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Kultur ist der entscheidende Faktor der App-Modernisierung

App-Modernisierung wird zum Erfolg, wenn neben der Technologie auch die Unternehmenskultur, also das Mindset und die Arbeitsweise der Teams, berücksichtigt wird.

Wie wird die App-Modernisierung zum Erfolg? Neben der Technologie trägt vor allem die Kultur – also das Mindset und die Arbeitsweise des Teams – dazu bei, den neuen Standards der Anwendungsarchitektur (Microservices), Infrastruktur sowie Softwareentwicklungsansätzen (zum Beispiel DevSecOps) gerecht zu werden und so digitale Serviceangebote kontinuierlich verbessern und verfeinern zu können. Um eine solche Kultur der erfolgreichen App-Modernisierung etablieren zu können, sollten folgende grundlegende Learnings beachtet werden.

Menschen und Prozesse sind genauso wichtig wie Technologie

Erfolgreiche App-Modernisierung gelingt nicht über Nacht. Stattdessen warten auf dem Weg der Transformation zahlreiche Hürden und Herausforderungen – und selbst gut durchdachte Methoden können zu teils unerwarteten Schwierigkeiten führen. So empfiehlt es sich zum Beispiel in vielen Fällen, mit der Transformation der Infrastruktur zu beginnen und als erstes die Rechenzentrumstechnologie in den Self-Service-Modus zu überführen. Auf diese Weise kann Entwicklern aus dem Weg gegangen und potentiellen Hindernissen im Prozess der Softwarebereitstellung vorgebeugt werden. So sinnvoll dieser Ansatz jedoch grundsätzlich ist, lässt er sich in der Praxis oftmals weitaus schwieriger durchführen als gedacht.

Warum? Weil es eine Menge Soft Skills erfordert, um die Teams von diesem Konzept zu überzeugen und jeden dabei einzubeziehen. Denn letztlich stellt sich die Situation hierbei ähnlich wie in dem Film Die Verurteilten dar: Als der alte Gefängnisbibliothekar Brooks nach Jahrzehnten aus der Haft entlassen wird und nicht weiß, was er nun tun soll. Genauso wie er können sich viele Entwickler in der neuen und freieren Welt nicht ganz zurechtfinden. Unter Umständen kommt es sogar dazu, dass manche die Wiedereinführung der alten Regeln und Grenzen fordern. Hierbei hilft es nur, kontinuierlich an dem Prozess des Lernens von DevOps zu arbeiten – eine fortlaufende Aufgabe, die letztlich nie vollständig abgeschlossen sein wird.

Was die Anwendungen selbst betrifft, so ist eine Modernisierung grundlegend notwendig, um schneller iterieren und liefern zu können. Um dies zu bewerkstelligen, müssen Monolithen eingerissen und in Apps mit definierten Schnittstellen umgewandelt werden. Der Begriff Microservices ist dabei teilweise irreführend, weil er impliziert, dass ein Dienst so klein wie möglich ist – was jedoch nicht immer zutrifft. Stattdessen hilft es eher von Apps mit definierten Schnittstellen zu sprechen, um damit auszudrücken, dass eine App von einem einzigen Team entwickelt und betrieben werden kann. Hierbei handelt es sich ebenso um einen langfristigen Prozess, denn während die gesamte Anwendungslandschaft in überschaubare Teile umgeschrieben wird, müssen weiterhin und kontinuierlich neue Funktionen für die Kunden geliefert werden.

Zu guter Letzt kommen wir noch zum kritischsten Teil: der Struktur des Unternehmens. Die Modernisierung ist kaum erfolgreich durchzuführen, wenn die Unternehmensstruktur stagniert und es zum Beispiel getrennte Betriebs- und Entwicklungsabteilungen mit unterschiedlichen Zielen gibt. Stattdessen muss die gesamte Organisation – von der Spitze abwärts – die neuen Transformationen akzeptieren und annehmen. Um dies sicherzustellen, kommt den Führungskräften eine besonders wichtige und aktive Rolle zu. Der organisatorische Wandel betrifft dabei aber nicht nur die Teams, die Software und Rechenzentren betreiben und entwickeln, sondern jede einzelne Ebene des Managements. 

Jürgen Sußner, Datev eG

„Die Modernisierung ist kaum erfolgreich durchzuführen, wenn die Unternehmensstruktur stagniert und es zum Beispiel getrennte Betriebs- und Entwicklungsabteilungen mit unterschiedlichen Zielen gibt.“

Jürgen Sußner, Datev eG

Hier kann das sogenannte Inverse Conway Maneuver helfen. Dieses besagt im Wesentlichen, dass man sich zuerst das System und die gewünschte Anwendungsarchitektur anschauen soll, wie es idealerweise sein sollte, um dann erst die Strukturen von Team und Organisation dazu passend zu gestalten und weiterzuentwickeln. Auf diese Weise ist die gesamte Transformation weder eine einmalige Aufgabe noch ein Projekt, das ein definiertes Ziel hat – sie ist eine fortlaufende Veränderung der Arbeitsweise.

