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Nicht Hals über Kopf ins KI-Projekt

Viele Unternehmen starten KI-Projekte, ohne einige wesentliche Grundannahmen zu tätigen. Über vier Punkte sollten sich Verantwortliche vorab bewusst sein.

Alle wollen dabei sein: Die Erwartungshaltung der C-Level auf ihre Fachbereiche, KI jetzt auch zu nutzen, ist groß. Inzwischen setzen 94 Prozent der Unternehmen künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen über alle Geschäftsbereiche hinweg ein; mehr als die Hälfte erwartet, dass die Technologie bis 2025 weit verbreitet sein wird, so eine Umfrage von Databricks. Das führt allerdings dazu, dass viele KI-Projekte gestartet werden, ohne dafür ein paar wesentliche Grundannahmen zu tätigen. Über folgende vier Punkte sollte man sich deshalb vorab bewusst sein.

1. Konzentration auf den Geschäftszweck

Die scheinbar banale Frage Was will ich erreichen? stellen sich immer noch zu wenige Unternehmen. So werden KI-Projekte gestartet, ohne dass man eine klare Definition der Probleme hat, die zu lösen sind, oder der Fragen, die zu beantworten sind. Einiges davon kann gegebenenfalls mit vorhandenen IT-Instrumentarium bewerkstelligt werden. KI darf also nicht zum Selbstzweck werden.

Auf der anderen Seite stellt man vielleicht fest, dass das zu lösende Problem zu komplex ist, um mit KI bewältigt zu werden. Der Branchenhype lässt künstliche Intelligenz wie Magie erscheinen. Sie ist wohl mächtig und breit einsetzbar, aber eben nicht deswegen auch gleich magisch. Es gilt daher stets, die erreichbaren Projektziele im Auge zu behalten.

2. KI-Projekte sind IT-Projekte

Angesichts der magischen Ausstrahlung von KI machen viele Unternehmen den Fehler, zu denken, dass solche Vorhaben anders zu behandeln sind als normale IT-Projekte. Die Wahrheit ist jedoch, dass alle Managementprozesse, die rund um die IT eingerichtet wurden, auch für KI genutzt werden können – und sollten. Wie jedes IT-Projekt sollte auch die Beschäftigung mit künstlicher Intelligenz hinsichtlich ihres Return on Investments (ROI) bewertet werden. Vor jedem Projekt steht also eine Finanzierungsberechnung. Sie hilft, die Betriebskosten im Zusammenhang mit der Einführung eines KI-Modells zu verstehen.

3. Errichten eines skalierbaren Fundaments

Viele KI-Experimente verbleiben im Stadium einmaliger Analysen und schaffen es nicht in den produktiven Betrieb. Woran liegt das? Datenwissenschaftler können Monate damit zubringen, ein KI-Modell zu verfeinern. Die Herausforderung besteht aber darin, das Modell im Laufe der Zeit zu pflegen. Es sollte regelmäßig trainiert und automatisch mit genauen Produktionsdaten versorgt werden, wenn sich diese ändern und weiterentwickeln.

Jean Ferré, Sinequa

„Angesichts der magischen Ausstrahlung von KI machen viele Unternehmen den Fehler, zu denken, dass solche Vorhaben anders zu behandeln sind als normale IT-Projekte.“

Jean Ferré, Sinequa

Auch gilt es, die Qualität der Modelle anhand ständiger Überwachung zu validieren, um auf Verzerrungen aufmerksam zu werden. Künstliche Intelligenz muss als etwas betrachtet werden, das sich über die Zeit stetig vergrößern wird. KPMG hat herausgefunden (PDF), dass 60 Prozent der Unternehmen intelligente Automatisierung einsetzen, während nur elf Prozent einen integrierten Lösungsansatz nutzen.

4. Die Lücke zwischen IT- und Business-Teams schließen

Ziel sollte es sein, einen Status zu erlangen, an dem maschinelles Lernen nicht nur Teil der Produktionsumgebung ist, sondern auch zur Erreichung der Unternehmensziele beiträgt. Daher ist es wichtig, die Geschäftsanforderungen zu verstehen und sicherzustellen, dass die IT auf sie abgestimmt ist. Wenn das Data-Science-Team über reine Experimente hinausgeht und KI-Modelle in die Produktion bringt, dann stärkt dies das Vertrauen zwischen ihm und den einzelnen Geschäftseinheiten.

Fazit

Teams, die diese Prinzipien verstehen und umsetzen, können den Wert ihrer KI-Modelle voll ausschöpfen. Sie vermeiden, sich von Experiment zu Experiment zu hangeln. Noch stehen Unternehmen erst am Anfang ihrer Versuche, KI in der geschäftlichen Praxis zu implementieren. Gerade deshalb braucht es mehr Planung, um sicherzustellen, dass die KI-Strategie auf Nachhaltigkeit ausgelegt ist.

Über den Autor:
Jean Ferré ist Mitgründer und CEO des französischen Enterprise-Search-Spezialisten Sinequa. Er leitete das Unternehmen zunächst von 2005 bis 2010 und kehrte, nach Zwischenstationen bei Vantiva, IN Groupe, Thales, The Boston Consulting Group und Microsoft, Ende 2023 als CEO zurück. Ferrés Fachwissen erstreckt sich über fast zwei Jahrzehnte in den Bereichen globales Business Management, Strategie und Produktmarketing, insbesondere im Bereich Cloud und Datenplattformen.

 

Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.

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