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SAP S/4HANA: worauf beim Umstieg zu achten ist
Bestehende SAP-Systeme in Unternehmen haben in ein paar Jahren ausgedient und die Umstellung auf SAP S/4HANA ist notwendig. Der Umstieg ist allerdings komplex.
SAP S/4HANA unterstützt Unternehmen, die digitale Transformation voranzutreiben, produktiver zu agieren und fundierte, datengetriebene Entscheidungen zu treffen. Zentral hierfür ist die In-Memory-Technologie HANA, welche die Auswertung riesiger Datenmengen in Echtzeit und mit hoher Performance ermöglicht. In Zeiten von Big Data und Industrie 4.0 können Prozesse damit beschleunigt werden. Zugleich bietet S/4HANA integrierte KI und Prozessautomatisierung.
Der Umstieg auf SAP S/4HANA ist allerdings mehr als nur eine Option. Ende 2027 stellt SAP den Mainstream Support für die Kernanwendungen seiner Business Suite 7 ein. Bis Ende 2030 ist eine optionale Wartung möglich – zu einem moderat höheren Preis. Wer aber den Wechsel zu lange hinauszögert, steht am Ende womöglich vor größeren Problemen, denn die Migration ist ein komplexer Vorgang.
Viele Unternehmen planen eine späte Migration, manche gar ab 2026. Sie sollten aber besser jetzt beginnen, den Status quo zu erfassen und zu bewerten – und dann einen groben Projektplan zu erstellen. Je nach individueller Ausgestaltung der SAP-Infrastruktur und diversen Iterationen können die Projektlaufzeiten einige Jahre betragen. Lieber stoßen sie den Wechsel jetzt an, als in ein paar Jahren festzustellen, dass die Zeit nicht mehr ausreicht.
Herausforderungen und Chancen der Migration
Die SAP-Umgebung ist in vielen Unternehmen im Verlauf der Jahre immer weiter individualisiert worden. Das macht sie unübersichtlich und jede Änderung im SAP-System muss genau geprüft werden, damit noch alles funktioniert. Selbst mit hohem Automatisierungsgrad ist es eine Herausforderung, diese Landschaften mit allen Anpassungen in den nächsten fünf Jahren umzustellen.
Die Einführung von SAP S/4HANA bietet aber gleichzeitig die Chance, Prozesse zu überprüfen, zu verschlanken und Systeme zusammenzuführen. Manche Firmen betreiben mehrere ERP-Systeme parallel, die sie bei Akquisitionen übernommen haben. Andere schleppen veraltete Bestands- und Bewegungsdaten der letzten 20 Jahre mit und wissen häufig gar nicht, was Fachabteilungen überhaupt noch nutzen. Mit den richtigen Tools lassen sich jedoch ungenutzte Datenbestände identifizieren, Bestandsdaten bereinigen und Bewegungsdaten archivieren.
RISE with SAP oder Managed Services Provider
SAP S/4HANA ist zwar auch für den On-Premises-Betrieb verfügbar. Die meisten Unternehmen wählen aber die Cloud-Version: Diese reduziert den IT-Aufwand im eigenen Haus, senkt Kosten und lässt sich flexibler skalieren. Hyperscaler wie Microsoft Azure, Googles Cloud Platform (GCP) oder Amazon Web Services (AWS) bieten zudem meist bessere Sicherheitsvorkehrungen.
Bei der Verwendung von SAP S/4HANA in der Cloud haben Firmen zwei Möglichkeiten:
- Sie nutzen das SAP-Angebot RISE with SAP. Dazu gehört ein Cloud ERP, welches in einem SAP-Rechenzentrum oder bei einem Hyperscaler gehostet wird. SAP übernimmt den technischen Support und die Betriebsverantwortung. Zugleich bekommen Kunden einen zum Teil beschränkten Zugang zu anderen, sonst kostenpflichtigen SAP-Tools.
- Sie beziehen die SAP S/4HANA-Cloud-Umgebung von einem Managed Services Provider (MSP).
