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Nach VMware-Übernahme: Welche Alternativen gibt es?
Nach der Übernahme von VMware schauen sich viele Kunden nach Alternativen im Bereich Cloud Native und Open Source um. Sebastian Scheele stellt potenzielle Lösungen vor.
Die Übernahme von VMware durch Broadcom mit massiven Änderungen bei Produkten, Lizenzierung, Distribution und Partnern hat viele langjährige VMware-Kunden kalt erwischt. VMware-Produkte sind meist eng integriert in die Geschäftsumgebungen. Vor allem Cloud Provider sind betroffen, aber auch im Gesundheitswesen und öffentlichen Sektor sorgt eine der größten Akquisitionen der IT-Geschichte für Unruhe.
So sollen bisherige VMware-Lizenzen auf Abonnements mit ein bis fünf Jahren Laufzeit umgestellt und langfristige Lizenzen eingestellt werden. Während Broadcom in Aussicht stellte, die Preise zu senken, berichten Bestandskunden von deutlich erhöhten Tarifen. Zugleich plant Broadcom, das VMware-Produktportfolio zusammenzustreichen und Produktänderungen vorzunehmen. Verunsicherte Unternehmen sehen sich bereits um nach Alternativen zur Virtualisierung mit VMware – und diese gibt es durchaus.
Vollständige Hardwarevirtualisierung mit Tinkerbell, KubeOne und KubeVirt
Die Vorteile von Kubernetes lassen sich auch für die Virtualisierung nutzen. Zunächst gilt es jedoch, die Bereitstellung der Maschinen anzugehen. Eine mögliche Lösung ist in diesem Fall das Tinkerbell-Projekt. Tinkerbell ist ein Open Source Tool zur Automatisierung der Bereitstellung von Bare-Metal-Maschinen. Es nutzt Workflow-basierte Automatisierung, DHCP- und iPXE-Integration, ein In-Memory-Betriebssystem, einen Metadatendienst sowie einen Stream- und Boot-Dienst, um eine effiziente und konsistente Bereitstellung zu erreichen. Tinkerbell ist ein Vorreiter in der Kubernetes-Community-Infrastruktur, da Code und ein deklarativer Stil den Kern des Projekts bilden.
Ein roter Faden, der sich durch die gesamte Architektur zieht, ist Infrastructure as Code und die Reproduzierbarkeit der Infrastruktur, die sich abbauen und automatisiert wiederaufbauen lässt. Sobald die Maschinen an Ort und Stelle sind, vereinfacht KubeOne, ein Open Source Cluster Lifecycle Tool, die Bereitstellung und Verwaltung von Kubernetes-Clustern in verschiedenen Umgebungen. Die Konformität von KubeOne mit den Kubernetes-Standards garantiert die Produktionsbereitschaft und Zuverlässigkeit von Clustern, während die Integration mit Open Tofu, Ansible, Terraform und Cluster-API eine nahtlose Orchestrierung und Integration mit anderen Tools ermöglicht.
KubeVirt – als weitere nützliche Komponente – ist ein Virtualisierungs-Add-on, das es Entwicklern ermöglicht, virtuelle Maschinen auf Kubernetes-Plattformen auszuführen. Als vielseitiger Hypervisor erweitert KubeVirt die Fähigkeiten von Kubernetes und bindet virtuelle Maschinen auf Bare-Metal-Umgebungen ein. Diese Integration fügt VMs somit nahtlos in das Kubernetes-Ökosystem ein und ermöglicht es Anwendern, sie über die vertraute Kubernetes-API zu verwalten und bereitzustellen. Im Gegensatz zu verschachtelten Virtualisierungsverfahren bieten KubeVirt-VMs eine hohe Performance, die mit der von Bare-Metal-VMs konkurriert. Ihre Flexibilität erstreckt sich auf die Unterstützung einer Vielzahl von Betriebssystemen, darunter Windows, Linux und FreeBSD. Auch hier wird der Infrastructure-as-Code-Ansatz nochmals verdoppelt, da VMs Manifeste sind, die über eine CI/CD-Pipeline im Cluster erstellt werden können. Ein großer Vorteil ist auch die Anpassung von KubeVirt an verschiedene Architekturen – einschließlich ARM- und x86-Unterstützung und ohne spezifische Anforderungen an die zugrunde liegende Hardware.
Mit diesen drei einfach zu bedienenden Open Source Tools können Unternehmen bereits eine voll funktionsfähige Virtualisierung ihrer bestehenden Hardware umsetzen. Hinzu kommen einige Vorteile, die bisher in VMware nicht vorhanden waren. Hierzu zählt die vollständige Unterstützung der deklarativen Bereitstellung, beginnend mit der Installation der Bare-Metal-Maschinen und endend mit der Verwaltung der darin laufenden VMs. Ein weiterer Vorteil ist die vollständige Integration mit allen CI/CD-Tools, da es sich um einen Cloud-nativen Ansatz handelt. Die Infrastruktur wird somit zu einem Zustand innerhalb eines Repositorys. Infrastrukturänderungen werden vollständig sichtbar durch die Verwendung von Repositorys mit Änderungsprotokollierung und Vier-Augen-Prinzip durch die Nutzung von Git-Workflows zur Aufnahme von Änderungen an der Infrastruktur.
