Dell Tech Summit: Hehre Ziele, viele Worte
Die Dell-Keynote verdeutlicht, dass IT-Firmen sich nicht nur am Markt, sondern auch in der Gesellschaft neu positionieren. Dell richtet sich hierbei an UN-Zielen aus und will mehr.
So viel vorweg: Es wurde viel geredet auf dem Dell Tech Summit, leider viel weniger gesagt. Neben einer Produktneuheit – PowerOne – und der Ankündigung eines neuen Preismodells waren die weiteren Sessions eher belanglos. Dafür wurde aber umso mehr über die Agenda 2030 geredet (Social Impact Plan for 2030), der andere Ziele als Produktentwicklungen in den Mittelpunkt stellt.
Und so präsentierte Michael Dell den Sozialplan 2030, der vier Fokusthemen verfolgt:
- Nachhaltigkeit verbessern (Advancing Sustainability)
- Inklusion kultivieren (Cultivating Inclusion)
- Leben (zum Besseren) verändern (Transforming Lives)
- Ethik und Privatsphäre aufrechterhalten
Nachdem der Legacy of Good Plan 2020 mit 75 Prozent an erreichten Zielen für quasi abgeschlossen gilt, kommt nun rechtzeitig die nächste Dekadenvision von Dell, die ein wenig dem Vorgänger gleicht. Das ist wenig verwunderlich, denn hehre Ziele wie Nachhaltigkeit und global lebensverändernde Umstände lassen sich häufig nicht eben mal so erreichen. Um dem neuen Plan mehr Gewicht zu verleihen, richtet man sich hier an den weltweiten Sozialplan der UN, der insgesamt 17 Punkte wie unter anderem Nachhaltigkeit, Gleichberechtigung, Bildung, Klimabewegungen oder Gesundheitsbelange umfasst. Während die Ziele der UN natürlich etwas weiter gefasst sind, setzt sich Dell die eigene Messlatte etwas höher und untermauert seine Bestrebungen für eine bessere Welt mit Zahlen. Dell betonte, dass es sich hierbei um Werte handelt, die sich schlecht in Quartale pressen lassen und deswegen der Zeitrahmen von zehn Jahren gefasst wurde.
Immerhin bedient das Unternehmen 13 Ziele der UN mit seinen eigenen Zukiunftsplänen
Die vier großen Ziele in Zahlen
Für jeden Planpunkt definiert der Tech-Riese je ein so genanntes „Moonshot“-Ziel und darunter weitere anvisierte Zielpunkte. Die wichtigsten sind hier zusammen gefasst. Wer den gesamten Plan in Englisch nachlesen möchte, findet ihn unter diesem Link: Social Impact Plan for 2030. Leser, die diesen mit den UN-Plänen vergleichen möchten, finden hier die Sustainability Development Goals.
Nachhaltigkeit verbessern
Bis 2030 soll für jedes Produkt, dass ein Kunde kauft ein anderes recycelt werden und die Verpackungen aus 100 Prozent wiederverwerteten oder erneuerbaren Materialien bestehen. Darüber hinaus will das Unternehmen die Treibhausgasemissionen um 50 Prozent senken und die Energieintensität um 80 Prozent reduzieren. Der Strom für alle Dell-Standorte soll bis dahin zu 75 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen stammen. Eine direkte Zusammenarbeit mit den Materiallieferanten soll eine Reduzierung der Treibhausgasemissionen von 60 Prozent pro Umsatz erreichen. Diese Kernziele adressieren die UN-Punkte 6,7,8,12 und 13.
Inklusion kultivieren
Dell plant auch seine internen Mitarbeiterverhältnisse zu verändern. So sollen im anvisierten Zeitraum 50 Prozent der Mitarbeiter von Frauen besetzt werden und die Führungsriege 40 Prozent Frauenanteil haben. Afroamerikaner, Lateinamerikaner und Spanier sollen insgesamt 25 Prozent des Gesamtteams und 25 Prozent führender Positionen stellen. Darüber hinaus will die Firma die Mitarbeitermotivation verbessern und 50 Prozent der Arbeitskraft in Teams einsetzen, die soziale Auswirkungen beeinflussen. Im UN-Plan sind dies die Punkte 5,8,10 und 16.
