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Cloud-ERP und KI: So bleibt der Mittelstand am Puls der Zeit
Cloud-ERP kann kleine und mittlere Unternehmen unterstützen, Prozesse zu digitalisieren. Die Firmen sollten allerdings einen strukturierten Auswahlprozess durchlaufen.
Der technologische Wandel stellt kleine und mittlere Unternehmen (KMU) vor große Herausforderungen. Knappe Ressourcen und strenge regulatorische Vorgaben erschweren es kleinen und mittleren Unternehmen, effizient, innovativ und wettbewerbsfähig zu bleiben.
ERP-Software aus der Cloud ist in vielen Bereichen noch nicht Standard. Dabei bieten moderne Cloud-Angebote gerade jenen Unternehmen, die häufig über keine eigene IT-Abteilung verfügen, die Möglichkeit, angesichts komplexer Anforderungen ihre Prozesse zu optimieren und die Effizienz zu steigern. Oftmals sind Cloud-Lösungen der einfachste Weg, frühzeitig und risikoarm Zugang zu neuen Technologien wie künstlicher Intelligenz (KI) zu erhalten.
Doch wie genau hilft Cloud-ERP dem Mittelstand, seine Prozesse zu digitalisieren und neue Technologien einzusetzen – und wie kann der richtige Anbieter ausgewählt werden?
Cloud-ERP: Vernetzte Prozesse, transparente Daten
Moderne Cloud-ERP-Systeme revolutionieren die Art und Weise, wie Unternehmen ihre Produktion steuern. Durch die ganzheitliche Vernetzung aller Bereiche – horizontal über alle Abteilungen und vertikal von der Maschine auf dem Shopfloor bis zur Unternehmensleitung – schaffen sie ein neues Maß an Transparenz und Effizienz. Alle relevanten Daten werden zentral und sicher in der Cloud gespeichert und stehen allen berechtigten Mitarbeitern in Echtzeit zur Verfügung. Dabei müssen KMU nicht selbst in teure Hardware und Wartung investieren.
Durch die Vernetzung mit dem Shopfloor ermöglichen Cloud-ERP-Systeme einen kontinuierlichen Abgleich zwischen geplanten und tatsächlichen Produktionszeiten. Durch die kontinuierliche Erfassung und Analyse von Maschinendaten, wie zum Beispiel tatsächlichen Lauf- und Taktzeiten, erkennt das System frühzeitig mögliche Verzögerungen und Abweichungen, noch bevor diese tatsächlich eintreten. So können Unternehmen proaktiv handeln, ihre Prozesse systematisch verbessern und ihre Produktionsplanung und Stammdaten an die Realität anpassen.
Ein weiteres Beispiel für die Vorteile dieser Vernetzung ist das Energiemanagement. Anhand von Stammdaten und Produktkalkulationen im ERP-System lassen sich die Energiekosten für die Herstellung eines Produkts präzise planen. Sensoren an den Maschinen erfassen während der Produktion den tatsächlichen Energieverbrauch, etwa Spannung, Stromstärke und Laufzeit. Diese Daten werden in Echtzeit an das Cloud-ERP-System zurückgespielt und mit den Planwerten abgeglichen. So erhält das Unternehmen wertvolle Erkenntnisse, um den Energieverbrauch zu optimieren, Kosten zu senken und seinen CO2-Fußabdruck zu reduzieren.
Cloud-ERP erschließt KI-Potenziale für KMU
Ein nicht zu unterschätzender Vorteil ist, dass Cloud-ERP mittelständischen Unternehmen hilft, die hohen Einstiegshürden bei der Einführung von KI zu überwinden. Bisher war der gewinnbringende Einsatz solcher KI-Funktionen oft an eine leistungsfähige und teure IT-Infrastruktur gekoppelt, die insbesondere für KMU ohne eigene IT-Abteilung kaum realisierbar war. Cloud-Lösungen räumen diese Hürde aus dem Weg. Sie ermöglichen es, intelligente Funktionalitäten in leicht zugänglicher, schnell einsetzbarer und kostengünstiger Form über Cloud-Dienste zu beziehen.
