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LPWAN: Das IoT mit Energiesparmodus
Energiesparende Technologie und gleichzeitig große Reichweite? Was dahinter steckt und für welche Anwendungen die Technologie sinnvoll ist, erklärt Sebastian Heger von tresmo.
Zum Jahreswechsel 2014/2015 wurde der Langwellenrundfunk in Deutschland endgültig eingestellt. Bis dahin konnte man auch über die Landesgrenzen hinweg Rundfunkprogramme empfangen – oft über 1.000 km von der Sendestation entfernt. Das erforderte extrem leistungsstarke Sendeeinheiten mit bis zu 2.000 kW.
Viele Anwendungsfälle im Internet der Dinge (IoT) erfordern ebenfalls hohe Reichweiten zur Übertragung von Sensorwerten und Steuerungssignalen. Allerdings ist häufig keine Energieversorgung für leistungsstarke Sender vorhanden.
Low Power Wide Area Networks (LPWAN) erfreuen sich deshalb zunehmender Beliebtheit. Dabei ist die Bezeichnung auf den ersten Blick ein Widerspruch. Low Power impliziert Sender mit geringer Leistung von wenigen Watt. Wide Area wiederum verlangt hohe Reichweiten von einigen hundert Metern bis zu etlichen Kilometern.
Eine technische Herausforderung mit einer physikalischen Antwort: Bandbreite. LPWANs nutzen nur wenige MHz zur Übertragung. So werden hohe Reichweiten mit wenig Energiebedarf möglich. Allerdings geht das zu Lasten der übertragbaren Datenmengen.
Das bekannteste LPWAN ist LoRaWAN (Long Range Wide Area Network), welches auf dem proprietären Übertragungsverfahren LoRa (Long Range) basiert. Die Nachrichtengröße variiert bei der Technologie im Bereich weniger Kilobyte. Üblich ist eine Übertragung im fünf bis zehn Minuten Takt. Das ist abhängig vom jeweiligen Anwendungsfall. Die Technologie ist damit sehr gut zur Übertragung von Sensorwerten geeignet. Große Datenmengen wie Bild oder Video lassen sich so nicht transportieren. Dafür halten gängige Akku- und Batteriegrößen mitunter bis zu zehn Jahre durch.
Im Vergleich: Verbreitete Funktechnologien wie WLAN oder LTE erlauben die Übertragung wesentlich größerer Datenmengen in kurzer Zeit. Dafür können die Daten nur über einige Meter bis wenige hundert Meter Distanz übertragen werden. Und in der Regel muss spätestens am Abend das Ladekabel angesteckt werden, um Smartphone oder Laptop wieder mit Energie zu versorgen.
Die Reichweite in der Theorie und Praxis
LoRaWAN verspricht grenzenlose Freiheit mit wenig Energie. Ganz so ist es dann leider doch nicht. Die Leistungsübertragungsbilanz (Link Budget) ist mit 154 dB im Vergleich zu LTE (130 dB) und WLAN (98 dB) extrem hoch. Unter optimalen Bedingungen wären in der Theorie Distanzen von etwa 1.300 km möglich (LTE: 80 km, WLAN: < 1 km).
In der Praxis werden diese Werte jedoch nie erreicht. Jeder Baum, jeder Hügel und jedes Haus kosten einige Kilometer Reichweite. Wichtig ist es, auf die richtige Positionierung der Antenne zu achten. Bei Outdoor-Applikationen empfiehlt sich Sichtkontakt und eine möglichst hohe Positionierung der Antenne. Bei Indoor-Applikationen kann eine Positionierung in der Gebäudemitte sinnvoll sein.
Gefunkt wird auf unterschiedlichen Frequenzen, die sich je nach Kontinent unterscheiden. Europäische LoRa-Lösungen senden auf der Frequenz 868 MHz, (Nord-)Amerika nutzt 915 MHz und Asien 433 MHz. Es ist also bereits bei der Auswahl der Komponenten darauf zu achten, dass die entsprechenden Frequenzen genutzt werden können.
Die Frequenzen sind kostenfrei und können bedingungsfrei genutzt werden. Das ist ein Vorteil gegenüber kostenpflichtiger, vergleichbarer Technologien wie Narrow-Band-IoT (NB-IoT).
