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Im Zeitalter der KI sind IT-Talente wichtiger als je zuvor
Mit dem zunehmenden Einsatz von KI steigt der Bedarf an entsprechenden Fähigkeiten bei IT-Fachkräften. Das gilt für Mitarbeitende sowie für neue Talente wie externe Spezialisten.
Die rasanten Fortschritte in der künstlichen Intelligenz (KI) schüren die schon seit Langem gehegte Befürchtung, dass die Technologie menschliche Arbeitskräfte ersetzen wird. Doch das Gegenteil ist der Fall: Die generative KI ersetzt den Menschen nicht. Vielmehr verändert sie die Aufgaben und schafft neue Rollen, die auch von IT-Fachleuten neue Fähigkeiten verlangen.
Das Potenzial dieser Technologie liegt darin, die Produktivität und Kreativität am Arbeitsplatz zu steigern. Dies führt dazu, dass deutsche Unternehmen verständlicherweise hoch motiviert sind, ihre KI-Fähigkeiten weiterzuentwickeln. Laut einer Studie prognostizieren leitende IT-Führungskräfte, dass etwa die Hälfte (51 Prozent) der derzeitigen Aufgaben ihres Teams bis 2030 automatisiert sein werden. Drei Viertel der Unternehmen haben bereits mit dem Einsatz von KI begonnen. Es liegt aber noch ein weiter Weg vor ihnen, denn damit Unternehmen das Potenzial von KI voll ausschöpfen können, müssen ihre Mitarbeitenden über die richtigen Fähigkeiten verfügen. Die Ergebnisse der Befragung zeigen, dass nur ein Fünftel der Führungskräfte die KI-Kompetenzen ihres Unternehmens auf Expertenniveau einschätzt.
Alle IT-Prozesse sind im Umbruch
Infolgedessen steigt die Nachfrage nach spezialisierten KI-Fähigkeiten im gesamten Spektrum der IT-Prozesse – von der Softwareentwicklung über die Cloud-Infrastruktur bis hin zum Internet of Things (IoT).
Ein gutes Beispiel dafür ist der Bereich Security. Experten für Cybersicherheit sagen voraus, dass mit dem Aufkommen KI-gesteuerter Hacking-Tools zukünftig Cyberangriffe häufiger und mit immer raffinierteren Methoden durchgeführt werden. Deshalb müssen Sicherheitsexperten neue Ansätze finden, um geschäftskritische Netzwerke und sensible Daten vor zunehmenden, schwer zu entdeckenden Angriffen zu schützen. Zudem hat die Einführung von KI in Unternehmen auch sicherheitsrelevante Auswirkungen: Wird nicht alles sorgfältig geplant und überwacht, dann steigt mit dem Einsatz von KI-Tools zum Beispiel auch das Risiko, dass Daten in unangemessener Weise verwendet oder weitergegeben werden.
Darüber hinaus hat die EU-Gesetzgebung im März 2024 mit dem EU AI Act Verordnungen verabschiedet, die den Einsatz von KI in Unternehmen und am Arbeitsplatz regulieren werden. Daher ist es besonders wichtig, dass Sicherheitsexperten sich der Sicherheitsrisiken sowie der Compliance-Anforderung im Klaren sind, die sich im Zusammenhang mit den KI-Funktionen ergeben. Sie müssen zudem in der Lage sein, ihre Ansätze für Sicherheit, für die Datenschutzrichtlinien und Best Practices entsprechend anzupassen.
Ebenso komplex stellt sich die Lage in anderen IT-Disziplinen dar. Die Erwartungen an die Kompetenzen von IT-Teams sind enorm: vom Support von Unternehmen bei der Bewältigung von Governance-Fragen, über das Verständnis, wie KI-Technologien die menschliche Entscheidungsfindung erleichtern können bis hin zu Kenntnissen, die sicherstellen, dass Genauigkeit, Relevanz und Fairness von KI-generierten Ergebnissen nicht mehr nur „nice-to-have“ sind, sondern entscheidende Fertigkeiten sind, die den Unternehmenserfolg maßgeblich beeinflussen. Laut Studienergebnissen wird die Fähigkeit, KI-Lösungen zu bewerten und das Unternehmen durch den Auswahl- und Implementierungsprozess zu führen, die am meisten nachgefragte IT-Kompetenz der Zukunft sein.
