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Die Cybersicherheit im Weltraum sicherstellen
Satellitendaten spielen in vielen Bereichen eine wichtige Rolle, von der Landwirtschaft bis zum Risikomanagement. Grund genug, sich um die Sicherheit der Daten zu kümmern.
Die Menge an Daten, die in der Erdumlaufbahn gesammelt werden, ist schon heute enorm. Und laut neuesten Berichten könnte die Raumfahrtindustrie weltweit bis 2040 einen Wert von über 1 Billion US-Dollar erreichen. Satellitenbeobachtungsdaten sind hierbei einer der am schnellsten wachsenden Bereiche. Aus gutem Grund: Satellitendaten ermöglichen weitreichende Erkenntnisse in Bezug auf die Erdatmosphäre und -oberfläche. Sie werden in ganz unterschiedlichen Bereichen eine Rolle spielen, von der Landwirtschaft und Fischerei über Klima-Monitoring bis hin zum Risikomanagement von Versicherungen. Mit anderen Worten: Die Möglichkeiten sind unbegrenzt und es beginnt ein Weltlauf um die Nutzung dieser Daten.
Die Gewinnung von Daten im Weltraum hat ihre Herausforderungen. Ganz vorne mit dabei ist das Thema Cybersicherheit. Angesichts einer gestiegenen Bedrohungslage ist die aufstrebende kommerzielle Raumfahrtindustrie („New Space“) nicht ausreichend geschützt. Das gilt gerade in Bezug auf ausgeklügelte Cyberangriffe, welche verheerende, die ganze Branche betreffende Folgen haben können.
Für strategisch geschickt agierende Unternehmen bietet sich jedoch auch eine Chance, stellt mehr Cybersicherheit für die Raumfahrtindustrie doch auch eine attraktives Geschäftsmodell dar.
Die kommerzielle Raumfahrtindustrie, ein noch weitgehend unbekannter Akteur
Heutzutage können nur wenige Menschen Beispiele für erfolgreiche kommerzielle Raumfahrtprojekte nennen – jenseits von Elon Musks Starlink. Aber das wird sich bald ändern. Die sich ändernden Gewohnheiten der Verbraucher in Bezug auf die Internetnutzung und die Erfindung kleiner, erschwinglicherer Satelliten haben einen Boom in der Branche ausgelöst, einen regelrechten „neuen Wettlauf ins All“. OneWeb, Starlink und bald auch Kuiper von Amazon werden dank kleinerer Satellitenkonstellationen im erdnahen Orbit ein ähnliches Konnektivitätserlebnis in Bezug auf Geschwindigkeit und Latenzzeit bieten wie bestehende, erdgestützte Internettechnologien.
Um zu vermeiden, dass sich die Situation wie bei den Cloud-Diensten wiederholt, bei denen Europa in hohem Maße von US-amerikanischen Konzernen abhängig ist, hat die EU ihr eigenes Satellitenkonstellationsprojekt IRIS2 im Wert von 6 Milliarden Euro gestartet. Mit IRIS2 will die EU ihre Infrastruktur sichern und Europa in ein Zentrum für die kommerzielle Raumfahrt verwandeln. Als Folge entstehen europaweit Hunderte von Start-ups im Bereich der Weltraumtechnologie. Diese profitieren von der CASSINI-Initiative der EU und dem Engagement privater Investoren, insbesondere im Bereich der Erdbeobachtungsdaten.
Nach Angaben von Allied Market Research wird der Weltmarkt für Satellitendaten bis 2030 voraussichtlich fast 46 Mrd. US-Dollar erreichen – gegenüber etwa 6 Mrd. US-Dollar im Jahr 2020. Doch die Erfassung der Daten ist nur die halbe Miete.
Eine neue Bedrohungslage
Während militärische Satellitendienste und Weltraumissionen seit jeher mit millionenschweren Investitionen in rigide Sicherheitsvorkehrungen abgesichert werden, hat sich diese Denkweise bei den neuen kommerziellen Weltraumakteuren noch nicht durchgesetzt. Der verheerende Angriff Russlands auf ViaSat in der Ukraine war der erste von einem Staat ausgehende Angriff auf einen kommerziellen Anbieter in Europa und warf ein Schlaglicht auf die Mängel bei Cybersicherheit in der kommerziellen Raumfahrtindustrie. Der Angriff scheint der EU zwar die Augen für das Thema Cybersicherheit im Weltraum geöffnet zu haben, er hat aber auch die Aufmerksamkeit von Kriminellen auf sich gezogen.
„Strengere neue Gesetze und Vorschriften bringen Anreize mit sich und hohe Cybersicherheit stellt einen Wettbewerbsvorteil für Unternehmen dar in einem bereits hart umkämpften Raumfahrtmarkt.“
Mathieu Bailly, Cysec
Wenn europäische Raumfahrtakteure nicht beginnen, Cybersicherheit ernst zu nehmen, sind weitere erfolgreiche Angriffe auf Satelliten und davon abhängige Dienste unvermeidlich.
Die Folgen sind schwerwiegend. Denn je wertvoller und wichtiger Satellitendaten für uns werden, desto mehr sind wir von ihnen abhängig. Hacker wissen, wie sie das ausnutzen können. Bodenstationen und Satelliten, die der Telekommunikation, der Navigation und dem weltweiten Handel dienen, sind am stärksten bedroht, da unsere modernen Gesellschaften hier am verletzlichsten sind. Folglich rückt die Cybersicherheit auch in den Mittelpunkt von Unternehmensstrategien.
Europäische Cybersicherheit im Weltraum
Die EU hat die Gefahr erkannt und Sicherheit als einen der wichtigsten Punkte in ihrer IRIS-Strategie2 definiert. Unternehmen sollten jetzt dem Beispiel der EU folgen.
Mehr noch, sie müssen die Chance erkennen, die Investitionen in die Cybersicherheit darstellen. Schließlich geht es um viel mehr als um den Schutz von Daten. Strengere neue Gesetze und Vorschriften bringen Anreize mit sich und hohe Cybersicherheit stellt einen Wettbewerbsvorteil für Unternehmen dar in einem bereits hart umkämpften Raumfahrtmarkt.
Wenn die EU mit China und den USA mithalten will, muss die Cybersicherheit ein integraler Bestandteil ihrer Raumfahrtkultur werden.
Über den Autor:
Mathieu Bailly ist VP Space bei Cysec und Direktor der CYSAT.
Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.