Worawut - stock.adobe.com

Intelligenter Kundenservice: Was kann KI – und was nicht?

Kunden erwarten nicht nur erstklassige Produkte, sondern auch eine perfekte Betreuung. Doch guter Support ist teuer und erfordert ein erfahrenes Team. Neue Chancen eröffnet KI.

Mit Conversational und Generative AI hält eine neue Generation an intelligenten, digitalen Assistenten Einzug im Kunden-Support.

Das Potenzial zeigt eine Studie (PDF) des National Bureau of Economic Research. Demnach waren Kundenbetreuer, die Tools mit generativer KI bei der Bearbeitung von Kundenanfragen nutzten, um 14 Prozent produktiver als Mitarbeiter, die dies nicht taten. Geringer qualifizierte und unerfahrene Kundenbetreuer erledigten ihre Aufgaben sogar um 35 Prozent schneller und waren mit nur zwei Monaten Berufserfahrung ebenso effizient wie Beschäftigte mit sechs Monaten Betriebszugehörigkeit, die keinen KI-Assistenten an der Seite hatten.

Aber auch routinierte Serviceagenten profitieren vom Einsatz von KI. Relevante Technologien sind hier vor allem Machine Learning / Deep Learning, Natural Language Processing (NLP), Sprachverarbeitung, Predictive Analytics und Computer Vision. Sie werden oft kombiniert, um leistungsstarke Lösungen zu schaffen, Dabei ist die digitale Unterstützung nicht in erster Linie dazu gedacht, den menschlichen Kontakt zu ersetzen, sondern soll die Mitarbeiter vor allen Dingen entlasten, Prozesse effizienter machen und die Qualität der Interaktionen verbessern.

Intelligente Helfer im Kunden-Support

Der KI-gestützte Werkzeugkasten bietet für den Kunden-Support eine ganze Reihe von Funktionen und nützlichen Anwendungen: So können beispielsweise mit Automatic Speech Recognition (ASR) gesamte Gespräche in Echtzeit transkribiert werden. Voice Assistants analysieren die enthaltenen Informationen, um relevante Daten oder Antworten auf Kundenanfragen herauszufiltern oder direkt einen Befehl auszuführen, wie etwa einen Bestellvorgang zu starten.

Die intelligenten Systeme haben direkten Zugriff auf Kundenprofile und stellen Daten zum Bestellstatus, zu Transaktionshistorien oder individuellen Präferenzen unmittelbar während eines Interaktionsschritts zur Verfügung. Die Kundenbetreuer können sich auf das Gespräch konzentrieren und müssen nicht nebenbei manuell nach relevanten Informationen suchen. Dabei verarbeiten die virtuellen Assistenten nicht nur strukturierte Daten, sondern führen auch komplexe Analysen durch, erkennen Muster und sprechen Empfehlungen aus. Dies ermöglicht eine personalisierte und reaktionsschnelle Beratung, nimmt Druck von den Mitarbeitern und erhöht die Zufriedenheit der Kunden.

Routineaufgaben an KI auslagern

Auch wenn KI-Systeme immer intelligenter werden, dank Machine Learning ständig dazulernen und in natürlicher Sprache interagieren können: ihre große Stärke sind nach wie vor Routinetätigkeiten. Sie automatisieren repetitive Aufgaben, was zu erheblichen Zeit- und Ressourceneinsparungen führt. KI-Tools analysieren und verarbeiten schnell riesige Mengen an Daten, prüfen Transaktionen und beantworten einfache und häufig gestellte Fragen präzise und rund um die Uhr.

Spracherkennung ermöglicht die automatische Bearbeitung von Anrufen, während KI-gesteuerte Selbstbedienungs-Tools Kunden befähigen, einfache Probleme eigenständig zu lösen. Durch die Automatisierung dieser aufwendigen, aber standardisierten Aufgaben können menschliche Mitarbeiter ihre Aufmerksamkeit auf komplexere Anfragen richten, wodurch die Gesamteffizienz gesteigert und die Qualität des Kunden-Supports verbessert wird. Die automatisierten Prozesse gewährleisten eine Konsistenz in der Servicequalität, unabhängig von Tageszeit oder Arbeitsbelastung. Zudem ermöglicht KI die Skalierbarkeit des Kundenservices, sodass Unternehmen sich flexibel an Schwankungen in der Anfragenanzahl anpassen können.

Virtuelle Agenten – was können Chatbots heute?

Unabhängig von Zeit, Ort oder Kommunikationskanal schnell und multilingual Hilfestellung erhalten, ohne in endlosen Warteschleifen ausharren zu müssen – was die 24/7-Verfügbarkeit angeht, so sind Chatbots die unübertroffenen Stars im Support. Die virtuellen Agenten ermöglichen eine sofortige Unterstützung für Kunden überall auf dem Globus. Herkömmliche Chatbots arbeiten allerdings regelbasiert. Das heißt, sie funktionieren nach festgelegten Regeln und Skripten, sind jedoch begrenzt in ihrer Fähigkeit, natürliche Gespräche zu führen und komplexe Anfragen zu verstehen. Dies kann zu Frustration bei den Kunden führen, die auf vorgefertigte Antworten stoßen und sich nicht individuell betreut fühlen.

