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Neues Niveau in der Buchhaltung durch KI

Anwendungen mit künstlicher Intelligenz (KI) ziehen auch in der Buchhaltung ein. Allerdings müssen Unternehmen vor der Einführung das nötige Vertrauen in KI schaffen.

Man stelle sich eine Zeit vor, in der Buchhalter künstliche Intelligenz (KI) nicht nur für Routineaufgaben nutzen, sondern damit tiefere Einblicke in finanzielle Zusammenhänge gewinnen, strategischen Nutzen daraus ziehen und das Unternehmenswachstum fördern. Diese Zeit ist schon heute näher als man denkt. Aber sie hängt von einem entscheidenden Faktor ab: Vertrauen. Dies ist häufig der Knackpunkt, sobald die Möglichkeiten für den Einsatz von KI im Rechnungswesen näher betrachtet werden.

Laut einer Studie der Association of Chartered Certified Accountants (ACCA) sind 70 Prozent der Mitglieder der Ansicht, dass KI ihnen mehr Zeit für geschäftskritische Aufgaben verschaffen kann. Zudem gaben 69 Prozent der Wirtschaftsprüfer in einer Untersuchung von Moss Adams an, dass KI sich positiv auf ihren Beruf auswirken wird. Allerdings gaben 89 Prozent der Befragten in derselben Studie an, dass ihnen KI auch Sorgen bereitet. Eine Studie von KPMG ergab, dass drei von fünf Befragten KI-Systemen misstrauen.

Ist Vertrauen also das größte Hindernis für die Einführung von KI? Wie können die Entwickler von KI-Lösungen dieses Vertrauen schaffen? Wie lässt sich Vertrauen in KI aufbauen, damit sie die Branche auf sinnvolle Weise verändern kann? Es geht darum, einen methodischen Ansatz zu liefern: Das Wie, Wann und Warum des Einsatzes von KI sind genauso wichtig wie das Was, das sie leisten kann.

Transparenz schafft Vertrauen

Vertrauen in eine KI-Lösung zu schaffen, beginnt damit, klar zu sagen, was mit der Technologie erreicht werden soll, also zunächst das Warum zu erklären und dann das Wie transparent umzusetzen. Grundlage sollte die Entwicklung und Kommunikation von Grundsätzen für KI- und Daten sein, bei denen ethischen Überlegungen zur Datensicherheit und zum verantwortungsvollen Einsatz von KI Vorrang eingeräumt wird.

Da Daten für das Training und die Entwicklung von KI-Lösungen unerlässlich sind, ist es wichtig, den Kundinnen und Kunden die Gewissheit zu geben, dass sie ethisch genutzt werden. Dies bedeutet, dass die Auswirkungen des Einsatzes von KI auf Einzelpersonen, Gruppen und die Gesellschaft insgesamt im weiteren Sinne berücksichtigt werden müssen. In der Praxis bedeutet dies, die Gründe für die Datennutzung zu erläutern und in Forschung und Entwicklung zu investieren – beispielsweise in die sichere Verwendung von Large Language Models (LLM) –, um aktiv darauf hinzuarbeiten, dass die Technologie selbst nicht voreingenommen ist.

Innovation und Sicherheit im gleichen Atemzug

KI kann die Effizienz und Produktivität des Rechnungswesens auf ein neues Niveau heben. Innovation allein reicht jedoch nicht aus, um Akzeptanz zu schaffen. In einer Branche, die Unternehmen und Märkten Sicherheit bieten soll, müssen diejenigen, die die Technologie nutzen, darauf vertrauen können, dass die Aufgaben kompetent und sicher erledigt werden. Denn egal wie viel automatisiert wird, am Ende wird immer ein Mensch für das Ergebnis verantwortlich zeichnen.

Es bedarf daher Anstrengungen, die über die bloße Automatisierung sich wiederholender Aufgaben hinausgehen, und Unternehmen müssen in Technologien investieren, die es Buchhaltern ermöglichen, einen strategischen Beitrag zum Geschäftserfolg zu leisten.

Mit Continuous Accounting, also kontinuierliche Buchhaltung, werden Geschäftsvorgänge erfasst und in Echtzeit verbucht. Kein Buchhalter wird diese Daten allerdings für Entscheidungen nutzen, wenn er nicht sicher ist, dass sie korrekt sind. Daher gilt es, diese Investition mit einer kontinuierlichen Qualitätssicherung (Continuous Security) zu kombinieren, bei der KI und andere Technologien zum Einsatz kommen, um Anomalien zu erkennen.

Diese Anomalien können bei Bedarf von einem Mitarbeiter überprüft werden, um so wichtige Entscheidungen treffen zu können. An diesem Punkt werden die Buchhaltungsteams von Zyklen wie Abschlüssen und Audits befreit und können sich auf die Zukunft konzentrieren. Dies ist der dritte Bereich, in den Unternehmen investieren müssen, um Innovationen voranzutreiben: Continuous Intelligence (kontinuierliche Informationen). Dabei kommt KI zum Einsatz, um die Prognosen des Unternehmens zu verstehen und die Buchhalter auf Veränderungen aufmerksam zu machen, damit sie in Echtzeit entscheiden können, was zu tun ist.

