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Industrie 4.0 und Digitalisierung gewinnen an Fahrt

Wer Geschäftsprozesse digitalisiert und eine Initiative zu Industie 4.0 angeht, ist auch in Krisensituationen erfolgreicher. Das legt zumindest eine Bitkom-Studie nahe.

Wer digitalisiert, kommt schneller über die Coronavirus-/COVID-19-Krise hinweg. So könnte man die aktuelle Umfrage des Branchenverbands Bitkom zusammenfassen, die im Mai 2020 erschienen ist: 59 Prozent der mehr als 500 befragten deutschen Unternehmensvertreter aus Firmen mit mehr als 100 Mitarbeitern nutzen Industrie-4.0-Anwendungen (2018 49 Prozent). Für ein Prozent ist Industrie 4.0 gar kein Thema.

„Je digitaler die Industrieunternehmen aufgestellt sind, desto schneller werden sie sich von den Folgen des Shutdowns erholen“, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg. Das entspricht der Selbsteinschätzung der Unternehmen: 94 Prozent sehen in Industrie 4.0 die Voraussetzung für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie. Mehr als die Hälfte (55 Prozent) glaubt, dass Industrie 4.0 dem eigenen Geschäft generell neuen Schub gebe. Und 93 Prozent der Umfrageteilnehmer sehen das Thema als Chance, nur fünf Prozent als Risiko.

Geschäftsmodelle verändern sich durch Industrie 4.0

Spannend an der Bitkom-Studie ist, dass auch die Art der Veränderung sichtbar wird. So geben 73 Prozent (2018: 59 Prozent) der Befragten an, dass sich bei ihnen mit Industrie 4.0 nicht nur einzelne Abläufe oder Prozesse verändern, sondern ganze Geschäftsmodelle.

Bitkom-Studie Industrie 4.0
Abbildung 1: Knapp drei Viertel der Umfrageteilnehmer geben an, dass Industrie 4.0 ihr Geschäftsmodell beeinflusst.

Dazu gehört für jedes zweite Unternehmen (51 Prozent) die Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen oder zumindest die Veränderung bestehender Produkte (26 Prozent). Und 28 Prozent nehmen bisherige Produkte und Dienstleistungen sogar ganz vom Markt. Die Veränderungen, die Industrie 4.0-Anwendungen erzeugen, sind am Markt also deutlich wahrnehmbar.

Plattformen auf dem Vormarsch

An vorderster Stelle stehen bei den neuen Produkten und Dienstleistungen die Plattformen: 88 Prozent entwickeln digitale Plattformen neu oder weiter oder beteiligen sich daran. Wesentlicher Effizienzgewinn dürften hier die Faktoren Geschwindigkeit und Transparenz sein.

Wenn zum Beispiel in der Logistik durch die Vernetzung aller Teilnehmer vom Hersteller über den Lageristen bis zu verschiedenen Lieferdiensten und dem Empfänger allen Beteiligten über den gesamten Prozess die für sie relevanten Informationen zur Verfügung stehen, dann lassen sich etwa Auslastungen in Produktion und Lieferung deutlich besser planen, weil die benötigten Daten zum einen früher und zum anderen umfassend zur Verfügung stehen.

Da in der Regel alle Prozesse digitalisiert sind, steigt zudem die Datenqualität. Wenn dann noch, wie zum Beispiel bei der von Lufthansa Cargo, Schaeffler oder Liebherr genutzten Plattform Logistics Cloud die Datenintegration durch eine Standardsoftware abgebildet wird, die zahlreiche, bereits vorhandene Standards nutzt und die Anbindung unabhängig von System, Format oder Protokoll von Excel bis ERP ermöglicht, dann ist auch der Initialaufwand überschaubar.

Auch beim Thema 5G, das 73 Prozent der Industrieunternehmen als wichtig für das eigene Geschäft erachten, spielen Vernetzung und Datenintegration die wesentlichen Rollen. Mehrwerte wie Predictive Maintenance, Steigerung der Produktivität, Optimierung von Produktions- und Fertigungsprozessen, bessere Skalierbarkeit oder Reduzierung von Kosten stellen sich vor allem dann ein, wenn die reibungslose Kommunikation der beteiligten Partner und der verwendeten Systeme kurzfristig und fehlerfrei etabliert und angepasst werden kann. Dies am besten ohne hoch spezialisierte IT-Mitarbeiter mit Programmierkenntnissen.

So gaben 58 Prozent der Befragten an, dass der Mangel an Spezialisten für Industrie 4.0 zu den großen Hemmnissen zählt. Hier liegt der Ball also bei den Serviceanbietern. Um beim Beispiel zu bleiben: Wer eine Software für Datenintegration anbietet, sollte diese so gestalten, dass für die Verbindung von Schnittstellen eine problemlos zu bedienende Oberfläche zur Verfügung steht, mit der Mitarbeiter nach einem Tag Schulung produktiv arbeiten können, ohne programmieren zu müssen.

Erste Etappe bei Industrie 4.0 gemeistert

Auch wenn die Bitkom-Umfrage nahelegt, dass Deutschland beim Thema Industrie 4.0 im internationalen Vergleich weit vorne liegt, zeigen die Zahlen, dass die deutsche Industrie allenfalls die erste Etappe gut gemeistert hat.

Steffen Brehme, Lobster GmbH

„Auch wenn die Bitkom-Umfrage nahelegt, dass Deutschland beim Thema Industrie 4.0 im internationalen Vergleich weit vorne liegt, zeigen die Zahlen, dass die deutsche Industrie allenfalls die erste Etappe gut gemeistert hat.“

Steffen Brehme, Lobster GmbH

Mit dem Thema künstliche Intelligenz (KI) gibt es eine weitere Technologie, die Prozesse und Geschäftsmodelle weiter verändern wird. Die Coronavirus-/COVID-19-Maßnahmen haben gezeigt, dass Unternehmen, die – wie zum Beisiel Amazon, HelloFresh, Zooplus oder TeamViewer – bereits heute eine digitale Antwort haben, mit ihren digitalen Geschäftsmodellen auch in der Krise erfolgreich sind.

Und auch der Roboterhersteller Kuka demonstriert, dass er gut aufgestellt ist. Im Spiegel wird Kuka-Chef Peter Mohnen mit den Worten zitiert, man sei gerade in den Bereichen stark, „die aufgrund der Pandemie stark in den Fokus geraten: Online- und digitale Services, Logistik, Automatisierung mit Robotern und der ganze Bereich Healthcare.“

Die Erfolgsgeschichten der First und Second Mover sollten denen, die noch zögern, zu denken geben. Und sie motivieren, als Teil des zweiten Schubs beim Thema Industrie 4.0 mit dabei zu sein.

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