Mit dem Tempo des Wandels Schritt halten

Aus Sicht von Dienstleistern befindet sich die Prozesskette, in der Anwendungen entworfen und erstellt werden, aktuell in einem großen Wandel. Tatsächlich wurde sie allein in den letzten Jahren fast komplett neu erfunden. Während sich nun allmählich ein moderner Anwendungslebenszyklus verfestigt, versuchen viele Unternehmen immer noch aufzuholen und ihre eigene Trägheit zu überwinden.

Ein Zeichen des Wandels sind die zahlreichen neuen Titel und Positionen, die in den letzten Jahren in der IT-Branche aufgetaucht sind. Von manchen dieser Positionen hat vorher noch niemand etwas gehört und nur relativ wenige Organisationen wissen sie in ihren Strukturen wirklich einzuordnen. Google Trends verdeutlicht, wie schnell Technologien und die damit verbundenen Jobtitel und Verantwortlichkeiten entstehen – in vielen Fällen schneller als sich Unternehmen ohne professionelle Hilfe weiterentwickeln können.

Google Trends DevOps
Abbildung 1: Der Begriff DevOps wurde laut Google Trends in den letzten Jahren immer häufiger gesucht.

Heute wissen die meisten, dass eine Vielzahl dieser Rollen und Fähigkeiten tatsächlich notwendig sind – auch wenn viele noch nicht besetzt wurden – sowie, dass in Zukunft noch einige mehr hinzukommen werden. So ist DevSecOps eine weitere neue Fähigkeit, für die Unternehmen nun anfangen müssen Personal einzustellen. Zusammen mit anderen Aufgaben, die die Zwischenräume des Cloud Native Stacks auffüllen, entsteht letztlich ein Team aus unterschiedlich ausgebildeten Fachleuten, die ihre Kräfte bündeln und die Transformation gemeinsam vorantreiben.

Gleichzeitig müssen Unternehmen und ihre Führungskräfte neue Arbeitsabläufe annehmen und alte Verhaltensweisen überdenken. Im Gespräch zwischen Dienstleister und Kunden über die Frage, wie man neue Technologien einführt, gibt es häufig zwei verschiedene Reaktionen der Unternehmen: Entweder wird sich darüber beschwert, dass die Führungskräfte weder etwas von den neuen Möglichkeiten wissen, noch, wie das Unternehmen auf neue Anforderungen reagieren kann. Dieses Unwissen führt dann oftmals zu Frustration und Unsicherheiten bei den Gesprächen über zukünftige Projekte. Die andere Reaktion ist hingegen, dass die Mitarbeiter gerne mit ihren Führungskräften und Stakeholdern sprechen, weil sie bestimmte Punkte dieser Technologien und die Diskussionen darum verstehen. Meistens führt dieses gemeinsame Verständnis zu einem eher technologiegetriebenen Ergebnis.

Die Notwendigkeit einer solchen Anpassung und des Umdenkens gilt ebenso für die Transformation der Infrastruktur. Mit Kunden und Führungskräften über Cloud zu sprechen war bisher oftmals schwierig. Heute jedoch zeigen die neuen und einfachen Möglichkeiten, Cloud-Ressourcen zu implementieren und zu beziehen, dass ein Umdenken im Ressourcenmanagement die Produktivität verbessern wird. Diese Vorteile sowie die Auswirkungen auf das Tagesgeschäft vieler Unternehmen haben die Art und Weise, wie man über die Cloud denkt, drastisch verändert. So machen beispielsweise die verschiedenen Optionen von VMware für die Ausführung bestehender Workloads in Public Clouds es noch einfacher, die Vorteile von Cloud Computing zu nutzen. Denn Unternehmen sind nun nicht mehr dazu gezwungen, Anwendungen komplett umzugestalten oder noch funktionstüchtige Technologien ganz zu ersetzen.

Christoph Villnow, unique projects Gmbh & Co. KG

„Wer diese Veränderungen heute voll ausnutzt, wird auch in Zukunft besser positioniert sein, um mit dem kommenden Wandel Schritt zu halten.“

Christoph Villnow, unique projects Gmbh & Co. KG

Der nächste Schritt wird nun darin bestehen, alle – von den Entwicklern bis zu den Führungskräften – mit den aktuellen Technologien und Trends vertraut zu machen: Kubernetes, DevSecOps und Microservices, um nur einige zu nennen. Diese bringen zahlreiche Vorteile – insofern die Unternehmen die Konzepte annehmen, die nötigen Voraussetzungen schaffen und die richtigen Rollen besetzen. Wer diese Veränderungen heute voll ausnutzt, wird auch in Zukunft besser positioniert sein, um mit dem kommenden Wandel Schritt zu halten.

Über die Autoren:

Jürgen Sußner ist Senior Cloud Platform Engineer & Evangelist bei der Datev eG, Nürnberg. Christoph Villnow ist Senior IT-Architekt bei unique projects Gmbh & Co. KG, Duisburg. Beide haben langjährige Erfahrungen in der App-Modernisierung sowohl aus Kunden- (Datev) als auch aus Dienstleister-Sicht (unique projects) und erläutern hier einige der wichtigsten Learnings.

 

Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.

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