So gelingt die Umsetzung
Die grundlegende Architektur ist immer ähnlich. Die LoRaWan-Sensoren (sogenannte Nodes) kommunizieren mit einem LoRaWAN-Gateway. Die Kommunikation kann sowohl unidirektional als auch bidirektional erfolgen. Das heißt die Nodes können entweder ausschließlich Daten senden oder zusätzlich Befehle empfangen.
Das Gateway ist mit dem Internet verbunden, beispielsweise über eine LTE oder WLAN Verbindung. Es übersetzt die Nachrichten der Nodes und leitet diese an eine Cloud-Plattform weiter.
Die Plattformen können unterschiedlich aufgebaut sein. Drei Beispiele sind das The Things Network, Helium und individuelle eigene Lösungen.
The Things Network (TTN) ist eine globale, kooperative Community und die heute bekannteste LoRaWAN-Plattform. Die Plattform orchestriert die Übersetzung und Zuteilung von LoRa-Nachrichten zu den entsprechenden Anwendungen. Der Vorteil ist, dass kein eigenes Gateway betrieben werden muss. Die Node kann mit jedem registrierten Gateway kommunizieren, das durch die Community betrieben werden.
Helium ist ebenfalls ein öffentliches LoRaWAN. Im Gegensatz zu TTN setzt das Netzwerk jedoch auf finanzielle Anreize in Form einer Kryptowährung. Die Betreiber von Gateways werden für deren Bereitstellung entlohnt. Um mit einer Node Daten zu senden oder empfangen, muss für das verbrauchte Datenvolumen bezahlt werden.
„LoRaWAN verspricht grenzenlose Freiheit mit wenig Energie. Ganz so ist es dann leider doch nicht.“
Dr. Sebastian Heger, tresmo GmbH
Individuelle Lösungen sind in der Regel private LoRaWANs. Sie kommen zum Einsatz, wenn hohe Anforderungen an die Sicherheit, Verfügbarkeit oder die genutzte Bandbreite erfüllt werden müssen. Darüber hinaus lassen sich individuelle Funktionalitäten, Edge-Logik oder lokale Steuerungen integrieren. Der Nachteil ist, dass das Unternehmen die Infrastruktur von den Nodes über Gateways bis hin zur Applikation bereitstellen und betreiben muss.
Zahlreiche Anwendungsfälle für LPWANs
Verwaltungen und Stadtwerke setzen LoRaWANs beispielsweise zur Überwachung öffentlicher Flächen ein. So können etwa die Füllstände von Mülleimern transparent gemacht und die Mitarbeiter im Außeneinsatz zielgerichtet ausgesteuert werden. Auch das Monitoring von Grundwasserständen, leer stehenden Gebäuden oder gar Naturkatastrophen bietet Mehrwerte. Zum Beispiel konnten bereits Waldbrände dank weitläufig verteilter Sensorik frühzeitig erkannt und bekämpft werden.
Aber auch in Unternehmen bieten sich vielfältige Möglichkeiten. LoRa Nodes kommen nicht nur in weitläufigen Arealen zum Einsatz. In Gebäuden lassen sich etwa Automatisierungslösungen ohne das Verlegen von Kabeln nachrüsten. Dadurch dass die Nodes nicht nur Daten senden, sondern auch empfangen und entsprechende Reaktionen auslösen können, entstehen neue Möglichkeiten in der Produktion und für die eigenen Produkte. So lassen sich kleinste Bauteile und Komponenten überwachen und regeln. Das ist ein maßgeblicher Vorteil und die Grundlage für viele innovative Geschäftsmodelle zahlreicher Zulieferer und hochspezialisierter Hersteller von Geräten und Anlagen.
Über den Autor:
Dr. Sebastian Heger ist Solution Specialists bei der tresmo GmbH und gestaltet mit den Kunden digitale, kundenorientierte Lösungen rund um IoT, Cloud und Apps. Sein Fokus liegt dabei auf der Vernetzung von Geräten. Die tresmo GmbH entwickelt in Augsburg Produkte und bietet flexibel anpassbare Lösungen für das Internet of Things (IoT).
Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.