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Mit standardisierter Datenintegration zu besserer Vernetzung

Für produzierende Firmen ergeben sich mit 5G unendliche Möglichkeiten. Hierfür muss aber ein 5G-Sendemast in Reichweite und die Datenintegration gewährleistet sein.

Die Auktion für die 5G-Frequenzen ist in vollem Gang und Experten überbieten sich derzeit mit Schätzungen, wie viel Milliarden Euro für den Bund dabei herausspringen. Die deutsche Wirtschaft sollte hoffen, dass der zu zahlende Betrag nicht zu hoch wird, damit die Frequenzen nicht nur verkauft, sondern gemäß dem Willen des Bundes auch so bald wie möglich genutzt werden können.

Die Bundesnetzagentur hat immerhin vorgegeben, dass 98 Prozent der Haushalte in jedem Bundesland, daneben die Bundesautobahnen sowie die wichtigsten Bundesstraßen und Schienenwege, bis Ende 2022 mit dem neuen 5G-Netz abgedeckt werden sollen. An Industriegebiete hat beim Bund leider bisher niemand gedacht. Wohl dem, der seinen Standort in großen Städten oder in Autobahnnähe hat. Denn mit dem neuen Standard könnten viele mittelständische und kleine Industrieunternehmen ein paar Wettbewerbsnachteile wettmachen, wenn es um Digitalisierung geht.

Ganz egal, ob es um die produktionsnahe Auswertung von Maschinendaten zur Optimierung von Stillstandzeiten oder Stückzahlen, um Predictive Maintenance, um die durchgehende Transparenz von Logistikketten oder um die unternehmensweite Integration aller Geschäftsfunktionen entlang der Wertschöpfungskette geht: Der neue Standard wird es Unternehmen erlauben, auch sehr große Datenmengen praktisch in Echtzeit von unterschiedlichen Standorten und Devices aus zu sammeln und auszuwerten. Der zentrale Vorteil liegt auf der Hand: Die Optimierung von einzelnen Maschinen bis hin zu komplexen Prozessen wird im laufenden Prozess, und nicht erst Tage oder Wochen später möglich sein.

Die prognostizierten Kennzahlen sind vielversprechend: 5G soll im Vergleich zu LTE eine hundertfach höhere Datenrate ermöglichen. Und die Netzkapazität soll sich dabei um das Tausendfache erhöhen. Damit soll die Möglichkeit entstehen, mehr als 100 Milliarden Sender weltweit gleichzeitig anzusprechen - bei Bedarf mit Übertragungsraten von 10 Gigabit pro Sekunde.

Hinzu kommt die Verbesserung der Reaktions- oder Latenzzeit. Zwischen dem menschlichen Auge und dem Gehirn werden Informationen in etwa zehn Millisekunden übertragen. LTE ermöglicht aktuell etwa 50 Millisekunden. Die Deutsche Telekom hat nach eigenen Aussagen „bei ersten praxisnahen Testversuchen mit 5G in Deutschland eine Zeit von drei Millisekunden erzielt.“ Zudem geht man von einer Verringerung des Stromverbrauchs um bis zu 90 Prozent und einer hohen Sicherheit bei der Datenübertragung aus.

Das bedeutet: 5G als Mobilfunktechnologie wird als Ersatz für firmeneigene Drahtlosnetze in vielen Bereichen interessant. Das neue Netz bietet optimale Voraussetzungen für die problemlose Vernetzung und Anbindung unterschiedlicher Devices, ohne dass Unternehmen in eigene Infrastruktur investieren müssen – und das selbst in kritischen Bereichen wie der Steuerung von schwierigen Operationen über Virtual Reality.

Für produzierende Unternehmen ergeben sich unendliche Möglichkeiten, sofern zwei Voraussetzungen gegeben sind: Ein 5G-Sendemast muss sich in Reichweite befinden. Und die Datenintegration, also die Übertragung von Daten von einem System in ein anderes oder auch mehrere, muss ebenso automatisiert und standardisiert gewährleistet sein.

