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Firmen auf dem Prüfstand: Transformation von Applikationen

Die Relevanz der IT für den Unternehmenserfolg steht außer Frage. Dennoch wird die Transformation der Anwendungslandschaft oft so lange vernachlässigt, bis es zu spät ist.

Auf den ersten Blick scheint die Transformation von Anwendungen ein IT-Thema zu sein. Doch wer die Anwendungen neu organisiert, optimiert gleichzeitig auch Prozesse, Datennutzung und Kollaboration.

Der Erfolg einer Firmenleitung beginnt wortwörtlich im Keller des Unternehmens – dem Rechenzentrum. Ob es um den Eintritt in neue Märkte geht, um Merger & Acquisitions oder eine Strategie gegen den Fachkräftemangel: Die Wirksamkeit jeder strategischen und operativen Entscheidung basiert auf der Verfügbarkeit von Daten und Anwendungen.

Ob Daten schnell und qualitativ hochwertig bereitstehen, ob Prozesse durchgängig funktionieren und alle Stakeholder involviert sind, entscheidet sich in der IT eines Unternehmens. Dies beginnt mit der Anzahl der im Unternehmen genutzten Anwendungen.

Spezialisten für veraltete Software

Kaum ein erfolgskritischer Faktor entwickelt sich so rasant wie die IT. Dies ist gerade für Unternehmen problematisch, deren IT über Jahrzehnte hinweg eigene Anwendungen entwickelte. Oft sind diese weit entfernt von den heutigen Ansprüchen an Leistungsfähigkeit, Skalierbarkeit, Dokumentation und technische Standards. So setzen manche Unternehmen zum Beispiel noch auf COBOL-Anwendungen, die ursprünglich für Mainframes entwickelt wurden und für die kaum noch Spezialisten am Markt zu finden sind.

Bei der Aktualisierung stark veralteter Anwendungen sind Unternehmen gezwungen, Programmierer aus dem Ruhestand zu holen, denn sie verstehen noch den Code klassischer Programmiersprachen und können so programmiertes Wissen heben.

Zudem werfen neue Geschäftsprozesse Anforderungen auf, die in Anwendungen umgesetzt werden sollen und in das Gesamtkonstrukt der Anwendungslandschaft passt.

Diese Entwicklung macht eines deutlich: Anwendungstransformation ist kein IT-Projekt. Wer Applikationen geschäftsunterstützend bereitstellen und betreiben möchte, braucht einen Plan. Zunächst muss der Ist-Zustand analysiert und dann eine Vision skizziert werden. Dabei geht es beispielsweise um die Frage, ob das Unternehmen Workloads in die Cloud migrieren will oder ob Lösungsbausteine durch eine eigene Softwareentwicklung weiterhin hergestellt werden sollen. Auf dieser Basis entsteht eine Roadmap, wie die Vision in die Realität umgesetzt werden kann.

Das gesamte Vorhaben beginnt mit einer Bewertung des IT-Reifegrades. Passen die bestehenden Anwendungen zu unseren Prozessen? Wie verändern sich die Geschäftsanforderungen? Welche Applikationen sind geschäftskritisch – und was ist mit den dahinterstehenden Datenbanken? Bei der Entscheidungsfindung ist es wichtig, alle Personen zu involvieren – die Eigner der jeweiligen Anwendungen und Vertreter der Fachbereiche bis hin zu den Mitarbeitern der Finanzorganisation (in Deutschland berichten viele CIOs an den CFO).

Um den maximalen Nutzen aus Anwendungen herausziehen, muss deren Mehrwert für die Geschäftsprozesse klar sein. Dazu werden sämtliche Beteiligte involviert und deren Feedback miteinbezogen. Dies funktioniert vor allem in Unternehmen gut, die alle IT-Nutzer als interne Kunden der IT-Abteilung betrachten und Kundenbeziehungsmanager als Vermittler zwischen den Welten einsetzen.

