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So gestalten Tech-Unternehmen erfolgreiche Gender Equality
Gender Equality kann nicht nur das Missverhältnis zwischen männlichen und weiblichen Angestellten in Technologieunternehmen verbessern, sondern auch Fachkräftemangel reduzieren.
In deutschen Unternehmen besteht bei MINT-Berufen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) von jeher ein gewaltiges Missverhältnis zwischen männlichen und weiblichen Angestellten. Das ändert sich aktuell nur langsam. Doch bedingt durch demografische Veränderungen und Fachkräftemangel sind hochqualifizierte Frauen in der IT-Branche immer stärker gefragt, denn ohne sie werden es Betriebe in Zukunft schwer haben, wettbewerbsfähig zu bleiben.
Laut dem Informationsdienst des Instituts der deutschen Wirtschaft beschäftigten 2022 nur rund 16 Prozent aller Firmen Frauen in MINT-Berufen. Eine Bitkom-Studie ermittelte im selben Jahr bei nur sieben Prozent der deutschen IT-Unternehmen einen Frauenanteil zwischen 25 und 50 Prozent, bei drei Viertel der Betriebe von weniger als 25 Prozent. Elf Prozent hatten sogar überhaupt keine weiblichen Angestellten. Es herrscht also dringender Nachholbedarf.
Die ungleiche Geschlechterverteilung hat ihre Gründe
Der gravierende Mangel an Frauen in MINT-Berufen wurde von vielen lange Zeit als naturgegeben dargestellt. Selbst für Experten lagen die Ursachen in den geschlechtsbedingten Veranlagungen von Frauen sowie in ihren sich von Männern unterscheidenden Wesensmerkmale, Neigungen und Entscheidungen. Doch dieser Anachronismus liegt in unserer heutigen Gesellschaft größtenteils hinter uns.
Tatsächlich werden Mädchen und Frauen nicht durch ihr Geschlecht geprägt, sondern vielmehr durch ihre Geschlechterrolle. In diese drängt sie die Gesellschaft schon früh – im Elternhaus, in der Schule und in ihrem sozialen Umfeld: Stichwort Frau als Caretaker. Für MINT-Berufe eröffnen sich darüber hinaus noch zusätzliche Hürden. Besonders in diesen Branchen mangelt es an weiblichen Vorbildern und soziokultureller Unterstützung.
Wertschätzung, Toleranz und Gleichberechtigung
Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels, der Generation der Babyboomer, die jetzt in Rente gehen, niedrige Geburtenzahlen und dem daraus resultierenden Fachkräftemangel sind jetzt jedoch nicht nur Schul-, Berufs- und universitäre Ausbildungen gefragt. Auch Arbeitgeber selbst können gar nicht anders, als Frauen bessere Ein- und Aufstiegsmöglichkeiten sowie eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu bieten. Ansonsten scheiden sie für Millionen hochqualifizierter Frauen als potenzielle Arbeitgeber aus. Gerade bei der Stellenbesetzung in MINT-Berufen stehen Unternehmen daher vor gewaltigen Herausforderungen, denn sie müssen nicht nur ihre Wunschkandidatinnen mit guten Argumenten überzeugen, um sie zu gewinnen. Sie müssen vor allem eine nachhaltige, offene, inkludierende Unternehmenskultur entwickeln und aktiv vorleben, um Versprechen auch zu halten. Die Lösung dafür heißt Gender Equality.
Gender Equality ist, ähnlich dem Employer Branding, ein unternehmensstrategischer Ansatz. Der Begriff bezeichnet eine nach allen Seiten hin wertschätzende Firmenphilosophie, initiiert und vorgelebt von der Führungsebene und getragen von der gesamten Belegschaft. In einem toleranten Arbeitsumfeld können sich Menschen aller Geschlechter optimal entwickeln. Belästigungen und Beleidigungen werden nicht akzeptiert.
Das Engagement für Diversität, Inklusion und Zugehörigkeit muss dafür fest im Wertesystem des Unternehmens verankert sein. Bei beruflichen Aufstiegschancen herrscht der Gleichheitsgrundsatz, Individualität ist kein Manko mehr. Vor allem jüngere Bewerberinnen legen Wert auf faire Überstundenregelungen, Zeit für die Familie und Burnout-Vermeidung. Allein schon dieser Umstand sollte Unternehmen anhalten, sich ständig zu hinterfragen und weiterzuentwickeln.
