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KI, FinOps und Lizenzmanagement: den KI-Kater vermeiden
Erste Unternehmen haben bereits Symptome eines KI-Katers. Statt höherer Produktivität stehen IT-Verantwortliche vor steigenden Kosten und verzwickten Compliance-Fragen.
Künstliche Intelligenz gilt als die Zukunftstechnologie. Nach einer Studie des ifo Instituts haben bereits 12 Prozent der deutschen Unternehmen im letzten Jahr zumindest eine KI-Anwendung eingesetzt. Im europäischen Vergleich liegt Deutschland damit im vorderen Mittelfeld auf Platz 7, hinter Vorreitern wie Dänemark und Finnland. Vor allem große Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten setzen auf KI, wobei größtenteils kommerzielle Standardsoftware oder spezifische Lösungen externer Anbieter das IT-Portfolio ergänzen.
So neu die Technologie ist, das IT-Management hingegen gewinnt keine wirklich neue Aufgabe. Im Grunde unterscheiden sich KI-Assets nämlich nicht von anderen IT-Assets – auch sie müssen mitsamt ihren Lizenzen, Kosten und Risiken gemanagt werden. Gefragt ist IT-Transparenz, um das Kosten-Nutzen-Verhältnis jedes einzelnen KI-Tools evaluieren und optimieren zu können. Gelingt das nicht, verlaufen selbst die vielversprechendsten KI-Initiativen ins Leere und hinterlassen neben einem Berg an Rechnungen einen schalen Nachgeschmack.
Der KI-Effekt auf Lizenzen
Die Auswirkung von KI auf den Lizenzierungsbedarf im Unternehmen ist nicht zu unterschätzen. Das KI-Angebot wächst und Hersteller investieren massiv in neue Produkte oder integrieren KI-Features und -Services in bestehende Anwendungen (zum Beispiel Microsoft Copilot). Die neuen Funktionen sind allerdings nicht immer automatisch Teil bestehender Softwarelizenzen. Wer die neuesten Funktionen mit generativer KI einsetzen möchte, wird vielmehr erneut zur Kasse gebeten oder auf ein anderes Lizenzmodell umgestellt. Über kurz oder lang verändern sich damit die Lizenzen und Preismodelle im Allgemeinen.
KI und Cloud Computing gehen dabei Hand in Hand. Software-Anbieter versuchen seit Jahren, Kunden in Richtung Software as a Service (SaaS) zu bewegen. Und auch in Sachen KI führt kaum ein Weg an der Cloud vorbei. Eine ähnliche Entwicklung zeichnet sich zudem beim Software-Abo ab.
Egal ob KI als integriertes oder als Extra-Feature einer Anwendung in den IT-Haushalt kommt, IT-Verantwortliche müssen einen genauen Blick in die Lizenzvereinbarungen werfen. Welche KI-Funktionalitäten sind mit welcher Lizenz abgedeckt? Über welche Metriken (zum Beispiel Verbrauch) erfolgt die Abrechnung? Müssen Unternehmen auf ein Abonnement umstellen? Ist das Tool nur als SaaS verfügbar? Was bedeutet das langfristig für die IT-Ausgaben, IT-Sicherheit und IT-Compliance?
Sowohl KI-Technologien als auch das KI-Angebot entwickeln sich momentan rasend schnell weiter. Es lohnt sich daher langfristig zu planen und restriktive Lizenzen zu hinterfragen. Auch die Beobachtung des Markts insgesamt sowie die Roadmap von Key-Anbietern kann bei der Entscheidungsfindung eine Rolle spielen.
ROI von KI-Assets
Letztendlich geht es im IT-Asset-Management (ITAM) darum, zu wissen, wer im Unternehmen die KI-Tools tatsächlich nutzt. Schließlich soll nur in das investiert werden, was auch tatsächlich benötigt wird und zumindest mittelfristig einen Mehrwert abwirft. KI-Funktionen nach dem Gießkannenprinzip allen bestehenden Lizenzen einer Software hinzufügen, treibt die IT-Ausgaben nur unnötig in die Höhe. Selbst bei vielversprechenden Anwendungen sollten IT-Verantwortliche umsichtig vorgehen.
In den meisten Unternehmen sind KI-Anwendungen Neuland. Erfahrungsberichte und verlässliche Daten zur Nutzung fehlen. Daher empfiehlt es sich, KI-Anwendungen zunächst im Rahmen eines Proof of Concepts (PoC) auf eine begrenzte Zahl an Nutzern auszurollen. Das kann der tech-affine Top-Manager sein, ein Team aus Datenwissenschaftlern oder die Top-Performer im Vertrieb. Die dabei gesammelten Erfahrungen dienen als Basis, um eine unternehmensweite Adoptionsstrategie zu erarbeiten.
Die Entscheidung für oder gegen ein KI-Tool hängt von mehreren Faktoren ab. Dazu gehört beispielsweise eine hohe Benutzerfreundlichkeit oder die Erfüllung von wichtigen Datenschutzrichtlinien (zum Beispiel EU-DSGVO). Ein höherer Lizenzpreis mag akzeptabel sein, wenn die Integration einfach verläuft und die Kosten transparent sind. In manchen Fällen lohnt es sich, beim Anbieter seines Vertrauens zu bleiben. In anderen Fällen trifft das Leistungspaket eines Neulings ins Schwarze. Im Endeffekt geht es darum, die Lösung zu wählen, die am besten in das IT-Portfolio passt, das heißt interne Anforderungen erfüllt, den tatsächlichen Bedarf abdeckt und Mehrwert schafft.