Vier Pfade der Transformation

Die Transformation kann auf vier Pfaden vollzogen werden:

  • Abschalten: Erkenntnisse, dass aus Geschäftsanforderungen, die zu dem Einsatz der Applikation geführt haben, nicht mehr relevant sind, führen zu dem Wunsch, die Applikation auslaufen zu lassen. Die Daseinsberechtigung der Applikation ist somit erloschen.
  • Bewahren: Für Applikationen, die beibehalten werden sollen, gibt es grundsätzlich ausreichende Geschäftsanforderungen, die durch die Applikation exakt erfüllt werden. Eine Erweiterung oder Reduktion von Anforderungen an die Applikation existiert nicht.
  • Migrieren: Für Applikationen, die migriert werden sollen, gibt es grundsätzlich ausreichende Geschäftsanforderungen, die durch die Applikation exakt erfüllt werden. Eine funktionale Erweiterung oder Reduktion von Anforderungen an die Applikation existiert nicht. Nichtfunktionale Anforderungen haben sich jedoch geändert, so dass zum Beispiel der Weg in die Cloud möglich ist und Kostendruck oder Stand der Technik eine andere Lokation erfordern.
  • Modernisieren: Applikationen, die modernisiert werden sollen, erfüllen im derzeitigen Zustand (Ausgangslage) die aktuellen funktionalen und nicht-funktionalen Anforderungen nicht mehr, jedoch ist ein wesentlicher Anteil weiter geschäftsrelevant, so dass für diese Applikationsmodernisierungen meist Budget zur Verfügung steht.

Abschalten ist in der IT recht komplex. Die Einführung einer Applikation stellt häufig Anforderungen an die Kommunikationsfähigkeit mit anderen Applikationen. So werden Ausnahmen in Firewalls und Intrusion-Detection-Systeme (IDS) hinterlegt, und auch die Betriebsorganisation etabliert Monitore zur Überwachung der Verfügbarkeit der Anwendung. Ein einfaches Ausschalten der Anwendung hinterlässt Einfallstore für Angreifer und kann wegen der gewollten Beendigung der Verfügbarkeit für eine Alarmierung des Betriebes sorgen. Weitere Artefakte sind zudem in Managementsystemen wie Update-Mechanismen zu finden. Das Entfernen einer Anwendung muss zudem die rechtlichen Anforderungen an Aufbewahrungsfristen, zum Beispiel aus dem Steuerrecht, genügen, so dass Daten aber auch Anwendungen archiviert werden müssen.

Bei dem zweiten Transformationspfad Bewahren bleibt die Anwendung in der Applikationslandschaft. Transformiert wird an dieser Stelle unter zwei wesentlichen Aspekten: ist die Softwareversion und das Lizenzmodell noch stimmig oder lassen sich durch Anpassungen der Beitrag zum Geschäftsprozess (unter anderem Durchlaufzeit, Speicherzugriff und Schnittstellen) optimieren?

Steht eine Migration an, wird hierdurch die Anwendung zukunftssicher gemacht. Sofern es die Möglichkeit gibt, Teile der Anwendung als Service einzubinden, kann diese Optimierung in der Migration berücksichtigt werden. Als Beispiel sei hier Database as a Service (DBaaS) genannt; in diesem Fall werden nur die Datenbanken migriert. Will das Unternehmen seine Anwendungen in ein neues Rechenzentrum umziehen oder führt der Weg für eine Anwendung in die Cloud? Wenn ja, welcher Cloud-Type – Public oder Private Cloud?

Jan Menne, Fujitsu

„Um den maximalen Nutzen aus Anwendungen herausziehen, muss deren Mehrwert für die Geschäftsprozesse klar sein.“

Jan Menne, Fujitsu

Sofern eine Modernisierung bevorsteht, ist dies gleichbedeutend mit einer Neuentwicklung der Anwendung. Dies eröffnet weitere Möglichkeiten: Anwendungen können neu designt und optimiert werden. Die Veränderungen an der Architektur können weit reichen, etwa dann, wenn eine monolithische Struktur aufgelöst und durch Microservices ersetzt werden soll.

Fazit

Die Transformation der Applikationen ist ein Vorhaben, das firmenintern ganze Abläufe und Strukturen auf den Prüfstand stellt. Die IT wandelt sich immer mehr von einer Unterstützungseinheit zu einem Leistungsträger des Geschäftserfolges. Damit muss eine IT-Abteilung an die Geschäftsprozesse denken.

Das Verständnis von Prozesslücken durch fehlende Anwendungen und deren Auswirkungen wird wichtiger Gradmesser der IT. Nur wer auf dem aktuellen Stand bleibt, hat eine Chance, einen Wertbeitrag für das eigene Unternehmen zu leisten.

Über den Autor:
Jan Menne ist Lead Consultant Application Engineering bei Fujitsu.

Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.

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