Open-Source-Ansatz auch für Netzwerkfunktionen und Load Balancing
Viele Unternehmen nutzen verschiedene andere Komponenten von VMware, um mehrere Kubernetes-Cluster und VMs in verschiedenen Netzwerken zu verwalten. Das lässt sich auch mit dem Open-Source-Ansatz erreichen. Den Anfang macht die Verschwendung des Multus-CNI-Plug-ins, da dieses die Möglichkeit eröffnet, mehrere Netzwerke an einen einzelnen Pod oder im beschriebenen Fall an die VMs, die im Cluster als Pods laufen, anzubinden. Es fungiert als Meta-Plug-in, das andere CNI-Plug-ins aufruft und deren Ergebnisse kombiniert, so dass sich Pods gleichzeitig mit mehreren Netzwerken verbinden können. Diese Fähigkeit bietet erweiterte Netzwerkfunktionen und unterstützt verschiedene Anwendungsfälle, einschließlich Netzwerkisolierung, Beschleunigung der Datenebene und Mandantenfähigkeit.
Multus CNI wird vom KubeOVN-Netzwerk-Plug-in verwendet, das erweiterte Netzwerkfunktionen wie virtuelle Private Clouds (VPCs), Netzwerkrichtlinien, IP-Adressverwaltung (IPAM) und Load Balancing bietet. Es nutzt die Plattform Open Virtual Network (OVN), um virtuelle Netzwerke innerhalb von Kubernetes-Clustern zu erstellen und zu verwalten, was eine effiziente Zuweisung von Netzwerkressourcen, Isolierung und Sicherheit ermöglicht.
„Eine Migration zu Cloud-Native- und Open-Source-fokussierten Produkten ist nicht nur möglich, sondern bietet auch zahlreiche Vorteile, um die bestehende Infrastruktur noch besser zu nutzen.“
Sebastian Scheele, Kubermatic
MetalLB ist eine leichtgewichtige Open-Source-Load-Balancing-Lösung, die als überzeugende Alternative zum kommerziellen NSX-T-Angebot dienen kann. Da MetalLB auch als Ressource innerhalb des Kubernetes-Clusters verwaltet wird, folgt es den bereits erwähnten Prinzipien der Kosteneffizienz, des Open-Source-Ethos sowie der Einsatzflexibilität und Benutzerfreundlichkeit.
KubeLB bietet mehr Vielseitigkeit, insbesondere sobald Unternehmen einen Multi-Cluster-Ansatz wählen. Da das Load Balancing für jeden Cluster jedoch separat zu konfigurieren ist, macht das die Verwaltung der IP-Adressen nicht gerade einfach. KubeLB löst aber dieses Problem, indem es eine zentralisierte Load-Balancer-Management-Lösung für Kubernetes-Cluster in Multi-Cloud- und On-Premises-Umgebungen bietet.
Die genannten Komponenten bereiten in jedem Fall den Weg, um ein echtes Kubernetes-Multi-Cluster-Setup – und damit den endgültigen Ausstieg aus der VMware Supply Chain – zu realisieren.
VMware Tanzu durch eine Kubernetes-Management-Plattform ersetzen
VMware Tanzu vereinfacht den Multi-Cloud-Betrieb und gibt Entwicklern die Möglichkeit, modernisierte Anwendungen schneller zu erstellen und bereitzustellen. Aufgrund der mit der Übernahme durch Broadcom verbundenen Nachteile sehen sich viele Kunden auch nach einer Tanzu -Alternative um. Punkten kann hier eine Kubernetes-Management-Plattform, die als OpenCore-basierte Multi-Environment- und Multi-Cluster-Orchestrierungssoftware für Kubernetes dient.
Aufgrund der nativen Integration in das zugrunde liegende Setup nutzt eine Plattform dieser Art hierbei KubeVirt in vollem Umfang, nativ integriert. Eine wesentliche Funktion unterstützt den Aufbau neuer Cluster mit automatischer VM-Erstellung und Lifecycle-Management. Durch die Standardarchitektur der containerisierten Steuerebene werden bei der Erstellung eines neuen Clusters Ressourcen eingespart, da der Overhead für die Steuerebene reduziert wird.
Migration zu Cloud Native und Open Source ist sinnvoll
Eine Migration zu Cloud-Native- und Open-Source-fokussierten Produkten ist nicht nur möglich, sondern bietet auch zahlreiche Vorteile, um die bestehende Infrastruktur noch besser zu nutzen. Gerade für Cloud- und Serviceanbieter stehen einfache Optionen bereit, auf eine vollständige Open-Source-basierte skalierbare Lösung umzusteigen. Die Community-orientierte Open-Source-Politik bietet mehr Transparenz und schützt bisherige VMware-Kunden vor massiven Änderungen seitens des neuen VMware-Eigners, mit denen sie sich jetzt konfrontiert sehen.
Unternehmen haben jetzt die Chance, sich von einer erzwungenen Anbieterbindung mit unattraktiven Konditionen zu lösen und trotzdem die langfristige Zuverlässigkeit und Rentabilität der bestehenden Hardware zu sichern. Eine reibungslose Migration gewährleistet die Geschäftskontinuität bei gleichzeitiger Erweiterung der Funktionen für Netzwerkmanagement, Load Balancing und Multi-Tenancy-Unterstützung. Damit gelingt es, ein breites Spektrum an Geschäftsanforderungen abzudecken und zugleich die Betriebskosten – auch gegenüber den VMware-Tarifen vor der Übernahme durch Broadcom – zu senken.
Über den Autor:
Sebastian Scheele ist CEO und Mitbegründer von Kubermatic.
Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.