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Pakt für klimaneutrale Rechenzentren: Die Uhr tickt

Bis 2030 müssen Rechenzentren strenge Auflagen für die Klimaneutralität erfüllen. Viele Unternehmen stellt das vor enorme Herausforderungen und der Countdown läuft.

Ist das Glas halb voll oder halb leer? Sind acht Jahre viel Zeit oder wenig? Genau: Es kommt drauf an. Wenn es darum geht, den Pakt für klimaneutrale Rechenzentren (Climate Neutral Data Centre Pact, CNDCP) zu erfüllen, sind acht Jahre wenig Zeit. Ich bin davon überzeugt, dass vielen Organisationen in unserer Branche noch viel Arbeit ins Haus steht.

Der Sektor durchlebte in den letzten Jahren durch die Auswirkungen von Covid-19 und einen rasanten Anstieg der weltweiten Rechenkapazitäten eine herausfordernde Phase. Es erscheint daher nachvollziehbar, dass Rechenzentrumsbetreiber den CNDCP in dieser Zeit nicht als Schwerpunkt behandelten. Immerhin scheint 2030 noch in weiter Ferne zu liegen. Fällt das zögerliche Handeln manchen mittelfristig auf die Füße?

Alte Rechenzentren sind ein Problem

Der CNDCP verpflichtet die Unterzeichner, an den vor 2025 errichteten Standorten eine Stromverbrauchseffektivität (PUE) von 1,3 bis 1,4 zu erreichen. Schätzungen zufolge sind rund 60 Prozent der Rechenzentren in Europa älter als achtzehn Jahre. Diese „Oldtimer“ arbeiten oft mit PUE-Werten von 2,0 oder mehr. In ihrer jetzigen Form sind sie darum weit von dem geforderten Standard entfernt und verstoßen gegen die CNDCP-Verpflichtungen. Außerdem werden sie für Nutzer, die auf den Einsatz nachhaltiger Energien und CO2-Neutralität achten, immer unattraktiver. Die Modernisierung dieser Rechenzentren ist eine Herausforderung. Das gilt insbesondere für diejenigen mit hohen Verfügbarkeitsanforderungen. Diese erfordern erfahrene Planungs- und Bauteams, die eng mit den operativen Teams zusammenarbeiten, um die erforderlichen Änderungen an der technischen Infrastruktur ohne Betriebsunterbrechung durchzuführen.

Die einfachste Lösung besteht vermeintlich darin, das Gebäude abzureißen, zu einem Zeitpunkt vor dem Stichtag Ersatz zu errichten und die IT-Prozesse in einem kontrollierten Prozess an den neuen Standort zu migrieren. In der Realität ist dies jedoch oft nicht die beste Lösung, weil die ursprüngliche finanzielle Planung für diese Standorte oft an eine Lebenserwartung der strukturellen und architektonischen Elemente von sechzig Jahren gekoppelt ist.

Wiederaufbau verursacht Emissionen

Abriss und Neubau sind zudem mit signifikanter CO2-Belastung verbunden. Ein erheblicher Teil der Bauarbeiten umfasst die Verwendung von energiedichtem Beton und Stahl. Dies bedeutet, dass die Sanierung einer bestehenden Einrichtung bis zu 70 bis 80 Prozent der CO2-Produktion eines Neubaus einspart. Eine Modernisierung und Erneuerung kritischer Infrastrukturen kann zudem zu einer effizienteren Nutzung der vorhandenen Stromversorgung führen. Diese kann für eine höhere Dichte und wachsende IT-Lasten genutzt werden, zum Beispiel durch den Austausch von USV-Anlagen oder Änderungen der Kühltechniken.

Tommy Ziegler, Cisco AppDynamics

„ Die Modernisierung älterer Rechenzentren ist eine Herausforderung. Das gilt besonders für diejenigen mit hohen Verfügbarkeitsanforderungen. Diese erfordern erfahrene Planungs- und Bauteams, die eng mit den operativen Teams zusammenarbeiten.“

Simon Harris, BCS

Diese Art von Eingriffen lässt sich in Tier-3-Einrichtungen, die über zwei gleichzeitig zu wartende Strom- und Kühlpfade verfügen, leichter durchführen – auch wenn die Arbeiten eine sorgfältige Planung und eine rechtzeitige Ausführung erfordern. Jedenfalls lassen sich so die Herausforderungen der Stromverfügbarkeit bewältigen und bessere PUE-Werte realisieren.

Die PUE-Grenzwerte sind jedoch nicht die einzige Herausforderung, die der CNDCP mit sich bringt. Der Pakt verlangt, dass der Strombedarf von Rechenzentren bis Ende 2025 zu 75 Prozent durch erneuerbare Energien oder CO2-neutrale Energie gedeckt werden muss, bis Ende 2030 sogar zu 100 Prozent. Diese Anforderungen sind besonders schwer zu erfüllen, weil in diesem Zeitraum die Nachfrage nach erneuerbaren Ressourcen aufgrund des Wachstums von Big Data sowie der Dekarbonisierung von Industrie, Handel, Verkehr und privaten Verbrauchern allgemein steigen wird.

Die gute Nachricht ist, dass sich mit den beschriebenen Erneuerungen erhebliche Verbesserungen der Energieeffizienz erzielen lassen. Noch haben Rechenzentrumsbetreiber Zeit, entsprechende Maßnahmen in Angriff zu nehmen. Die Uhr tickt allerdings sehr vernehmlich.

Über den Autor: Ein Kommentar von Simon Harris ist Head of Critical Infrastructure bei BCS (Business Critical Solutions). Simon Harris leitet die Abteilung für kritische Infrastrukturen bei BCS und ist Fellow der Royal Institution of Chartered Surveyors. Harris hat für Kunden in Großbritannien und Europa Kosten- und Projektmanagementdienstleistungen erbracht für spezielle unternehmenskritische Systeme, Upgrades und Infrastrukturerneuerungen.

Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.

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