische Unternehmen entstanden. Sollte ein britischer Bürger oder ein britisches Unternehmen seine Datenbankrechte in Europa durchsetzen wollen, kann durchaus das Argument vorgebracht werden, dass seine Datenbankrechte in Europa nicht länger gelten.
„Bürger und Unternehmen der Europäischen Union werden innerhalb Großbritanniens – wie britische Bürger und Unternehmen – weiterhin durchsetzbare Datenbankrechte genießen.“
Oliver M. Habel, tecLEGAL Habel Rechtsanwälte
Darüber hinaus hängt die Durchsetzbarkeit gegebenenfalls auch von der rechtlichen Lage in dem betreffenden Mitgliedstaat ab, in dem der Bürger oder das Unternehmen sein Datenbankrecht durchsetzen möchte. Die europäische Rechtsetzung ist in einer Richtlinie von 1996 verankert. Jede Richtlinie muss zu ihrem Inkrafttreten in nationales Recht umgesetzt werden. Der Wortlaut der deutschen Umsetzung dieser Richtlinie ließe sich beispielsweise so interpretieren, dass es ausreicht, wenn der Eigentümer einer Datenbank lediglich zum Zeitpunkt der Erstellung der Datenbank innerhalb der Europäischen Union ansässig war. Es wird argumentiert, dass das Recht am geistigen Eigentum der Datenbank faktisch durch die Erstellung der Datenbank in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union begründet wurde. Der Verlust dieser Rechte aufgrund eines Austritts aus der Europäischen Union käme einer Enteignung gleich. Dennoch bleibt die Frage offen, ob die Bedingung, dass der Eigentümer eines in der Europäischen Union bestehenden Rechts am geistigen Eigentum einer Datenbank zum Zeitpunkt der Durchsetzung dieses Datenbankrechts in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässig sein muss, trotzdem erfüllt werden muss. In Deutschland gäbe es vielleicht eine Möglichkeit, wie ein britisches Datenbankrecht dennoch umgesetzt werden kann – nämlich durch die Geltendmachung von § 124 Urheberrechtsgesetz - der ausländischen Staatsangehörigen urheberrechtlichen Schutz gewährt.
Schließlich lässt sich sagen, dass die Lage für britische Datenbanken abgesehen von der eben genannten Alternative im besten Falle unbefriedigend unklar ist und im schlimmsten Fall kein Schutz für britische Datenbanken in der Europäischen Union mehr besteht. In beiden Fällen spiegelt sie nicht das vereinbarte Ziel der politischen Erklärung wider, die im Oktober 2019 zwischen der Europäischen Union und Großbritannien getroffen wurde und die Verpflichtung vorsah, „das derzeitige hohe Schutzniveau, das die Parteien […] dem Datenbankrecht […] gewähren“ zu bewahren.
Im Übrigen ist zu betonen: Datenbankrechte gewinnen – und verlieren nicht – an Bedeutung. Dies ist auf den Einsatz künstlicher Intelligenz zur Erstellung von Datenbanken zurückzuführen. Ein Beispiel hierfür wären computergenerierte Datenbanken für Eiweißmoleküle und ihre wahrscheinlichen Eigenschaften. Es ist gelinde gesagt bedauerlich, dass britische Unternehmen zukünftig bei der Verwertung von Datenbanken einen rechtlichen Nachteil haben könnten.
Über die Autoren:
Dai Davis ist Solicitor bei Percy Crow Davis & Co, Leeds, England, und Oliver M. Habel, Ph.D., tecLEGAL Habel Rechtsanwälte, München, Deutschland.
Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.