Die Cloud bietet die notwendige Skalierbarkeit und Flexibilität, um rechenintensive KI-Anwendungen zu betreiben, ohne in teure Hardware investieren zu müssen. Die hohe Rechenleistung der Cloud ermöglicht es auch mittelständischen Unternehmen, KI-Algorithmen zu nutzen und von automatisierten prädiktiven Analysen, Prognosen und personalisierten Handlungsempfehlungen in Echtzeit zu profitieren. So ermöglichen beispielsweise Echtzeitdaten aus der Produktion im ERP-System verknüpft mit KI-basierten Analysen eine dynamische und vorausschauende Planung. Eingehende Kundenaufträge werden im Cloud-ERP-System erfasst, an das Produktionsplanungssystem übergeben und schließlich über eine IoT-Plattform bis zur Maschine in der Produktion weitergeleitet. Hinzu kommen Querschnittsanalysen, automatisierte Beschaffungsvorschläge, Vertriebs- und Preisanalysen oder die Optimierung von Fertigungsprozessen.
ERP-Auswahl: Ein strukturierter Ansatz für den Mittelstand
Die Auswahl des richtigen ERP-Systems ist für mittelständische Unternehmen eine strategische Entscheidung mit weitreichenden Folgen. Fakt ist: Nur wenn die Software exakt auf die individuellen Anforderungen des Unternehmens zugeschnitten ist, kann sie ihre Vorteile voll ausspielen. Deshalb ist es unerlässlich, zu Beginn des Auswahlprozesses die eigenen Bedürfnisse genau zu definieren. Dabei spielen Faktoren wie Fertigungstyp, Feinplanung, Logistikprozesse und Produktlebenszyklus eine entscheidende Rolle.
Unabhängig von den individuellen Bedürfnissen müssen sich Unternehmen bei der Anbieterauswahl folgende Fragen stellen: Verfügt der Anbieter über ausreichend Know-how und Größe, um auch nach Jahren noch gut beraten zu können? Wie hoch sind die Kosten für die Implementierung und vor allem für die spätere Nutzung? Setzt der Anbieter auf sichere und verlässliche Cloud-Plattformen? Werden die Daten zwischen Unternehmen und Cloud verschlüsselt übertragen? Hält der Anbieter die geltenden Datenschutzbestimmungen (zum Beispiel EU-DSGVO) ein?
Zu den wichtigsten Kriterien zählen außerdem:
- Skalierbarkeit. Das System sollte problemlos mitwachsen können, wenn Unternehmen beispielsweise neue Projektteams einstellen, zusätzliche Standorte eröffnen oder ins Ausland expandieren. Idealerweise, sollte sich das System durch Mehrsprachigkeit, Mehrwährungsfähigkeit und die Fähigkeit zur Konsolidierung für die Konzernrechnungslegung auszeichnen und für verschiedene Länder lokalisiert sein.
- Offene Architektur. Die ERP-Lösung sollte über offene Schnittstellen und stabile Konnektoren verfügen, um einen reibungslosen Datenaustausch mit Kunden und Lieferanten, aber zunehmend auch angesichts regulatorischer Anforderungen zu gewährleisten. Insbesondere im Hinblick auf die zunehmende Digitalisierung der Logistik, aber auch etwa auf den Bereich des Finanzwesens mit dem Beispiel des digitalen Rechnungsaustausch (ZUGFeRD) erhöhen sich die Anforderungen für moderne ERP-Plattformen.
- Mobile Verfügbarkeit. Moderne Lösungen ermöglichen es beispielsweise Vertriebsmitarbeitern, von unterwegs auf wichtige Kunden- und Produktdaten zuzugreifen. Auch im Produktionsumfeld gewinnen mobile Anwendungen zunehmend an Bedeutung. Daher sollte die ERP-Software Scannerlösungen und innovative Shopfloor-Applikationen unterstützen, die auf Industrie-Endgeräten lauffähig sind.
- Individuelle Anforderungen. Ein weiteres Entscheidungskriterium kann zum Beispiel ein integriertes APS-Modul (Advanced Planning & Scheduling) sein. Dieses ermöglicht die automatische Anpassung der Auftragsreihenfolge auf Basis von Echtzeitdaten – ein entscheidender Vorteil in einem dynamischen Marktumfeld, das von komplexen Auftragsnetzen, kurzfristigen Eilaufträgen und einer hohen Variantenvielfalt geprägt ist.
Die Kombination aus Cloud-ERP und KI sind keine Zukunftsmusik mehr, sondern greifbare und bezahlbare Werkzeuge für den Mittelstand. Mit einem strukturierten Auswahlprozess und dem Fokus auf die individuellen Anforderungen können KMU die Vorteile von Cloud-ERP und KI nutzen und ihre Wettbewerbsfähigkeit im digitalen Zeitalter nachhaltig stärken.
Über den Autor:
Martin Nussbaumer ist Director of Operations and Business Development bei Forterro. Er hat einen PhD in Operations Research und ist seit 2008 in der Softwareindustrie tätig, unter anderem in Führungspositionen bei IFS, SAP oder ION.
Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.