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Das Open Compute Project und die Zukunft von Rechenzentren
Das Open Compute Project feierte 2021 sein zehnjähriges Bestehen. Unser Gastautor blickt zurück auf vergangene Erfolge und erklärt, wie offene Standards die Nachhaltigkeit fördern.
Die Open Compute Project (OCP) Foundation wurde 2011 mit dem Ziel ins Leben gerufen, die Vorteile von Open Source und offener Zusammenarbeit auf Hardware anzuwenden und das Innovationstempo im Rechenzentrum sowie in angrenzenden Bereichen zu erhöhen.
Im Jahr 2021 beging das OCP sein zehnjähriges Bestehen. Auf der einen Seite hat die Organisation viele ihrer Ziele erreichen können – auf der anderen Seite kommen jedoch in den nächsten Jahren große Herausforderungen auf Rechenzentren zu. In diesem Artikel lesen Sie, wie das OCP in Zukunft die Kosteneffizienz in Rechenzentren vorantreiben und den Weg für grüne Rechenzentren der nächsten Generation ebnen möchte.
Eine wachsende Community
Das OCP kann auf zahlreiche Erfolge zurückblicken. In der Anfangszeit gab es nur eine Handvoll von Mitgliedern, deren Angestellte an der Entwicklung von Rechen-, Speicher- und Netzwerkgeräten arbeiteten. Nach und nach schlossen sich größere Unternehmen dem OCP an, um gemeinsam optimierte Lösungen für die nächste Generation von Rechenzentren zu entwickeln, darunter Facebook, Microsoft, Google, Alibaba, Baidu, Tencent, Intel, NVIDIA, Arm, HPE, Inspur und Quanta.
Heute engagieren sich in der OCP-Community mehr als 8.000 Entwickler in 30 Projektgruppen, zum Beispiel für Rechenzentrumsinfrastruktur, Server, Hardwaremanagement, Rack- und Stromversorgung, künstliche Intelligenz (KI) und strategische Initiativen. Die Gemeinschaft hat sich zu einem Branchen-Ökosystem entwickelt, das Standards für Rechenzentren etabliert und sich an der Bereitstellung von Open-Source-Produkten beteiligt.
Seit seiner Gründung konnte das OCP über die Grenzen von Branchen und Ländern hinaus Mitglieder gewinnen. Aus dem anfänglichen Zusammenschluss einiger Hyperscaler und Hardwarehersteller hat sich die Community zu einem vielfältigen Netzwerk von Unternehmen aus verschiedenen Branchen wie Einzelhandel, Telekommunikation sowie Öl und Gas entwickelt.
„Die Diversität der Unternehmen verleiht einer Open-Source-Organisation wie der OCP Foundation eine große Glaubwürdigkeit“, sagt Steve Helvie, VP of Channel Development bei der OCP Foundation. Das Projekt hat auch das Geschäftsmodell von Service Providern verändert. Heute bieten mehr als 30 verschiedene Reseller weltweit lokale Managed Services rund um Open Compute an – von einfachen Komponentenlieferanten bis hin zu Systemintegratoren für komplette Rack-Systeme.
In den letzten zehn Jahren erlebte die Branche einen exponentiellen Anstieg des Rechenbedarfs in Rechenzentren – verursacht durch verschiedene Trends wie IoT (Internet of Things, Internet der Dinge) und künstliche Intelligenz. Das steht im Konflikt mit dem Anspruch, dass Rechenzentren nachhaltiger werden sollen.
Das OCP hat eine Reihe von Initiativen ins Leben gerufen, um mit der Community eine robuste und leistungsfähige Computing-Infrastruktur zu entwickeln. Laut einer Umfrage des Forschungsunternehmens Omdia im Auftrag von Inspur basierten 2016 weltweit nur 7 Prozent der Server auf offenen Standards. Dieser Anteil wird 2021 auf 36 Prozent und bis 2025 weiter auf 40 Prozent steigen.
Gemeinsam Herausforderungen meistern
Bei der Förderung des Open-Compute-Ansatzes hat das OCP den Schwerpunkt darauf gelegt, Überzeugungsarbeit auf dem Markt zu leisten, dass die Vorteile von Open Compute nicht nur für Hyperscaler gelten, sondern auch in kleinerem Maßstab genutzt werden können.
KMUs (kleine und mittlere Unternehmen) und Start-ups müssen keine Hardwareprodukte von Grund auf neu entwickeln, sondern können auf Designs anderer Unternehmen aufbauen und lediglich ihre eigene spezifische Technologie ergänzen. Im Laufe der Zeit änderte sich die Wahrnehmung der Unternehmen und sie entschieden sich für offene Hardware-Designs. Früher hüteten Hardwarehersteller ihre Designs wie einen Schatz. Hier hat ein Umdenken eingesetzt. Durch den Wechsel von einem proprietären, geschlossenen Modell zu einem kollaborativen Open-Source-Konzept hat das OCP eine der größten Herausforderungen bei der Einführung von Open Compute gemeistert.
Die enge Zusammenarbeit innerhalb des OCP resultierte in optimierten Lösungen für die IT-Infrastruktur auf Rack-Ebene. Dies schuf jedoch eine Einstiegshürde für einige Unternehmenskunden, für die eine Infrastruktur auf Rack-Ebene nicht sinnvoll ist. Die Community arbeitet nun daran, die Einführung von Open-Compute-Konzepten in andere Infrastrukturen auszuweiten. Ein weiteres Problem für Open-Source-Plattformen und -Produkte stellen Sicherheitsbedrohungen dar, da der kollaborative Ansatz zu einer höheren Anfälligkeit für Virenangriffe führt.