Darüber hinaus erkennen IT-Führungskräfte, wie wichtig es ist, die Soft Skills ihrer Teams – wie Kreativität, Teamarbeit und Problemlösungsfähigkeiten – weiterzuentwickeln, wenn sie das Potenzial der generativen KI voll ausschöpfen wollen.
KI-Fähigkeiten durch Qualifizierung
Es ist allgemein bekannt, dass sich Deutschland mit einem erheblichen IT-Fachkräftemangel konfrontiert sieht - Ende 2023 fehlten hierzulande laut einer Bitkom-Erhebung 149.000 IT-Fachkräfte. Angesichts dieser Zahlen sind der Aufbau und die Entwicklung der KI-Kernkompetenzen von IT-Teams durch Aus- und Weiterbildung für viele Unternehmen eine durchaus attraktive Lösung.
Angesichts des rasanten Fortschritts der generativen KI ist es nahezu unmöglich, genau vorherzusagen, welche IT-Fähigkeiten in zwölf Monaten benötigt werden. Daher kann es für Unternehmen von Vorteil sein, neben strukturierten Schulungen und Weiterbildungen zu aktuellen KI-Kompetenzen, den Mitarbeitern auch die Möglichkeit zu geben, sich entsprechend ihrer individuellen Interessen weiterzubilden.
Talentsuche
Geht es darum, leitende IT-Fachkräfte zu finden, die über die nötigen Fähigkeiten verfügen, um Unternehmen beim Einsatz von KI voranzubringen, dann kann es hilfreich sein, über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen. Zu Beginn eines KI-Projekts, wenn das Unternehmen potenzielle Anwendungsfälle für generative KI prüft, sind zunächst allgemeinere Fähigkeiten gefragt, so dass ein größerer Pool an IT-Fachkräften zur Verfügung steht. Dies ändert sich jedoch, sobald das Unternehmen über die Planungs- und Testphase hinausgeht und sich auf spezifische Szenarien konzentriert, in denen KI echte Wettbewerbsvorteile schaffen kann. Diese späteren Phasen erfordern eine höhere Spezialisierung, was wiederum den Pool an verfügbaren Fachkräften erheblich verkleinert.
„Die generative KI ersetzt den Menschen nicht. Vielmehr verändert sie die Aufgaben und schafft neue Rollen, die auch von IT-Fachleuten neue Fähigkeiten verlangen.“
Alex Gerritsen, Keller West
Die Einstellung von IT-Spezialisten für die folgenden Entwicklungsphasen kann für HR-Verantwortliche eine Herausforderung darstellen, da sie möglicherweise nicht über die erforderlichen, fundierten IT-Kenntnisse im IT-Sektor verfügen, um geeignete Kandidaten zu identifizieren und auszuwählen. An dem Punkt, an dem Unternehmen von allgemeinen Anwendungsfällen zu erweiterten, komplexeren Anwendungen übergehen, kann es sinnvoll sein, auf die Unterstützung externer Personalberater zu setzen.
In manchen Fällen kann auch der Einsatz freiberuflicher KI-Spezialisten eine wichtige Rolle spielen: Aufgrund ihres breiten, projektbasierten Wissens können sie Unterstützung leisten bei der Identifikation relevanter Anwendungsfälle, bei der Einführung von Best Practices oder beim Wissenstransfer innerhalb des Unternehmens, um Mitarbeitende zu qualifizieren.
Fazit
Generative KI kann - vorausgesetzt sie wird effektiv eingesetzt – die Effizienz und Innovationskraft im gesamten Unternehmen steigern und so ein erhebliches Wachstum schaffen. Es ist zwar ermutigend, dass die überwältigende Mehrheit der deutschen Unternehmen sich bereits auf den Weg in eine KI-Zukunft macht und generative KI in ihre Prozesse integriert. Es sollte aber nicht vergessen werden: Der KI-Fortschritt wird ebenso sehr vom Menschen wie von der Technik angetrieben. Auf der Suche nach den besten KI-Spezialisten – insbesondere im Bereich der Führungskräfte – sollten Unternehmen auch für externe KI-Experten offen sein. Gleichzeitig ist es wichtig, die Weiterbildungsmaßnahmen der Mitarbeitenden immer wieder an den aktuellen Bedarf anzupassen. Unternehmen, die das Potenzial einer KI-Zukunft voll ausschöpfen wollen, müssen den Fokus auf ihre IT-Experten legen.
Über den Autor:
Alex Gerritsen ist Geschäftsführer bei der Personalberatung Keller West, die sich auf den IT-Sektor in der DACH-Region spezialisiert hat.
Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.