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Digitale Transformation: 2021 die Cloud-Migration angehen
Viele Unternehmen mussten 2020 ihre Digitalisierungsstrategie komplett umwerfen. Um wieder Herr der Lage zu werden, können sie mit einer Hybrid Cloud die IT vereinheitlichen.
2020 wurden viele Änderungen, die bereits länger im Raum standen in Höchstgeschwindigkeit umgesetzt. Home-Office hatten viele Unternehmen auf der Agenda, doch die COVID-19-Pandemie zwang sie dazu, schnelle Lösungen zu finden. Sie mussten sich viele aufgeschobene Fragen stellen: Wie können wir flexibles Arbeiten ermöglichen? Wie können die Mitarbeiter auf ihre Anwendungen zugreifen? Und wie sicher ist das alles überhaupt?
2021 hingegen verschiebt sich der Fokus. Alle wünschen sich eine baldige Rückkehr zum normalen Leben, doch es gibt einzelne, positive Aspekte, an denen Unternehmen festhalten möchten. Sie fragen sich, wie sie auch jenseits des Krisenmodus organisatorisch, zeitlich und räumlich flexibel bleiben können. Die Zauberworte lauten: Hybrid Cloud und Kulturwandel. Diese wichtigen Themen sollten Unternehmen 2021 angehen.
Agilität und Sicherheit – die Cloud allein reicht nicht aus
Der aktuelle Digitalisierungsschub bringt mit sich, dass viele Geschäftsprozesse schneller – mithin agiler – ablaufen. Gebremst wird das Ganze aber, wenn der Austausch von Mitarbeitern hauptsächlich von Home-Office zu Home-Office stattfindet. Unternehmen möchten diese Prozesse beschleunigen ohne Abstriche bei der Sicherheit zu machen und erhoffen sich genau das von der Cloud.
Jedes Unternehmen stellt sich seine Cloud-Migration anders vor. Wichtig ist deshalb zunächst, sich die Unterschiede zwischen Public, Hybrid und Private Cloud klar zu machen: Eine Private Cloud nutzt Cloud-Technologien in einer Umgebung, die allein der Verantwortung des Nutzers obliegt und nur von ihm verwendet wird. Dadurch erhält dieser die volle Kontrolle über Sicherheitsaspekte. Auf der anderen Seite können Unternehmen in der Public Cloud Services von Google oder Produkte der Microsoft Office Suite nutzen.
Mit einem Hybrid-Cloud-Ansatz verbindet man die Vorteile von Public und Private Cloud und erhöht dadurch die Flexibilität. Anwendungen werden containerisiert und laufen als Microservices in verschiedenen Umgebungen wie etwa am Edge, in einer Public Cloud oder auch im eigenen Rechenzentrum in einer Private Cloud.
Durch einen Hybrid-Cloud-Ansatz ist man bei der Wahl der Infrastruktur und des Public-Cloud-Anbieters viel flexibler – bei der Nutzung spezifischer Services einer Public Cloud jedoch nicht. Hier droht schnell ein Vendor Lock-In. Dennoch können beide Varianten für unterschiedliche Anwendungen sinnvoll sein. Es geht um eine Abwägung der Vorteile hochspezialisierter Services aus einer Public Cloud gegenüber den Gefahren eines Lock-ins und geringerer Flexibilität (Abbildung 1). Dies sollte in einer Cloud-Strategie vorab festgelegt werden.
2021 wird es ernst: Kernanwendungen wandern in die Cloud
In einer Befragung von Deloitte schätzen über die Hälfte der 374 befragten deutschen Führungskräfte den Cloud-Reifegrad ihrer Unternehmen als hoch bis sehr hoch ein. Viele Unternehmen scheuen jedoch davor zurück, Kernanwendungen in die Cloud zu geben, beispielsweise im Finanzsektor, wo sehr strenge Sicherheits- und Compliance-Richtlinien gelten.
Aber gerade für regulierte Branchen bieten sich große Chancen, wenn sie den Schritt in eine entsprechend abgesicherte Cloud wagen und dazu Containertechnologie nutzen: sie erhöhen ihre Flexibilität bei gleichzeitiger Produktivitätssteigerung. Container sind weniger ressourcenintensiv und lassen sich einfacher verwalten als andere Lösungen.
Kernanwendungen in die Hybrid Cloud zu bringen hat viele Vorteile, erfordert aber mehr als nur die Plattform. Dazu gehört auch eine Anpassung der operativen und organisatorischen Prozesse. Nicht jedes Unternehmen hat eigene Hybrid-Cloud- und Containerexperten, entweder im eigenen Haus oder von einem externen Dienstleister.
Viele der führenden Containerplattformen sind Open Source und auch das bietet in der aktuellen Situation viele Vorteile: die zugehörigen Entwickler-Communities reagieren schnell auf sich ändernde Anforderungen. Entwickler nehmen die aktuellen Veränderungen um sich herum wahr und setzen diese entsprechend um. Unternehmen profitieren deshalb gerade jetzt besonders von dieser hochdynamischen Umgebung.
Sicherheit geht auch 2021 vor
Angriffe und Sicherheitsvorfälle sind ein besonders drängendes Problem, wenn viele Mitarbeiter im Home Office sind. Wenn alle Anwendungen und Daten im unternehmenseigenen Rechenzentrum liegen, und die Mitarbeiter direkt nebenan sitzen, dann ist es relativ klar, wer für die Sicherheit zuständig ist: Die IT-Abteilung.
