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Kapazitätsengpass im Data Center: Colocation oder Eigenbau?
Colocation bietet Vorteile, die nicht von der Hand zu weisen sind. Gleichzeitig muss man nicht immer eine Entscheidung für oder gegen ein eigenes Data Center treffen.
Fast jedes Unternehmen braucht Rechenzentrumskapazität. Der Bedarf ist individuell, doch insbesondere aufgrund der zunehmenden Digitalisierung wächst dieser beständig.
Die Frage, die sich über kurz oder lang aufdrängt, liegt nahe: Wie können zusätzliche Kapazitäten geschaffen werden? Dies ist nicht nur eine Frage des Geldes und der Zeit, sondern vor allem auch der Skalierbarkeit. Denn was kurzfristig an Kapazität zur Verfügung steht, kann mittel- oder langfristig schon wieder ungenügend sein.
Grundlegend gibt es auf diese Frage zwei Antworten: Die Kapazitäten selbst schaffen oder auf Colocation setzen. Doch für wen eignet sich was am besten? Und welche Faktoren sollten in der Entscheidungsfindung unbedingt berücksichtigt werden?
Vier Faktoren für die Entscheidungsfindung
Kostengünstig, hoch performant, zukunftsweisend und abgesichert – so sieht das perfekte Rechenzentrum idealerweise aus. Die große Herausforderung: Die Kosten sollen nicht in die Höhe schnellen.
Doch leider wissen Unternehmen oftmals gar nicht, wie sich die Kosten für Ihr Rechenzentrum im Detail zusammensetzen – und damit auch nicht, wo es Einsparpotenzial gäbe. Denn der Betrieb eines Data Centers verursacht auch Kosten, die nicht unbedingt auf die Kostenstelle der IT-Abteilung gerechnet werden. Das beinhaltet beispielsweise Kosten für die Energieversorgung oder Troubleshooting oder für die Wartung und Reinigung.
Doch es geht beim Thema Rechenzentrum nicht nur primär um die Kosten. Viel wichtiger ist, dass die Performance stimmt und die Ausfallsicherheit gegeben ist.
Der dritte Aspekt, Kapazität beziehungsweise Skalierbarkeit, zielt sowohl Richtung Kosten, als auch Performance ab. Denn wird in ein neues Rechenzentrum investiert, sollte dies für möglichst lange Zeit den Kapazitätsbedarf des Unternehmens decken und in einem gewissen Maß nach oben skalierbar sein, da eine Erweiterung nicht nur mit weiteren Investitionen verbunden ist, sondern auch den laufenden Betrieb vor einige Herausforderungen stellt.
Entsprechend wichtig ist eine fundierte Planung, die die Dynamik der Digitalisierung mitberücksichtigt. Denn Datenmengen können sich in der heutigen Zeit in enormer Geschwindigkeit vervielfachen und zu einem neuerlichen Kapazitätsengpass führen.
Der vierte wichtige Aspekt ist die Frage nach der Sicherheit. Je sensibler die Daten und Applikationen sind, desto wichtiger ist eine gute Absicherung des Rechenzentrums. Das beginnt bei physischen Maßnahmen wie Videoüberwachung und Sicherheitsdienst und geht bis zur Absicherung der Leitungen oder Maßnahmen zur Ausfallsicherheit.
Mieten oder bauen?
Je nach Unternehmensstrategie und Ausgangssituation kann sich der Bau eines eigenen Rechenzentrums anbieten – zum Beispiel, wenn noch kein eigenes Data Center vorhanden ist, Bau und Betrieb jedoch ressourcentechnisch kein Problem darstellt. Auch wenn ein bereits bestehendes Rechenzentrum nicht mehr den Standards entspricht, aber modernisiert werden kann, sollte hier gegebenenfalls direkt investiert werden.
Eine Alternative zum Bau und Betrieb eines eigenen Rechenzentrums ist die Anmietung von Racks, Cages oder Räumen in einem Colocation-Rechenzentrum. Dabei nutzen die Unternehmen die Räumlichkeiten und Infrastruktur eines externen Anbieters, der die Verantwortung für den reibungslosen Betrieb trägt. Je nach Anbieter variieren die Angebote und Unternehmen tun gut daran, ihren Bedarf mit den Angeboten der Rechenzentrumsbetreiber abzugleichen.
Grundsätzlich sollten Unternehmen darauf achten, dass folgende Vorrausetzungen in einem Colocation-Rechenzentrum gegeben sind:
- Georedundante, kantendisjunkte und Carrier-neutrale Netzzuführungen;
- durchgängige Stromredundanz;
- Klimaredundanz n+1;
- Zwei-Faktor-Authentifizierung;
- Sicherheitsdienst 24/7 an 365 Tagen vor Ort; und
- EN50600-Zertifizierung.
Die Entscheidung darüber, ob gemietet oder gebaut beziehungsweise erweitert werden soll, hängt letztlich von der Strategie des Unternehmens und den jeweiligen Voraussetzungen ab. Die Risiken beim Bau und Betrieb eines eigenen Rechenzentrums, die dabei oft fehlende Kostentransparenz und weniger Flexibilität haben Colocation in den letzten Jahren einen Aufschwung beschert.
Zusätzlich wurde der Colocation-Trend von steigenden Datenmengen angetrieben, was zu einem wachsenden Flächenbedarf und einer steigenden Leistung pro qm/Rack geführt hat. Außerdem spielten Entwicklungen wie die Zero-CO2-Policy, immer niedrigere PUE-Ziele, sowie steigende Anforderungen hinsichtlich Zertifizierung in diese Entwicklung hinein. Die Aspekte Redundanz und Hochverfügbarkeit haben an Gewicht gewonnen und die Möglichkeiten zur Klimatisierung und Stromversorgung haben sich enorm weiterentwickelt.
„Je nach Anbieter variieren die Angebote und Unternehmen tun gut daran, ihren Bedarf mit den Angeboten der Rechenzentrumsbetreiber abzugleichen.“
Wolfgang Kaufmann, Datacenter One
Diesen Anforderungen in ihrer Dynamik gerecht zu werden und neue technologische Möglichkeiten zu nutzen, ist in einem eigenen Rechenzentrum immer mit enormen Kosten und einem hohen Ausfallrisiko verbunden.
Nicht immer eine Entweder-Oder-Entscheidung
Colocation bietet Unternehmen Vorteile, die nicht von der Hand zu weisen sind. Jedoch muss nicht immer eine Entscheidung für oder gegen ein eigenes Rechenzentrum getroffen werden. Vor allem, wenn bereits ein Rechenzentrum existiert, welches jedoch nicht mehr ausreicht oder dem neuesten Standard entspricht, kann Colocation eine sinnvolle Ergänzung sein – ob die dazu gemietete Kapazität als Backup- oder Hauptrechenzentrum dient, hängt von den individuellen Anforderungen und der Leistungsfähigkeit des bereits existierenden Rechenzentrums ab.
Über den Autor:
Wolfgang Kaufmann verantwortet Planung, Bau sowie Betrieb von Rechenzentren und ist Geschäftsführer bei Datacenter One. In seiner Funktion hat er das erste in komplett modularer Bauweise errichtete Rechenzentrum in Deutschland realisiert und entscheidend mitgestaltet. In über 17 Jahren Branchenerfahrung hat Wolfgang Kaufmann mehr als 20.000 qm Rechenzentrumsfläche gebaut und betrieben. Sein Spezialgebiet ist der stetige Einsatz von innovativen und energieeffizienten Infrastrukturlösungen.
Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder und entsprechen nicht unbedingt denen von ComputerWeekly.de.