Vorreiter einer erfolgreichen Gender Equality
Mit einer Gender-Equality-Politik nur als Feigenblatt nach außen werden nach meiner Erfahrung Unternehmen bald ihre offenen Positionen nicht mehr mit qualifizierten Frauen füllen können. Wir bei NetApp verfolgen deshalb einen anderen Ansatz und zielen seit Jahren darauf ab, mit positiven Werten eine offene Mitarbeiterinnen-Kultur zu gestalten, die aus der Vielseitigkeit heraus Stärke gewinnt, um eine echte Gleichberechtigung zu erreichen.
Dank besonderer Anreize und Maßnahmen für Kandidatinnen und Mitarbeiterinnen wollen wir eine Vorreiterrolle beim Thema Gender Equality einnehmen. Damit vermitteln wir ein Gefühl von Wertschätzung, etablieren motivierte und Identität stiftende Denkweisen, bauen die Führungs- und Innovationsfähigkeit aus und fördern die persönliche und berufliche Entwicklung. Davon profitiert die gesamte Unternehmensmarke NetApp und mit ihr auch unsere männlichen Angestellten.
Im Rahmen des Employer Brandings unterstützt unsere Gender Equality das Recruitment. Wir nehmen aktiv an Karrieretagen und Career-Netzwerken teil. Potenzielle Bewerberinnen werden auf Messen und in Panel-Diskussionen über ihre Ein- und Aufstiegsmöglichkeiten informiert. Bei dieser Gelegenheit stellen wir ihnen ausführlich und individuell unsere Gender-Equality-Strategie vor. Auch Innovationen und moderne Methoden haben das Potenzial zu überzeugen. Zusammen mit dem Fraunhofer-Institut richten wir beispielsweise Hackathons aus, wo unsere Technologie in digitalen Zwillingen zur Verbesserung der medizinischen Versorgung beiträgt. Mit interessanten Projekten gewinnt man eben auch Interessentinnen.
„Gender Equality ist, ähnlich dem Employer Branding, ein unternehmensstrategischer Ansatz. Der Begriff bezeichnet eine nach allen Seiten hin wertschätzende Firmenphilosophie, initiiert und vorgelebt von der Führungsebene und getragen von der gesamten Belegschaft. In einem toleranten Arbeitsumfeld können sich Menschen aller Geschlechter optimal entwickeln. Belästigungen und Beleidigungen werden nicht akzeptiert.“
Begoña Jara, NetApp
Es ist kein Geheimnis, dass junge, gut ausgebildete Nachwuchskräfte ihre eigenen Ansprüche an moderne Arbeitsplätze stellen. Daher ist flexibles, familienfreundliches Arbeiten unser Standard, inklusive Ausstattung, Vertrauensvorschuss und individuellen Elternzeitmodellen. Wir arbeiten präventiv mit speziellen Schulungen, Mitarbeiterinnen durchlaufen jährlich einen Code of Conduct, der sie auch über Unterstützungsprogramme informiert. Wenn etwas vorfällt, steht das Unternehmen hinter ihnen.
Unser Unternehmen fördert zudem das Networking seiner Mitarbeitenden mit individuellen Coaching- und Fördermaßnahmen. Ein spezielles Absolventinnenprogramm für Nachwuchskräfte stellt den Teilnehmenden alle Bereiche des Unternehmens vor und intensiviert den Austausch unter Gleichgesinnten. Ein Netzwerk aus Mentoren und Mentorinnen bestärkt, motiviert und steigert Wachstumspotenziale. Auf Plattformen wie herCAREER können Frauen sich unternehmensübergreifend austauschen und werden gleichzeitig mit Angeboten unterstützt. Weitere Beispiele sind Mitarbeitergruppen wie Women in Technology und Latinos United at NetApp.
Natürlich werden auch Maßnahmen für Führungskräfte angeboten wie beispielsweise Trainings, die sie rund um das Thema Diversität weiterbilden. Bei uns schafft die Führung eine Arbeitsumgebung mit offenem Diskurs, der bis zum CEO gelebt wird. Alle Führungskräfte engagieren sich für eine Kultur, die auf Integration und Respekt beruht, Voreingenommenheit reduziert sowie Transparenz, Offenheit und Gleichberechtigung fördert.
Über die Autorin:
Begoña Jara ist seit Juli 2023 Vice President für Deutschland bei NetApp. Die erfahrene Vertriebsleiterin in der Datenindustrie und angesehene Universitätsdozentin für Management- und Führungsthemen leitet dort Vertrieb in Deutschland und Österreich. Begoña Jara stammt gebürtig aus Madrid und hat an der U.N.E.D. Spain in International Relations promoviert und hält einen Executive MBA der Universidad Pontificia de Comillas (ICADE). Sie hat viele Jahre in Spanien, Frankreich und England gelebt und gearbeitet, und wohnt nun mit ihrer Familie in München.
Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.