Die KI-gestützten Chatbots der Generation ChatGPT verstehen dagegen menschliche Sprache, führen kontextbezogene Gespräche, bringen komplexe Anfragen in den richtigen Zusammenhang und lernen aus allen Interaktionen beständig dazu. Die Entwicklungen die generative KI in diesem Bereich in letzter Zeit genommen hat, sind dabei gewaltig.

Folgende Funktionen machen KI-basierte Chatbots zu wahren Assistenten:

  • Natural Language Understanding (NLU) und Mehrsprachigkeit: KI-basierte Chatbots verstehen natürliche Sprache und bieten flexiblere Gespräche an. Des Weiteren können KI-basierte Chatbots mehrere Sprachen erkennen und problemlos wechseln.
  • Website Indexer und Selflearning: Diese Chatbots durchsuchen die Website automatisch, verarbeiten Informationen eigenständig und liefern passende, kontextreiche, intelligente Antworten.
  • Integriert im Ökosystem und Hands-off: Sie sind nahtlos in bestehende Systeme integrierbar und erkennen selbst, wenn sie dem Kunden nicht mehr weiterhelfen können und leiten diesen an den Mitarbeiter weiter.
  • Prozessoptimierung und Analyse: KI-basierte Chatbots können zahlreiche Prozesse automatisieren und mit IT-Systemen interagieren. Außerdem lassen sich die Interaktionen analysieren, um den Support laufend zu verbessern.

Zusammenspiel zwischen Menschen und Technologie

Im Idealfall greifen menschliche Mitarbeiter im Kundenservice und KI-Systeme nahtlos ineinander und ergänzen sich gegenseitig. Damit dies gelingt, ist es wichtig, klare Aufgabenverteilungen zu definieren. Dies kann je nach Anfragekomplexität, Dringlichkeit oder anderen Faktoren variieren. Ein weiterer Schlüsselfaktor ist die sorgfältige Schulung der Mitarbeiter, damit sie die Funktionsweise der eingesetzten KI-Technologien verstehen und effektiv mit den Systemen zusammenarbeiten können. Die Implementierung von Feedbackschleifen ermöglicht es, kontinuierliche Verbesserungen auf beiden Seiten – Mensch und KI – vorzunehmen.

Maximilian Baritz, GFT Deutschland GmbH

„Klare Kommunikation darüber, wann Kunden mit einer KI interagieren, fördert Vertrauen und erhöht die Akzeptanz. Die Möglichkeit einer menschlichen Eskalation sollte außerdem immer gegeben sein, insbesondere wenn Anfragen aus dem üblichen Rahmen fallen, besonders komplex oder möglicherweise emotional sind.“

Maximilian Baritz, GFT Deutschland GmbH

Flexibilität und Anpassungsfähigkeit sind entscheidend, um sich den sich ändernden Anforderungen anzupassen. Dies beinhaltet die Fähigkeit, die Rolle der KI basierend auf neuen Erkenntnissen und Entwicklungen immer wieder neu zu bewerten. Qualitätskontrollmechanismen, wie regelmäßige Audits oder Überprüfungen von Transkriptionen, gewährleisten eine hohe Servicequalität auf beiden Seiten.

Zu guter Letzt: Klare Kommunikation darüber, wann Kunden mit einer KI interagieren, fördert Vertrauen und erhöht die Akzeptanz. Die Möglichkeit einer menschlichen Eskalation sollte außerdem immer gegeben sein, insbesondere wenn Anfragen aus dem üblichen Rahmen fallen, besonders komplex oder möglicherweise emotional sind. So kann sichergestellt werden, dass Kunden bei Bedarf nahtlos zu einem menschlichen Agenten wechseln können. Denn bei allen Fortschritten, die die Technologie vorweisen kann: Im Kundenservice wird es immer wieder Situationen geben, die Empathie, moralische Urteilsfähigkeit und zwischenmenschliche Beziehungen erfordern.

Über den Autor: 
Maximilian Baritz, Managing Director bei GFT Deutschland, unterstützt Banken und Industrie beim sicheren Einsatz von KI. Hierbei legt er sein Fokus auf die Erzeugung von messbarem Geschäftswert. Seine Erfahrungen reichen von KI-Strategie & -Governance bis hin zur sicheren Implementierung und dem Betrieb produktiver KI-Systeme. Gemeinsam mit internationalen Banken und Aufsichtsbehörden hat er zudem mehrere Enterprise AI-Produkte im Bereich Anti-Financial Crime entwickelt. 

 

Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.

Erfahren Sie mehr über Künstliche Intelligenz (KI) und Machine Learning (ML)