KI hat ihre Berechtigung, aber nicht überall

Die Anbieter von KI-Technologien müssen eine bescheidene und verantwortungsbewusste Haltung einnehmen und das Mantra Move Fast And Break Things vergessen, das traditionell technologische Innovation geprägt hat.

KI ist zu außergewöhnlichen Dingen fähig und ermöglicht unglaubliche Sprünge in dem, was Menschen erreichen können. Aber es ist auch klar, dass sie sich nicht für jedes Szenario perfekt eignet. Beispielsweise müssen sich Teams für Data Science und KI-Engineering darauf konzentrieren, wie KI-Halluzinationen erkannt und verhindert werden können. Zudem müssen Unternehmen sicherstellen, dass KI niemals in einer Weise eingesetzt wird, die das Vertrauen eines Kunden in seine eigenen Produkte untergräbt – das bedeutet auch, KI nicht in Szenarien einzusetzen, in denen es schlicht nicht zu Halluzination kommen darf.

Enge Zusammenarbeit mit Kunden

Damit sich die Kunden bei der Nutzung von KI sicher fühlen, müssen sie auch das Gefühl haben, die Kontrolle zu behalten. Daraus folgt, dass es Prozesse geben muss, mit denen die Kunden bestätigen und überprüfen können, welche Ergebnisse sie erhalten. Es liegt in der Natur des Menschen, sich kontrolliert zu fühlen. Daher ist es wichtig, Vorsicht walten zu lassen und die Kontrolle des Nutzers in die KI-Erfahrung zu integrieren, um Vertrauen aufzubauen und zu stärken.

Die Einbeziehung der Kunden muss jedoch weiter gehen. Sie müssen auch in die Entwicklungsphase einbezogen werden, damit die Technologie die Menschen, für die sie entwickelt wird, widerspiegelt und repräsentiert. Im Gegensatz zu traditioneller Technologie kann KI nicht ohne Kunden entwickelt werden. Sowohl in praktischer Hinsicht – sie liefern die Daten, mit denen die KI trainiert wird – als auch in ganzheitlicher Hinsicht, um sicherzustellen, dass sich die KI so verhält, wie die Kunden es von einem Menschen erwarten.

Aaron Harris, Sage

„Im Gegensatz zu traditioneller Technologie kann KI nicht ohne Kunden entwickelt werden. Sowohl in praktischer Hinsicht – sie liefern die Daten, mit denen die KI trainiert wird – als auch in ganzheitlicher Hinsicht, um sicherzustellen, dass sich die KI so verhält, wie die Kunden es von einem Menschen erwarten.“

Aaron Harris, Sage

Anstatt zu versuchen, vorherzusagen, wo KI die größten Auswirkungen auf die Produktivität haben wird, sollten Anbieter eng mit Kunden zusammenarbeiten, um ihre Bedürfnisse und Herausforderungen zu verstehen. Auf diese Weise können Sie die wichtigsten Anwendungsfälle identifizieren und die KI-Entwicklung mit einem hohen Maß an Anpassungsfähigkeit angehen. Unerlässlich ist daher, menschliches Feedback in die Erfahrung einzubeziehen, um in Echtzeit zu erkennen, wann etwas angepasst werden muss.

Dieser Gedanke der Partnerschaft mit den Kunden sollte frühzeitig in die KI-Strategie eines Unternehmens einfließen und das Wann bestimmen. Solange ein Anbieter nicht sicher ist, dass seine KI-Lösungen den Anforderungen der Kunden in Bezug auf Vertrauen und Zuverlässigkeit entsprechen, sollte er kein neues Produkt auf den Markt bringen.

Vertrauen schaffen in jeder Phase

Bei der Untersuchung der Rolle von KI in der Branche wird deutlich, dass der wichtigste Teil des Puzzles darin besteht, das Vertrauen der Buchhalter in die KI sicherzustellen.

Um diesen Punkt zu erreichen, bedarf es einer sorgfältigen Implementierung, einer klaren Kommunikation und einer Zusammenarbeit mit den KI-Anbietern über den gesamten Prozess hinweg. Es geht darum, Buchhaltern, die mit dieser komplexen Technologie nicht vertraut sind, zu vermitteln, dass KI erstens die menschliche Intelligenz ergänzt und nicht ersetzt, zweitens die Datenintegrität nicht beeinträchtigt und die Arbeit kompetent erledigt und drittens immer einen menschlichen Touch als Teil einer kontrollierten Umgebung beinhaltet. 

Das Ergebnis ist eine integrierte Technologie, die nicht nur die Effizienz steigert, sondern auch das Vertrauen in die von den Buchhaltern gelieferten Finanzinformationen erhöht. Es ist an der Zeit, die Chance zu ergreifen und sicherzustellen, dass KI als Partner dient, um Fachwissen und Zuverlässigkeit zu verbessern, damit dadurch eine neue Ära des Rechnungswesens anbricht, die auf Vertrauen und Innovation basiert.

Über den Autor:
Aaron Harris ist Chief Technology Officer von Sage, dem führenden Anbieter spezifischer KMU-Lösungen in den Bereichen Buchhaltung, Finanzen, Personal und Gehaltsabrechnung.

Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.

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