Mögliche Fallstricke von RISE with SAP
Für welche Variante sie sich entscheiden, sollten Unternehmen genau prüfen. Denn das SAP-Paket ist einerseits umfassend, enthält andererseits aber Einschränkungen. Inkludiert sind Basisbetrieb und Support für eine SAP-Plattform, nicht aber die Peripherie. SAP-Systeme sind jedoch oft tief in die IT des Unternehmens integriert. Bei Störungen müssen Firmen zuerst herausfinden, ob der Fehler in der Peripherie, der SAP-Plattform oder den Schnittstellen liegt.
„Die Einführung von SAP S/4HANA bietet die Chance, Prozesse zu überprüfen, zu verschlanken und Systeme zusammenzuführen.“
Sören Genzler, SoftwareONE
Ein weiteres wichtiges Thema ist das möglicherweise notwendige Customizing der SAP-Plattform. RISE with SAP setzt auf Standards statt auf Individualisierung. Das kann für schlanke Prozesse sinnvoll sein. Aber einige spezifische Anpassungen benötigen Unternehmen vielleicht weiterhin. Sie sollten darum prüfen, welche Einstellungen RISE with SAP erlaubt. Eventuelle Lücken müssen sie aufwendig selbst schließen. Obendrein müssen sich Kunden mit RISE with SAP mindestens drei Jahre lang an einen Vertrag binden.
Womit externe Dienstleisten punkten
Auch wenn sich Unternehmen für RISE with SAP entscheiden, benötigen sie wahrscheinlich die Unterstützung durch MSP in unterschiedlichen Bereichen. Verschiedene Ansprechpartner können aber zu Verzögerungen und Koordinationsproblemen führen. Zudem bietet RISE weniger Managed Services als Dienstleister. Optimal ist es darum, sowohl den Betrieb der S/4HANA-Cloud-Umgebung als auch die Betreuung der Peripherie und weiterer Services von einem einzigen MSP zu beziehen und Reibungsverluste zu minimieren.
Idealerweise handelt es sich um einen Dienstleister, der Rundumservice aus einer Hand bietet. Statt verschiedener Ansprechpartner für unterschiedliche Probleme kümmert sich dann einer um alle Aufgaben. Der Anbieter sollte unbedingt SAP- und Cloud-Expertise sowie Erfahrung mit diversen Hyperscalern mitbringen. Ein solcher Dienstleister berät im Vorfeld und hilft, den eigenen Bedarf zu analysieren sowie den passenden Hyperscaler auszuwählen. Danach unterstützt er bei Migration sowie Einrichtung und Betrieb der SAP S/4HANA Cloud. Ebenso übernimmt er weitere Aufgaben im Managed Service und betreut bei Bedarf die komplette IT-Infrastruktur.
Es hat weitere Vorteile, wenn Unternehmen einen Dienstleister beauftragen: Nur bei einer von einem MSP betriebenen SAP S/4HANA Cloud lassen sich individuelle Verträge mit Hyperscalern und Dienstleistern aushandeln. Auch können dabei Lizenzen über die gesamte IT-Infrastruktur hinweg optimiert werden.
Fazit
Wollen Unternehmen die Digitalisierung vorantreiben und mehr aus ihren Daten herausholen, sollten sie zu SAP S/4HANA migrieren, und das lieber früher als später. Denn mit der Plattform können sie ihr Potenzial verbessern und innovativer arbeiten – und sich so Vorteile im Wettbewerb verschaffen.
Über den Autor:
Seit 2021 ist Sören Genzler für die SAP Solutions bei SoftwareONE in der DACH-Region tätig. Zuvor war er acht Jahre als SAP – SystemX Alliancemanagement EMEA bei IBM – später Lenovo – beschäftigt. Auch in den Bereichen Infrastruktur, Datenbankentwicklung sowie Administration kann er langjährige Kenntnisse aufweisen. Insgesamt blickt er auf über 25 Jahre Erfahrung in der IT-Branche zurück.
Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.