„Das Konzept der gemeinsamen Bausteine (Common Building Blocks), die mehrfach wiederverwendet werden können, erhöht die Zuverlässigkeit der Produkte und senkt die Kosten.“
Alan Chang, Inspur Systems
Eine große Herausforderung in Rechenzentren ist die Leistungsaufnahme. Laut einer Studie des Borderstep Instituts haben Rechenzentren allein in Deutschland im Jahr 2020 schätzungsweise über 16 Milliarden Kilowattstunden Strom gezogen; das ist ein Anstieg von 7 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Die Rechenzentren erzeugten dabei Millionen von Tonnen an CO2, Schwefeldioxid, Dioxyd und Abgasen. Das ist nicht nur schlecht für die Umwelt, durch die steigenden Strompreise ist es auch wirtschaftlich ein Problem. Ein niedriger Stromverbrauch in Kombination mit hocheffizientem Computing wird zu einem entscheidenden Erfolgsfaktor für Rechenzentren werden. Methoden zum Senken des Stromverbrauchs tragen letztlich zur Verringerung der CO2-Eissionen bei und erfüllen damit die Anforderungen der Politik. Deutschland hat sich mit dem Bundes-Klimaschutzgesetz 2021 ein neues Ziel gesetzt: 65 Prozent weniger CO2-Emissionen bis 2030. Das kann nur funktionieren, wenn die Wirtschaft eng zusammenarbeitet und die richtigen Investitionen tätigt.
Kosteneffizienz und grüne Rechenzentren
Das Konzept eines grünen und effizienten Rechenzentrums mit entsprechenden Produkttechnologien hat den Aufstieg und die Entwicklung von Open Computing vorangetrieben. Die Leistungsfähigkeit der Open Compute Community kann die Gesamtbetriebskosten für IT-Infrastrukturprodukte enorm mindern. Zum einen lassen sich die Investitionskosten senken, da die Gemeinschaft gemeinsam entscheidet, welche Produkte (in großen Stückzahlen) hergestellt werden sollen. Das Konzept der gemeinsamen Bausteine (Common Building Blocks), die mehrfach wiederverwendet werden können, erhöht die Zuverlässigkeit der Produkte und senkt die Kosten.
Zum andern verringern sich die Betriebsausgaben, da viele Projektgruppen in der Open-Compute-Community innovative Lösungen für die Stromversorgung und Kühlung entwickeln. Laut der Omdia-Umfrage können mit Open-Computing-Infrastruktur mehr als 30 Prozent der Investitions- und Betriebskosten eingespart werden. Daher sollten Industrieanwender die Vorteile einer offenen Computing-Infrastruktur neu bewerten.
Darüber hinaus kann Open Computing das Einführen neuer Technologien wie KI und Edge Computing wirksam beschleunigen. Es gibt bereits einige Projekte von OCP-Mitgliedern, die sich auf KI, 5G und Edge Computing konzentrieren. Diese Initiativen werden zur Entwicklung von Produkten der nächsten Generation führen, die den Anforderungen der Kunden entsprechen. Eine der OCP-Projektgruppen arbeitet daran, Beschleunigermodule zu standardisieren, das Design von Infrastrukturen für künstliche Intelligenz zu vereinfachen, den Entwicklungszyklus für KI-Coprozessoren zu verkürzen und die Einführung von Komplettgeräten im großen Umfang zu erreichen. Das Ergebnis der gemeinsamen Forschung sind leistungsstarke und energieeffiziente KI-Server, die den extremen Anforderungen an Rechenleistung in Wissenschaft und Simulation gerecht werden.
Jenseits des Rechenzentrums – die gesellschaftliche Dimension von Open Compute
Die enge Zusammenarbeit und gemeinsame Forschung in der Open Compute Community wird auch zu bedeutenden Entwicklungen führen, die über das Rechenzentrum hinausgehen. So kann Hardware, die leichter zusammenarbeiten kann, in Zukunft dabei helfen, Viren wie das COVID-19-Virus weltweit früher aufzuspüren. Das ließe sich etwa als eine globale Datenbank umsetzen, die Daten mit Supercomputern analysiert, um Wissenschaftler und Gesundheitsexperten zu unterstützen. Ein solches Projekt wäre ein Schritt über die Hightech-Industrie hinaus und würde die Zusammenarbeit mit anderen Disziplinen wie Biologie, Chemie und Medizin erfordern. Solche Probleme lassen sich nur gemeinsam lösen.
Das wachsende Open-Compute-Ökosystem wird auch in Zukunft weiter gedeihen, und Open Computing wird ein wichtiger Motor für die Innovation der IT-Infrastruktur bleiben. Dies wird zu massiven Kosteneinsparungen für Unternehmen führen und gleichzeitig den Schutz der Umwelt verbessern. Es ist zu erwarten, dass die Open-Compute-Gemeinschaft über das Rechenzentrum hinaus eine Vorreiterrolle bei der Lösung globaler Probleme spielen wird.
Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.
Über den Autor:
Alan Chang ist Vice President Technical Operations bei Inspur Systems. Er verantwortet die Förderung der Communities für offene Hardware sowie die Entwicklung der Architektur der nächsten Generation von Lösungen für künstliche Intelligenz (KI) und 5G-Netzwerke. Chang hat auch zum Open Compute Project (OCP) beigetragen, vom Hardwaredesign bis hin zur Marketingzusammenarbeit. Mit über 10 Jahren Berufserfahrung hat Chang verschiedene Positionen in der IT-Branche innegehabt, angefangen vom Softwareentwickler bis hin zum Hardware-Produktentwickler, der Serverprodukte entwickelte und für das Management von OxM (OEM oder ODM) Accounts verantwortlich war.