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KI als Treiber der Verwaltungsmodernisierung
Künstliche Intelligenz zieht in alle Geschäftsbereiche ein und auch in der Verwaltung kann KI Optimierungen bringen. So lassen sich unter anderem Vertrauen und Effizienz steigern.
Langsame Prozesse, steigende Anforderungen und ein wachsender Fachkräftemangel stellen die öffentliche Verwaltung vor immense Herausforderungen. Künstliche Intelligenz (KI) verspricht hier Abhilfe und bietet Werkzeuge, die nicht nur die Effizienz steigern, sondern auch die Interaktion mit den Bürgern verbessern kann. Doch während Unternehmen aus der Privatwirtschaft bereits massiv auf KI setzen, bleibt der öffentliche Sektor bislang deutlich hinter den Möglichkeiten zurück.
Die Einführung von KI in der Verwaltung ist oft mit organisatorischen und technologischen Hürden verbunden. Einer der zentralen Faktoren ist der schleppende Fortschritt der Digitalisierung in der deutschen Administration. Im eGovernment-Benchmark 2024 der Europäischen Kommission belegt Deutschland nur Platz 27 – weit hinter Spitzenreitern wie Malta und Estland, die digitale Verwaltungsangebote konsequent ausgebaut haben. Mit nur 66 Prozent liegt Deutschland zudem unter dem EU-Durchschnitt von 76 Prozent. Hierzulande mangelt es nicht nur an moderner Infrastruktur, sondern auch an klaren Strategien, wie KI flächendeckend in Verwaltungsprozesse integriert werden kann. Zudem hemmt die komplexe Struktur vieler Behörden die Umsetzung innovativer Technologien.
Auch der Faktor Mensch spielt eine wesentliche Rolle. Laut Studien liegt der Anteil der Beschäftigten, die KI aktiv nutzen, im öffentlichen Sektor um bis zu 18 Prozentpunkte unter dem der Privatwirtschaft. Dabei können gerade repetitive, zeitaufwändige Aufgaben dank KI effizienter gestaltet werden. Die Folgen des bislang geringen KI-Einsatzes sind nicht nur hohe Arbeitsbelastungen, sondern auch eine verpasste Chance, die Produktivität in der Verwaltung deutlich zu steigern.
Wo KI die Verwaltung verändern kann
Ein Vorzeigebeispiel für den erfolgreichen Einsatz von KI in der Verwaltung ist das Projekt ADEST der Bundesagentur für Arbeit. Hier wird maschinelles Lernen genutzt, um Stellenanzeigen zu analysieren. Die KI extrahiert relevante Informationen und bereitet diese automatisiert für die Veröffentlichung als Stellenanzeige vor. Der Vorteil liegt auf der Hand: Während Mitarbeitende entlastet werden, sinkt die Bearbeitungszeit signifikant. Solche Automatisierungen setzen Kapazitäten frei, die für strategische oder komplexere Aufgaben genutzt werden können.
Auch die Analyse großer Datenmengen gehört zu den Stärken der KI. Ein Beispiel aus der Umweltverwaltung zeigt, wie Drohnenbilder von Wäldern die Erkennung von Borkenkäferbefall vereinfacht: Die KI analysiert die Bilddaten und identifiziert präzise die betroffenen Areale. So können Maßnahmen schneller eingeleitet und Schäden effektiv eingedämmt werden. Diese Beispiele machen deutlich, wie KI die Effizienz und Präzision von Verwaltungsprozessen steigern kann.
Allen Anwendungsfällen ist jedoch gemein, dass qualitativ hochwertige und gut gepflegte Datensätze wichtige Voraussetzungen sind – ohne sie sind selbst die besten KI-Modelle nur eingeschränkt nutzbar.
Effizienzsteigerung in Zahlen greifbar machen
Die Vorteile von KI sind nicht nur qualitativ spürbar, sondern auch quantitativ messbar. Laut einer Studie der IW Consultkönnten bis zu 82 Prozent der Beschäftigten im öffentlichen Sektor von KI profitieren. Dabei geht es vor allem um die Automatisierung repetitiver Aufgaben wie die Bearbeitung von Anträgen oder die Beantwortung von Bürgeranfragen. Der wirtschaftliche Nutzen wäre enorm: Schätzungen zufolge könnte die Produktivität in der deutschen Verwaltung um bis zu 1,7 Prozent pro Jahr steigen, was einer zusätzlichen Wertschöpfung von 23,9 Milliarden Euro entspricht.
