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Datenmanagement als Voraussetzung digitaler Geschäftsmodelle
Viele Unternehmen befinden sich gerade auf der Reise hin zu einem digitalen Geschäftsmodell. Dafür müssen sie jedoch Datensilos auflösen und Speicher konsolidieren.
Durch die Folgen der COVID-19-Pandemie sahen sich viele Unternehmen gezwungen, Digitalisierungsprozesse zu beschleunigen. Seit dem Frühjahr 2020 implementieren Unternehmen Lösungen, um das Arbeiten im Homeoffice zu ermöglichen und zu verbessern, entwickeln neue digitale Produkte und Services und passen ihr Geschäftsmodell an. Trotz dieser Fortschritte besteht noch viel Optimierungspotenzial in deutschen Organisationen. Gerade das Verwerten von Unternehmensdaten bleibt häufig auf der Strecke – dafür benötigen Fachkräfte jedoch die richtigen Strategien und Technologien. Informationssilos und Schatten-IT verhindern dies vielerorts. In diesem Beitrag erfahren Unternehmen, wie sie diese auflösen können.
Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer und eine schicke neue App macht noch keine digitale Transformation. Unternehmen müssen sich bewusst werden, dass dazu wesentlich mehr gehört, als ein paar Anwendungen für die Nutzer, Mitarbeiter oder Kunden zu entwickeln. Der Dreh- und Angelpunkt eines digitalisierten Unternehmens sollten immer seine Daten sein. Durch das Eliminieren von ROT-Daten (redundante, obsolete und triviale Daten) und Zusammenführen der übrigen Daten, versetzen Unternehmen alle ihre Mitarbeiter in die Lage, bei Entscheidungen künftig alle wichtigen Informationen zu berücksichtigen.
Als Voraussetzung dafür sollten Unternehmen aber zunächst einen Single Source of Truth (SSOT) schaffen, also einen allgemeingültigen zentralen Datenbestand, dessen Daten über eine hohe Qualität verfügen. Bislang sieht die Situation in deutschen Unternehmen allerdings häufig anders aus: Mitarbeiter speichern Dateien dort, wo es ihnen gerade sinnvoll erscheint und Abteilungen teilen ihre Daten nicht miteinander. Die Folge ist ein großes Chaos, bei dem niemand den Überblick hat.
Informationssilos und Schatten-IT bedrohen die Sicherheit und den Datenschutz
Verschärft wird diese Situation noch durch eine jahrelang gewachsene Schatten-IT und Datensilos. Nicht alle Lösungen und Prozesse, die Mitarbeitern für ihre Arbeit nützlich erscheinen, sind auch aus Sicht der IT-Abteilung eine gute Idee. Sperrt die IT-Abteilung eine solche individuelle Lösung, kommt es vor, dass Nutzer aktiv versuchen, die Blockade zu umgehen. Häufig ist ihnen aber einfach nicht bewusst, dass sie mit dem Download eines Programms gegen Unternehmensrichtlinien verstoßen. Damit setzen sie ihren Arbeitgeber nicht nur einem großen Sicherheitsrisiko aus – Anwendungen, von denen die IT nichts weiß, kann sie schließlich auch nicht überwachen – sondern sorgen nebenbei dafür, dass niemand außer ihnen Zugriff auf bestimmte Daten hat.
„Datensilos gefährden den Erfolg von Unternehmen, da Führungskräften bei der Entscheidungsfindung oft nicht alle relevanten oder nur veraltete Informationen zur Verfügung stehen.“
Gregor Bieler, Aparavi
Datensilos entstehen aber auch auf anderen Wegen, zum Beispiel, wenn jede Abteilung des Unternehmens seine eigenen Daten erfasst, speichert und im Zweifel eine andere Software dafür benutzt, die mit keiner anderen im Unternehmensnetzwerk verbunden ist. Das kann dazu führen, dass die Daten eines Kunden über unterschiedliche Speicherorte und Lösungen verteilt sind. Auf den ersten Blick vielleicht kein Problem: wer die Daten benötigt, hat schließlich Zugang zu diesen. Aber Unternehmen sind dadurch nicht in der Lage, alle relevanten Daten miteinander zu kontextualisieren und analysieren, um zum Beispiel neue Produkte oder Services weiterzuentwickeln oder bestehende zu personalisieren.