Sind die Mitarbeiter jedoch zuhause oder weit verstreut, ist aber alles etwas komplexer: Beispielsweise lädt ein Mitarbeiter im Home-Office vielleicht unbedacht Schadsoftware auf den mit dem Netzwerk verbundenen Laptop, oder eine Abteilung legt Daten zur gemeinsamen Bearbeitung in eine Public Cloud, von der die IT-Abteilung gar nichts weiß. Das bedeutet auch: Es braucht ein neues Sicherheitskonzept, und jeder sollte sich mitverantwortlich fühlen. Gerade die Hybrid Cloud bietet, wenn sie richtig implementiert ist, ein gutes Sicherheitsniveau, und mit entsprechenden Lösungen lassen sich auch Compliance-Richtlinien optimal umsetzen.
Die Unternehmenskultur muss mitziehen
Cloud-Computing ist ein wichtiger Beschleuniger der digitalen Transformation. Aber dazu gehört noch mehr: Am wichtigsten sind die Mitarbeiter. Für ein agiles und flexibles Arbeiten, und besonders für ein besseres Zusammenwirken von Entwicklern, Administratoren- und Security-Teams, braucht es den Blick über den Tellerrand hinaus sowie den Mut zu mehr Zusammenarbeit und zu neuen Prozessen bei der Anwendungsentwicklung: Die Zeiten, in denen Entwickler neue Features ausgiebig testen und im Block abfertigen konnten, sind vorbei. Stattdessen zählen das iterative Arbeiten und die agile Anpassung von Produkten. Bei dieser neuen Form der Zusammenarbeit sollten Unternehmen ihre IT-Teams – aber nicht nur die – 2021 fördern und auch fordern.
Home-Office und flexibleres Arbeiten erfordern auch eine andere Art von Führung. Wie Shabnoor Shah in einem Interview ausführt, werden klassische, hierarchische Ansätze in der Zusammenarbeit immer stärker zurückgedrängt, und Führungskräfte verstehen sich als Teil eines gleichberechtigten Teams.
Eine wichtige Aufgabe der Führungskräfte liegt im Idealfall darin, Empathie zu zeigen, nachzufragen, zuzuhören, proaktiv zu unterstützen und sich für die Lösungsfindung anzubieten. Damit kann das Fehlen der physischen Nähe ein stückweit ausgeglichen werden und es kann gelingen, Menschen am weit entfernten Bildschirm zu motivieren.
„Gerade für regulierte Branchen bieten sich große Chancen, wenn sie den Schritt in eine entsprechend abgesicherte Cloud wagen und dazu Containertechnologie nutzen: Container sind weniger ressourcenintensiv und lassen sich einfacher verwalten als andere Lösungen.“
Marilies Rumpold-Preining, IBM
Wie Shabnoor Shah weiterhin ausführt, sind Weiterbildung und digitale Schulungsinhalte ein zentraler Erfolgsfaktor, um Mitarbeiter in neue Jobrollen und in die veränderten Arbeitsbedingungen mitzunehmen. Partizipation wird noch wichtiger, und indem Mitarbeiter in Entscheidungen eingebunden werden, sind sie auch gefordert, diese mitzutragen und umzusetzen.
In kleinen Schritten Richtung Cloud
Viele Unternehmen, gerade im Mittelstand, scheuen die Migration in die Cloud, weil sich aus ihrer Sicht dann von heute auf morgen alles ändern muss. Das sollte aber gar nicht sein – ganz im Gegenteil: Mit einem Hybrid-Cloud-Ansatz lassen sich schrittweise einzelne Komponenten migrieren, um erste Erfahrungen zu sammeln. So können gerade auch kleinere Unternehmen und der Mittelstand von hybriden Cloud-Architekturen profitieren.
Auch bei der Nutzung von SAP-Anwendungen bringt ein Hybrid-Cloud-Ansatz Vorteile. Erweiterung und Anpassungen der SAP-Funktionalität können als Microservices entwickelt, auf einer Containerplattform betrieben und über APIs einfach mit der SAP-Kernfunktionalität integriert werden. Damit sind diese sauber von den SAP-Funktionalitäten getrennt und lassen sich flexibel weiterentwickeln.
Es gibt keinen Weg zurück – aber eine Perspektive für die Zukunft
2020 ging es für Unternehmen und Mitarbeiter darum, sich sehr schnell an eine außergewöhnliche Situation anzupassen. Oft standen kreative oder aus der Not geborene Lösungen im Fokus. Die Pandemie wird uns auch 2021 begleiten, doch die Notlösungen haben ein Verfallsdatum. An ihre Stelle sollten nun dauerhafte, sichere Lösungen treten, um Freiräume zu schaffen. So können Unternehmen auch langfristig von den positiven neuen Aspekten des flexiblen Arbeitens profitieren.
Über den Autor:
Marilies Rumpold-Preining ist Absolventin der Wirtschaftsuniversität Wien und arbeitet seit mehr als 20 Jahren für IBM. Als Sales-Expertin baute sie zunächst das Angebot an Branchenlösungen für den Versicherungssektor aus und erweiterte das Sales-Team in den Märkten Mittel- und Osteuropa, Mittlerer Osten und Afrika. Während ihrer Tätigkeit für IBM in Dubai leitete Marilies Rumpold-Preining als Industry Brand Solutions Leader im Mittleren Osten und Afrika regionale Smarter Cities und Smarter Commerce Initiativen von IBM.
Seit 2019 unterstützt Marilies Rumpold-Preining als Red Hat Synergy Leader, IBM DACH Kunden und Partner in Deutschland, Österreich und der Schweiz bei der Umsetzung ihrer Hybrid-Multi-Cloud-Strategie mit Red Hat und IBM.
Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.