Doch KI ist nicht nur ein Effizienzwerkzeug, sondern auch eine Antwort auf den zunehmenden Fachkräftemangel im öffentlichen Sektor. Bis 2030 könnten laut Studien 840.000 Fachkräfte fehlen, darunter 140.000 IT-Spezialisten. KI könnte diese Lücke zumindest teilweise schließen, indem sie Routineaufgaben übernimmt und den Mitarbeitenden mehr Raum für strategische Tätigkeiten schafft.
Neben der Effizienzsteigerung trägt KI auch zur ökologischen Nachhaltigkeit bei. Digitale Prozesse ersetzen papierbasierte Vorgänge, automatisierte Systeme reduzieren den Energieverbrauch durch effizientere Abläufe.
„Effiziente und transparente Verwaltungsprozesse tragen wesentlich dazu bei, das Vertrauen der Bürger in den Staat zu stärken. Wird ein Anliegen schnell und unkompliziert bearbeitet, werden Behörden als leistungsfähiger und zugänglicher empfunden.“
Sven Hallbauer, Eviden
Gesetzliche Rahmenbedingungen fördern Fortschritt
Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind ein wichtiger Katalysator für den Einsatz von KI in der Verwaltung. Das Onlinezugangsgesetz (OZG) und seine Erweiterung, das OZG 2.0, schaffen die Grundlage für eine moderne, digitale Verwaltung. Ein zentraler Aspekt ist das sogenannte Once-Only-Prinzip: Bürger reichen Daten nur einmal ein, während die Behörden diese Informationen eigenständig abrufen können.
Das Informationstechnikzentrum Bund (ITZBund) arbeitet derzeit an umfassenden Strategien, die KI-Technologien stärker in die Verwaltungsstrukturen integrieren sollen. Ziel ist es, nicht nur technische Lösungen zu entwickeln, sondern auch Standards zu definieren, die eine nachhaltige Nutzung von KI ermöglichen.
Vertrauensbildung durch digitale Transparenz
Effiziente und transparente Verwaltungsprozesse tragen wesentlich dazu bei, das Vertrauen der Bürger in den Staat zu stärken. Wird ein Anliegen schnell und unkompliziert bearbeitet, werden Behörden als leistungsfähiger und zugänglicher empfunden. Dabei spielen auch die einheitliche Nutzerfreundlichkeit und der Schutz persönlicher Daten eine wichtige Rolle.
Transparente Abläufe, die mit der Unterstützung von KI schneller und sicherer umgesetzt werden können, fördern diese positive Wahrnehmung. Gleichzeitig erleichtern sie die interne Kommunikation in Behörden, indem sie klare Standards schaffen und Fehlkommunikation reduzieren. Derartige Vorteile unterstreichen die doppelte Wirkung von KI: Sie optimiert Prozesse und stärkt das Vertrauen in die staatlichen Institutionen.
KI als Schlüssel zur modernen Verwaltung
Die Möglichkeiten von KI in der öffentlichen Verwaltung sind enorm. Sie reichen von der Automatisierung repetitiver Aufgaben über die Verbesserung der Bürgerinteraktion bis hin zur Förderung von Nachhaltigkeit und der Entlastung von Fachkräften. Projekte wie ADEST zeigen, dass die Technologie bereits heute erfolgreich eingesetzt werden kann. Doch um das volle Potenzial von KI auszuschöpfen, sind klare Strategien, hochwertige Daten und eine moderne Infrastruktur unerlässlich. Die digitale Verwaltung der Zukunft kann Realität werden, wenn technologische Innovationen wie KI mit einer konsequenten Strategie kombiniert werden. So könnte KI nicht nur die Effizienz steigern, sondern auch die Beziehung zwischen Staat und Bürgern nachhaltig stärken.
Über den Autor:
Sven Hallbauer verfügt über mehr als 15 Jahre Erfahrung im Public Sector, Verteidigung und Gesundheitswesen. Nach seinem Studium der Betriebswirtschaftslehre in Leipzig und einem BA in Strategy and Marketing in Edinburgh war er unter anderem bei der Bundesdruckerei und Rohde & Schwarz für Cybersecurity tätig. Seit 2019 leitet er bei Eviden den Bereich Industry Sales für Public Sector, Defense & Health und ist Experte für internationale Vertriebsstrategien und Business Development.
Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.