Auch droht Ungemach, wenn ein Kunde gemäß Art. 17 der DSGVO verlangt, dass das Unternehmen seine Daten löscht. Das geht nämlich nur, wenn die Organisation weiß, wo überall sich diese befunden. Sollten noch Informationen im Betrieb verbleiben, droht als Konsequenz ein Bußgeld.
Zusätzlich entstehen für Unternehmen auch unnötige Ausgaben für das Speichern von Daten, die mehrfach vorhanden sind oder schlicht nicht mehr benötigt werden. Das ist nicht nur ein Kostenproblem: die CO2-Emissionen werden durch nicht mehr benötigte Daten um bis zu 40 Prozent nach oben getrieben.
Die Grundlage für informierte Entscheidungen schaffen
Unternehmen müssen sich deshalb überlegen, wie sie ihre Datensilos auflösen können. Der erste Schritt sollte dabei eine Bestandsaufnahme sein – welche Daten sind wo im Unternehmen vorhanden, welche sind noch relevant und welche können unbesorgt gelöscht werden? Da die manuelle Suche nicht nur sehr zeit- und damit kostenaufwendig ist, sondern auch leicht dazu führen kann, dass alte oder wenig genutzte Dokumentenspeicher übersehen werden, bietet es sich an, automatisiert alle Server, ob lokal, Hybrid oder in der Cloud, zu durchsuchen und alle unstrukturierten Unternehmensdaten aufzuspüren. Auch individuelle Speicherorte von Mitarbeitern und Abteilungen müssen dabei berücksichtigt werden.
Im nächsten Schritt sollte es darum gehen, die Unternehmensdaten auf das Nötigste zu reduzieren – veraltete Daten genauso wie Duplikate erschweren das Auffinden wichtiger Daten erheblich. Diese Daten enthalten Informationen, anhand derer Unternehmen wichtige Prozesse durchführen und Entscheidungen treffen. Mitwettbewerber, die fundierte Entscheidungen schneller treffen, haben im Zweifelsfall die Nase vorn.
Im Anschluss an die Konsolidierung muss die Organisation schließlich eine Lösung implementieren, die alle Unternehmensdaten miteinander verbindet. Das können zum einen Schnittstellen und Konnektoren sein, die die aktuellen Systeme miteinander verbinden, oder zum anderen eine zentrale Plattform, auf die das Unternehmen die Daten migriert. Unabhängig von der gewählten Lösung müssen die Verantwortlichen aber in erster Linie sicherstellen, dass sich keine neuen Informationssilos bilden und ihre Mitarbeiter in Zukunft die vorhandenen Daten auch tatsächlich verwenden. Dafür ist es entscheidend, sie von Anfang an in den Prozess einzubinden und ihr Feedback einzuholen, sowie transparente Vorgaben zu formulieren, wie sie mit Daten künftig arbeiten sollen.
Fazit: Datengetriebene Entscheidungen funktionieren nur ohne Datenchaos
Datensilos gefährden den Erfolg von Unternehmen, da Führungskräften bei der Entscheidungsfindung oft nicht alle relevanten oder nur veraltete Informationen zur Verfügung stehen. Durch die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie ist in den meisten deutschen Unternehmen die Erkenntnis gereift, dass ihre Digitalisierung nicht länger warten kann und viele haben bereits entsprechende Maßnahmen erfolgreich umgesetzt. Aber wenn sie ihrem Datenmanagement nicht gleichzeitig Priorität einräumen, gehen sie nur den halben Weg. Nur wer es schafft, eine datengetriebene Kultur und Arbeitsweise zu etablieren, wird sich langfristig Wettbewerbsvorteile sichern und der Konkurrenz enteilen.
Über den Autor:
Gregor Bieler ist seit Juni 2021 CEO der Aparavi Software AG. Unter anderem war Bieler VP im Sales & Marketing bei Logitech und Vice President und Managing Direktor bei PayPal.
Bis 2021 war Bieler Mitglied der Geschäftsleitung und General Manager bei der Microsoft Germany GmbH und zeichnete dort für das Partner-Business verantwortlich. Durch besondere Leistungen erhielt Bieler zweimal hintereinander die Auszeichnung des „IT Channel Mangers of the Year“.