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SDM: Mainframe-Anwendungen auf anderen Systemen ausführen
Mit Hilfe des Ansatzes Software Defined Mainframe ist es Unternehmen möglich, entsprechende Legacy-Anwendungen in x86-Linux-Umgebungen oder in der Cloud auszuführen.
Für Unternehmen stellt die Abhängigkeit von Legacy-Anwendungen eine große Herausforderung dar. Dies gilt insbesondere für die Anwendungen, die auf dem Mainframe ausgeführt werden. Überdies hinaus scheitern manche Migrationsprojekte weg vom Großrechner unter anderem an Rekompilierungs- und Interdependenzproblemen. Dabei brauchen Unternehmen diese unternehmenskritischen Anwendungen, um ihren Geschäften nachzugehen. Daher scheuen sie oft davor zurück, Änderungen an ihren zugrundeliegenden Anwendungen oder Daten durchzuführen.
Abhilfe kann in diesen Fällen der Einsatz eines Software Defined Mainframes (SDM) bieten. Diese Umgebung ermöglicht es, Mainframe-Anwendungen in einer binär-kompatiblen Form in einer x86-Linux-Umgebung oder in der Cloud auszuführen. So laufen Anwendungen und Daten wie bisher unverändert weiter als wären sie auf dem Mainframe – lediglich befreit von seinem vormals restriktiven Umfeld – und ohne die andernfalls damit verbundenen Migrationsrisiken.
Möglich wird dies durch zwei Schlüsselkomponenten:
- Die Mainframe-APIs (binäre Signatur und Semantik) stehen für die Anwendung zur Verfügung.
- Ein Container, der den alten Code umgibt, lässt ihn wie eine Standard-Linux-Anwendung (normale Prozesse und Threads etc.) in der neuen Umgebung erscheinen.
Ziel dieser Technologie ist es, dass der SDM seine Arbeit so unauffällig wie möglich im Hintergrund verrichtet. Dies lässt sich folgendermaßen bewerkstelligen:
- Die Leistung moderner x86-Server wird für die Ausführung von unternehmensweiten Workloads, einschließlich der Bereitstellung der Cloud-Infrastruktur, genutzt.
- Re-Hostingkosten und -risiken halten sich auf einem möglichst niedrigen Niveau. Vorhandene Workloads werden ohne neu zu kompilieren ausgeführt.
- Der SDM stellt eine Container-Umgebung für den Betrieb von Mainframe-Anwendungen zur Verfügung. Alle anderen Anwendungen nutzen Linux- und Open-Source-Umgebungen.
Auf einem starken Fundament
Der SDM muss so kompakt wie möglich sein, um eine Verbindung zwischen von der Anwendung benötigten APIs und den ihnen entsprechenden Linux-Funktionen bereitzustellen. Damit gestattet er die Nutzung der doch erheblichen Leistungs- und Kostenvorteile von Linux und ganz allgemein von Open-Source-Software.
Weshalb dann das Rad neu erfinden, indem ein relationales Datenbank-Management-System erstellt wird, um Legacy-Anforderungen zu erfüllen, wenn eine spezielle Anpassungsschicht auf PostgreSQL genügt, welches äquivalente Funktionalitäten bietet wie das vorherige RDBMS?
Der SDM hilft auch bei der Bewältigung des wichtigen Themas der IT-Legacy-Kompetenz in der Mainframe-Wartung, denn die Experten sterben aus. Immerhin erschienen Großrechner erstmals 1964 auf dem Markt. Viele der IT-Spezialisten, die den Großteil ihrer Karriere auf dieser Plattform verbrachten, marschieren unaufhaltsam in den Ruhestand.
„Der SDM muss so kompakt wie möglich sein, um eine Verbindung zwischen von der Anwendung benötigten APIs und den ihnen entsprechenden Linux-Funktionen bereitzustellen.“
Dale Vecchio, LzLabs
Jüngere Generationen von IT-Mitarbeitern waren bisher zurückhaltend bei dem Umgang mit Legacy-Technologien und interessieren sich mehr für neue Entwicklungsparadigmen wie Cloud, Agil, DevOps und Microservices. Der SDM verbindet nun die Vergangenheit mit der Gegenwart. Er ermöglicht es, die alten, noch funktionsfähigen Programme am Laufen zu halten. Die Mainframes müssen nun von jungen Absolventen bedient werden, die mit dem Internet und Mobiltelefonen aufgewachsen sind.
Alt und neu verbinden
Über die klassische Oberfläche des „grünen Bildschirms“ hinaus ermöglicht der SDM den Einsatz attraktiver Webkonsolen, um diese neue Umgebung zu überwachen und zu administrieren. Traditionelle Mainframe-Mitarbeiter finden ihre gewohnte Umgebung bei Transaktionen, Jobs, Schritte oder JCL vor und können ihr Wissen vor der Pensionierung leichter an jüngere IT-Mitarbeiter weitergeben. Falls diese Legacy-Technologien in einer reichhaltigen, grafischen und webbasierten Form präsentiert werden, können jüngere IT-Mitarbeiter die Anwendungen leicht verstehen und anwenden.
Wenn es um das Datenbank-Management geht, hat das Arbeiten in dieser Umgebung weitere Vorteile: Der System-DBA muss sich nicht auf den Hersteller des RDBMS verlassen. Sie können daher alle gängigen und vertrauten PostgreSQL-Tools wie etwa PgAdmin aus der Open-Source-Welt nutzen, um diese Mainframe-Legacy-Datenspeicher zu verwalten.
Die Einführung einer Mainframe-Container-Lösung auf einer Linux-Server-Landschaft vereint das Beste beider Welten. Einerseits konzentriert sich der SDM auf die Abbildung dessen, was einen Mainframe wirklich ausmacht – eine in sich schlüssige Arbeitsumgebung für bestehende Kundenapplikationen zu schaffen und Investitionen der Unternehmen darin in Millionenhöhe, die bis dahin in die Entwicklung und Wartung geflossen sind, nachhaltig zu sichern. Andererseits kann auf das breite Portfolio von Open-Source-Anwendungen beispielsweise mit ihrer Stärke im System-Management zugegriffen werden. Der minimalistische Ansatz bei der Entwicklung des SDM ist folglich von entscheidender Bedeutung – er fördert einen reibungslosen Übergang zu den neuesten IT-Architekturen für unternehmenskritische Anwendungen.
Nicht zuletzt dadurch wird die SDM-Umgebung durch den Einsatz von häufigeren Open-Source-Technologien für neue Mitarbeiter vertrauter, da sie auf die neuesten Entwicklungen setzt. Dies erhöht die Attraktivität der im Unternehmen eingesetzten Systeme und erleichtert die Suche nach neuen Talenten. Denn darüber können diese die Legacy-Systeme mittels einer interaktiven Benutzeroberfläche weiterentwickeln – ein Ausweg aus der drohenden Verknappung an erfahrenen IT-Experten.
Über den Autor:
Dale Vecchio ist Chief Marketing Officer bei LzLabs. Er war 18 Jahre lang als Research Vice President bei Gartner tätig, wo er sich auf Strategien zur Modernisierung von Anwendungsportfolios spezialisierte. Bevor er einer der weltweit führenden Analysten im Bereich der Anwendungsmodernisierung wurde, begann Dale seine Karriere als Mainframe-Anwendungsentwickler und wurde später zum Systemprogrammierer, Direktor und Vice President of Marketing bei einer Reihe von Technologieunternehmen.
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