Leben positiv verändern
In den Bereichen Gesundheit, Bildung und wirtschaftliche Möglichkeiten wird es Initiativen geben, die bis 2030 nachhaltige Ergebnisse für eine Milliarde Menschen erzielen sollen. Jedes Jahr sollen dafür diese Sozial- und Bildungsinitiativen zu 50 Prozent von Frauen, Mädchen oder unterrepräsentierte Gruppen genutzt werden. Darüber hinaus unterstützt das Unternehmen in diesem Zeitraum 1.000 gemeinnützige Partner mit Technologien und Expertisen, um die Gemeinden zu unterstützen. Insgesamt plant Dell, dass 75 Prozent der eigenen Mitarbeiter freiwillig Spenden oder sich ehrenamtlich in den Gemeinden einbringen. UN-Punkte 3,4,8 und 17 sind damit abgedeckt.
Ethik und Privatsphäre aufrechterhalten
Bis 2030 sollen die Datenkontrollprozesse vollständig automatisiert sein, was den Kunden bessere Kontrolle über personenbezogenen Daten geben soll. Darüber erwartet der Konzern, dass 100 Prozent der Mitarbeiter und Partner sich für die aufgestellten Werte engagieren.
Alles in allem will Dell mit all diesen aufgeführten Zielen verdeutlichen, dass der Konzern seiner gesellschaftlichen Verantwortung nachkommen will und mit einem holistischen Ansatz auch holistische und signifikante Auswirkungen weltweit erreichen möchte.
Die Markttauglichkeit sozialer Botschaften und Bemühungen
Die Verknüpfung von Geschäftsbemühungen und sozialen Aktivitäten ist nicht neu und wird nicht allein von Dell umgesetzt. Auch HPE hat ähnliche Ziele, die sich ebenso an den UN-Bestrebungen ausrichten. Fujitsu folgt dem UN Global Compact und auch NetApp und Hitachi Vintara haben unter anderem das Thema Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung auf der Agenda.
Was eher neu erscheint, ist die Erkenntnis, dass diese Themen marketingtauglich sind. In einer sich schnell ändernden Welt reicht es scheinbar nicht mehr aus, nur noch die Produktphilosophie an den Markt zu bringen. Unternehmen werden heutzutage auch auf den gesellschaftlichen Prüfstand gestellt. Recycling ist wahrscheinlich noch das naheliegendste Thema, aber mittlerweile reicht das nicht mehr: Klimaverträglichkeit, Gleichberechtigung und soziales Engagement werden verkaufsfördernde Parameter, an denen sich Firmen messen lassen müssen.
Zudem ist es erstaunlich, dass Firmen sich nicht auf politisch getriebene und somit erzwungene Richtlinien verlassen, sondern eigene Ziele aufstellen, die ethisch, gesellschaftlich nutzbringen und klimaneutral sein sollen. Dabei ist es schon ein wenig ironisch, dass große Tech-Firmen hier nicht nur die Lösung, sondern eben nach wie vor Teil des Problems sind. Wer jemals in einem großen Rechenzentrum gestanden hat – nicht vor zehn Jahren sondern heute – wird nach wie vor feststellen, dass die Technik noch immer laut ist, viel Strom frisst und gut und gern ein Einfamilienhaus beheizen kann. Zwar wurden in den letzten zehn Jahren viele Optimierungen auf diesem Gebiet erreicht – stromsparende Medien, mehr Daten auf weniger Platz speichern, wassergekühlte Rechenzentren – aber die wachsende Flut der Daten verlangt eben noch immer nach riesigen Server-Farmen, großen Storage-Umgebungen und entsprechenden Energieressourcen.
Das scheint dann eher in einem nichtendenden Kreislauf zu resultieren: so lange IT-Lösungen noch negative Auswirkungen haben, werden IT-Firmen weiterhin Initiativen ergreifen müssen, um hier den ökologischen und gesellschaftlichen Fußabdruck schmal zu halten.
Und der Kunde? Steht ebenso in der Pflicht. Dabei sind Großkunden wie die so genannten Hyperscaler vielleicht ein wenig mehr gefragt, als Firmen, die zwei Server und ein NAS einsetzen. Nichtsdestotrotz bedarf es genau diesem Druck seitens der Kunden, damit Technologiefirmen weiterhin in Initiativen investieren, die ab der Produktentwicklung liegen. Insofern ist es ok, wenn Dell und Co die Nachhaltigkeitstrommel schlagen, solange König Kunde die eigene Verantwortung und kritisches Prüfen nicht vergisst.
Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.