Wer in den nächsten drei bis vier Jahren also zu den Unternehmen gehört, die in den Genuss einer 5G-Abdeckung kommen, kann sich bereits heute Gedanken machen, wie er mit einfachen Mitteln seine Wertschöpfung auf der Basis von Datenauswertungen und angeschlossenen Services erhöhen kann. Ob es um einen exponentiell steigenden Grad der Vernetzung, um schnelle Verbindungen oder um ständig steigende Datenraten geht - 5G sollte durchaus als Konkurrenz zur eigenen LAN- oder WLAN-Infrastruktur gesehen werden, in die Unternehmen ja selbst investieren müssen.

Die Effekte werden ab 2022 vielfältig sein. Virtual und Augmented Reality werden dann nicht nur bei der Vorstellung von Produkten, beim Thema Maintenance, bei Arbeitssimulationen und bei Bildungsangeboten zum Einsatz kommen. Sie werden als Marketinginstrument, bei Operationen, bei der Entwicklung von Produkten, als weltweiter Konferenzraum und bei der Fernsteuerung von Maschinen eingesetzt. Flächendeckende Verkehrssteuerungssysteme für ganze Städte und die zentralisierte weltweite Steuerung von Produktionsstätten dürften die nächste Entwicklungsstufe sein.

Daten unterschiedlichster Herkunft in Echtzeit, mit hoher Übertragungssicherheit und in großen Mengen aus diversen Systemen zu erfassen zu verknüpfen und auszuwerten, wird überall, wo ein 5G-Sendemast steht, möglich sein. Vorausgesetzt, dass diese verstreuten und heterogenen Systeme sich integrieren lassen, also die gleiche Sprache sprechen oder sich zumindest übersetzen lassen.

Steffen Brehme, Lobster

„Während mit 5G die Autobahnen ausgebaut werden, welche die Daten demnächst benutzen, hat sich bis jetzt kaum jemand Gedanken dazu gemacht, wie die vielfältigen und heterogenen Daten in die eigenen Systeme integriert werden können.“

Steffen Brehme, Lobster GmbH

Denn während mit 5G die Autobahnen ausgebaut werden, welche die Daten demnächst benutzen, hat sich bis jetzt kaum jemand Gedanken dazu gemacht, wie die vielfältigen und heterogenen Daten in die eigenen Systeme integriert werden können. Unternehmen müssen für eine perfekte Vernetzung gleichzeitig an standardisierte und leistungsfähige Schnittstellen denken, die einfach und schnell an die jeweilige Situation angepasst werden können.

Die Datenintegration gehört damit beim Thema Digitalisierung bereits jetzt zu den drängendsten Themen. Um die neue Datenflut zu bewältigen, müssen Systeme eingesetzt werden, die standardisiert und automatisiert arbeiten. Nur so kann die störungs- und verzögerungsfreie Integration der Daten am jeweiligen Zielort und eine Datenintegration in und zwischen Unternehmen und zwischen den Milliarden neuer Devices umgesetzt werden.

Bis 2020 die ersten 5G-Mobilfunknetze ihren Betrieb aufnehmen, liegt eine zentrale Anforderung der Unternehmen darin, die Frage der Datenintegration auf der Basis von Standardsoftware zu lösen. Dann geht die Strategie des Bundes, die hinter der aktuelle 5G-Auktion steht, tatsächlich auf und die Digitalisierung erreicht in Deutschland die gesamte Breite der mittelständischen Unternehmen.

Über den Autor:
Steffen Brehme studierte in Tralee (Irland) Informatik. Anfang der 1990er war er Mitgründer von SimpleWork, das 1996 verkauft wurde. Anfang 1997 wurde er Interims-IT-Leiter bei Maxdata, Ende 1997 war er Mitgründer der Beans AG und 2002 Mitgründer der Lobster GmbH. Dort ist er Leiter Softwareentwicklung und Geschäftsführer.

Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder und entsprechen nicht unbedingt denen von ComputerWeekly.de.

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