Matic Štojs Lomovšek - stock.a
Internet ohne Third Party Cookies: Welche Lösungen gibt es?
Die Ankündigung, Third Party Cookies abzuschaffen, stellt digitale Werbetreibende vor Herausforderungen. Effektive Alternativen entscheiden über die Zukunft des Online-Marketings.
Mit der Ankündigung, Third Party Cookies abzuschaffen, steht die digitale Werbewirtschaft vor großen Herausforderungen. Nachdem die Drittanbieter-Cookies jahrelang die Basis für erfolgreiches Online-Marketing waren und Werbetreibenden mit personalisierter Werbung zu erfolgreichen Konversionsraten verholfen haben, befürchten einige nun massive Einbrüche.
Die Entwicklung effektiver Alternativen ist daher entscheidend für die Zukunft des Online-Marketings, da viele Geschäftsmodelle vor einer großen Veränderung stehen.
Der Ruf nach Datenschutz
Der Ruf nach mehr Datenschutz im Internet wächst. Die Politik kommt diesem Wunsch von Internetnutzern und Datenschützern nach und passt immer wieder die rechtlichen Rahmenbedingungen an, sowohl auf EU- als auch auf nationaler Ebene.
Nach langer rechtlicher Unsicherheit hat die Bundesregierung jüngst den Gesetzesentwurf des Telekommunikation-Telemedien-Datenschutzgesetz (TTDSG) vorgelegt. Die Rechte und Privatsphäre von Internetnutzern sollen dadurch gestärkt werden. Eine Speicherung von Cookies ist dann nur noch möglich, wenn Nutzer entsprechend der EU-Datenschutz-Grundverordnung (EU-DSGVO) umfassend informiert wurden und ihre Einwilligung erteilt haben. Eine besonders wichtige Rolle soll dabei die Benutzerfreundlichkeit spielen.
Dem voran geht die Rechtsprechung auf EU-Ebene. Hier gibt es bereits seit 2009 eine Vorgabe über die Verwendung von Third Party Cookies. Im Juli 2020 wurde die Datenverarbeitung in Drittländern im Grundsatz untersagt, als das EuGH das sogenannte Privacy Shield für ungültig erklärte. Da der Datenaustausch zwischen der EU und den USA seither in einem Graubereich liegt, arbeiten die Regierungen an einem neuen Privacy Shield Framework.
Keine verfolgende Werbung mehr?
Google kündigte vor einigen Wochen an, künftig auf personenbezogenes Tracking zu verzichten. Dazu werden verschiedene Technologien entwickelt. Im Rahmen des Privacy-Sandbox-Programms kristallisiert sich das Projekt Federated Learning of Cohorts (FLoC) als vielversprechendste Lösung heraus. Internetnutzer werden in Clustern entsprechend ihrer Interessen zusammengefasst. Dadurch sollen sie nicht mehr identifizierbar sein. Zum Schutz der Browserhistorie erfolgt die Datenverarbeitung geräteintern. Jüngste Tests der FLoC-Technologie ergaben, dass Werbetreibende mit einer Konversionsrate von 95 Prozent der bisherigen Konversionen rechnen können. Geplant ist, bis 2022 das System umzusetzen.
Trotz der andauernden Tests zur Effektivität ist Google zuversichtlich, hiermit die Lösung gefunden zu haben. Jedoch hängen die Ergebnisse stark von der Art der Zielgruppe und dem Clustering-Algorithmus ab. Damit die Zielgruppen effektiv erstellt werden können, ist ein weiteres Projekt in Arbeit: First Locally-Executed Decision over Groups (FLEDGE). Hier wird das Feedback aus der Branche berücksichtigt. Es hilft dabei, wichtige Informationen über Gebote und Budgets für einzelne Kampagnen auf einem vertrauenswürdigen Server zu speichern.
Googles Vorgehen löst eine Stärkung der First Party Cookies und somit eine größere Datenhoheit der Internetnutzer aus. Publisher erhalten die wichtige Rolle, Beziehungen zu Internetnutzern aufzubauen. Wichtig hierfür sind vor allem Transparenz sowie gutes Einwilligungsmanagement. Auch wenn der Google-Ansatz scheinbar für mehr Datenschutz sorgen soll, ist jedoch nicht außer Acht zu lassen, dass die Nutzerdaten weiterhin gespeichert werden, wodurch die Marktmacht des Internetriesen gestärkt wird.
Unterschiedliche Lösungen für datenschutzkonforme Identifikation
Qwant hat 2020 eine Cookie-freie Lösung auf den Markt gebracht und nutzt grundsätzlich kein Tracking. Dementsprechend werden keine Nutzerprofile erstellt. Es werden keine vorherigen Suchanfragen gespeichert, weder geräteintern noch auf Servern. Werbung wird kontextbezogen angezeigt und basiert auf der getätigten Suchanfrage. Auf den Nutzer personalisierte und verfolgende Werbung gibt es nicht. Die semantische Suche ist die Basis für die Auswahl und Ausspielung der Anzeigen.
„Auch wenn der Google-Ansatz scheinbar für mehr Datenschutz sorgen soll, ist jedoch nicht außer Acht zu lassen, dass die Nutzerdaten weiterhin gespeichert werden, wodurch die Marktmacht des Internetriesen gestärkt wird.“
Jean Claude Ghinozzi, Qwant
Da personalisierte Werbung für Werbetreibende von großer Bedeutung für die Conversion Rate ist, wurden Lösungen für eine datenschutzkonforme Identifikation von Nutzern entwickelt. NetID bietet die Möglichkeit, Kunden wiederzuerkennen. Mit der Einverständniserklärung von Nutzern können deren Daten gespeichert werden. Jedoch hängt die Wirksamkeit dieses Single-Sign-On-System vom Bekanntheits- und Verbreitungsgrad sowie der aktiven Nutzung ab.
Etwas ähnlich hat das Interactive Advertising Bureau sein Project Rearc (kurz für Recharchitect) vorgestellt. Über verschlüsselte E-Mail-Adressen und Telefonnummern soll es hiermit möglich sein, Internetnutzer zu identifizieren. Dieser Ansatz zielt auf einen einheitlichen Login für alle Websites ab. Wie die Infrastruktur um den Datenfluss aufgebaut werden soll, ist noch unklar. Eine Weitergabe von Informationen soll nur unter Beachtung geltender Gesetze möglich sein.
Über den Autor:
Jean-Claude Ghinozzi ist CEO des Suchmaschinenanbieters Qwant.
Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.