Kosten im Griff: FinOps & KI
Leider ist es nicht immer möglich, den Return on Investment (ROI) von KI-Assets tatsächlich zu bestimmen. Die möglichen Anwendungsfälle sind nahezu grenzenlos und viele Unternehmen befinden sich noch in der Experimentierphase. Nicht jede Investition verspricht hier sofortige Profitabilität. Aufgrund der Dynamik, mit der KI-Modelle trainiert und genutzt werden, ist deren Ressourcenverbrauch ebenfalls schwer vorherzusagen und zu kontrollieren. Jeder neue Datensatz kann theoretisch den Durchbruch bringen – oder wie ein schwarzes Loch Gelder verschlingen.
Das heißt aber nicht, dass IT-Managementansätze nicht auch bei KI-Assets greifen – so zum Beispiel FinOps. Tatsächlich erfolgt das Management von KI-Kosten parallel zur Verwaltung von Cloud-Kosten. Das FinOps-Framework bietet hierfür ein solides Fundament: Es umfasst IT-Transparenz, um die Ressourcennutzung einzusehen, die Zuordnung von Nutzung (und Kosten) an die jeweiligen Stakeholder sowie die darauf basierende Optimierung. Der Schlüssel liegt in der Anpassung des Frameworks und die Integration der KI-Kostenoptimierung als Teil einer ganzheitlichen FinOps-Praxis.
Schatten-KI eindämmen
Neben den Kosten steht das IT-Management noch vor einem anderen Problem: Mit steigender Akzeptanz auf Anwenderseite, beziehen Mitarbeitende KI-Lösungen auch gerne ohne Wissen der IT und schaffen so eine neue Art der Schatten-IT. Verschärfend kommt hinzu, dass viele KI-gestützte Anwendungen kostenlos sind und sich auf herkömmlichen Weg (zum Beispiel Quittungen) nicht nachverfolgen lassen.
Die semi-private Nutzung der neuesten GenAI-App und von Übersetzungs-Tools mag auf den ersten Blick harmlos wirken. Wenn die Nutzung eines KI-Chatbot jedoch ein Datenleak verursacht und sensible Unternehmensdaten plötzlich online stehen, ist der Ärger groß. Schatten-KI birgt mehrere Risiken. Wer öffentliche KI-Anwendungen mit internen Daten oder Inhalten füttert, verstößt nicht nur gegen interne Richtlinien und gefährdet das Intellectual Property (IP). Leaks von personenbezogenen Daten verletzen auch Datenschutzbestimmungen und haben rechtliche Konsequenzen. Ungeprüfter KI-Output wiederum kann den Ruf von Unternehmen und die Beziehung zu Kunden, Partnern und anderen Stakeholdern langfristig schaden.
„Ein rigoroses KI-Verbot im Unternehmen lässt sich in der Praxis kaum durchsetzen. Unternehmen sollten vielmehr interne Richtlinien aufstellen, um den Einsatz von KI rechtlich und sicherheitstechnisch in die richtigen Bahnen zu lenken.“
Brian Adler, Flexera
Ein rigoroses KI-Verbot im Unternehmen lässt sich in der Praxis kaum durchsetzen. Unternehmen sollten vielmehr interne Richtlinien aufstellen, um den Einsatz von KI rechtlich und sicherheitstechnisch in die richtigen Bahnen zu lenken. Schulungen können helfen, Mitarbeitende über Chancen und Risiken aufzuklären. Zentral ist zudem eine unkomplizierte und schnelle Bereitstellung der gewünschten Tools durch die IT. Auf technischer Seite sorgen die richtigen Discovery-Tools für eine lückenlose Überwachung der aktiven KI-Nutzung im Unternehmen.
Smartes Lizenzmanagement: KI managt KI
Die gute Nachricht: Ein effektives ITAM liefert bereits einen umfassenden Einblick in den hybriden IT-Bestand – egal ob es sich um On-Premises, die Cloud oder KI-Assets handelt. Und nicht nur das: Die Managementlösungen nutzen vermehrt KI, um die Prozesse zu automatisieren und zu vereinfachen.
Gartner geht davon aus, dass intelligente Plattformen bis 2028 die diversen Anbieterverträge selbständig verwalten und Risiken bezüglich der Compliance um bis zu 30 Prozent reduzieren. Die natürliche Sprachverarbeitung von GenAI entschlüsselt selbst hochkomplexe Vertragsbedingungen, einschließlich kundenspezifischer Klauseln und Verbrauchsmuster. Die tatsächliche und die vertraglich vereinbarte Nutzung von IT-Assets lässt sich so automatisch ermitteln und optimieren. Auch bei Fragen rund um die Lizenzierung, die Nutzungskonditionen, End of Life (EOL) und End of Service (EOS) oder aktuellen Preisrabatten der Anbieter könnte ein ITAM-Chatbot Rede und Antwort stehen.
Grundvoraussetzung für dieses Zukunftsszenario bleibt aber eine kuratierte und saubere Datengrundlage über alle IT-Assets im Unternehmen hinweg. Schließlich ist auch die beste KI nur so gut wie die Daten, mit denen sie gefüttert wird.
Über den Autor:
Als Senior Director of Cloud Market Strategy nimmt Brian Adler bei Flexera eine Vordenkerrolle bei technischen Aspekte von Cloudprojekten ein, von der Strategie über die Einführung und Migration bis hin zur Kostenoptimierung. Vor Flexera war Adler Analyst für Cloudinfrastruktur und -betrieb bei Gartner und arbeitete über acht Jahre als Director of Enterprise Architecture beim Cloudexperten RightScale (2018 von Flexera übernommen)
Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.