sarayut_sy - stock.adobe.com
5G versus Wi-Fi 6: Was ist besser für Edge-Umgebungen?
Auch wenn 5G sicherlich einige spannende Anwendungsfälle für viele Umgebungen ermöglicht, dürfte es Wi-Fi kaum je vollständig ersetzen, wenn es um Konnektivität am Edge geht.
Der Übergang zu Hybrid Work und weit verteilten Unternehmen zwingt Firmen dazu, nach neuen Arbeitsweisen zu suchen. Damit rückt auch Edge Computing letztlich ins Rampenlicht. Angesichts der wachsenden Zahl von Filialbüros sowie von Mobil- und IoT-Geräten entwickelt sich Edge Computing zu einer effektiven Möglichkeit, Daten über unterschiedliche Standorte hinweg zu verarbeiten und zu speichern.
Eines der vielen Versprechen von 5G lautet, dass es Edge Computing revolutionieren wird. Branchenkenner haben gute Gründe, sich zu freuen, vor allem über Highband-5G, das Frequenzen im Millimeterwellenbereich nutzt, so dass sich für Geräte am Netzwerk-Edge Hochgeschwindigkeitsverbindungen mit geringer Latenz realisieren lassen. Es wird jedoch noch viele Jahre dauern, bis 5G WLAN als De-facto-Wireless-Technologie für die Konnektivität am Netzwerk-Edge ablösen kann.
Im Folgenden finden Sie drei Gründe, warum Wi-Fi oder WLAN auch weiterhin das Herzstück von Edge-Bereitstellungen in Unternehmen bleiben wird. Dies gilt umso mehr, da die nächste Generation, Wi-Fi 6, eine effizientere Nutzung der vorhandenen Funkfrequenzen ermöglicht und Wi-Fi 6E das 6-GHz-Band für Unternehmen zugänglich macht.
Kosteneinsparungen
Es gibt verschiedene Optionen, um das 5G-Spektrum zu implementieren: Lowband, Midband und Highband. Das Lowband bietet nur geringfügige Geschwindigkeitsverbesserungen gegenüber den vorherigen Mobilfunkgenerationen und wird wahrscheinlich keine grundlegenden Veränderungen bei der Mobilfunknutzung bewirken.
Das eigentlich Spannende ist Highband-5G, das Frequenzen über 20 GHz nutzt und hohe Geschwindigkeiten mit geringer Latenz bietet. Der Nachteil besteht jedoch darin, dass Highband-Signale nicht sehr weit reichen und im Vergleich zu niedrigeren Bändern leichter durch Dinge wie Gebäude, Glas und Blattwerk gestört werden.
Dies stellt ein spezielles Problem für Unternehmensumgebungen dar, die sich in der Regel über große Gebiete erstrecken, insbesondere, weil die Belegschaft zunehmend verteilt arbeitet. Um optimal von der Geschwindigkeit und der geringen Latenz von Highband-5G zu profitieren, müssen Mikrozellen-Basisstationen sehr nahe beieinander positioniert werden, was die Netzwerkbereitstellung zeitaufwendig und teuer macht.
Im Gegensatz dazu ist Wi-Fi weiterhin eine erschwingliche Option, da in den meisten Fällen bereits eine WLAN-Infrastruktur vorhanden ist. Vielleicht noch wichtiger ist der Umstand, dass es aufgrund der langen Dominanz von WLAN als De-facto-Wireless-Konnektivität eine große Anzahl von Geräten gibt, die nur mit Wi-Fi kompatibel sind. Für Unternehmen wäre es extrem kostspielig, sie alle zu ersetzen. Kombiniert man dies mit der Tatsache, dass WLAN-Chipsätze um einiges erschwinglicher sind als die für 5G, dann wird klar, dass Wi-Fi uns erhalten bleiben wird.
Wenn Unternehmen jedoch im Laufe der Zeit aufrüsten möchten, sind Wi-Fi 6 und 6E eine gute Option. Beide bieten einen höheren Durchsatz, geringere Latenz und eine bessere Netzwerkeffizienz als frühere Wi-Fi-Generationen.
Geringerer Energieverbrauch
Ein weiterer spezifischer Vorteil, den Wi-Fi 6 in puncto Edge-Konnektivität mit sich bringt, ist eine Funktion namens Target Wake Time. Sie ermöglicht es den Geräten im Netzwerk, die Kommunikation mit einem Access Point zu planen. Dadurch wird die Zeit, in der sie die Funkeinheiten mit Strom versorgen müssen, reduziert und die Batterie- beziehungsweise Akku-Lebensdauer von Sensoren und Endpunktgeräten verlängert.
Derzeit müssen die Endgeräte regelmäßig aufwachen, auch wenn nur selten Updates erforderlich sind. Dies verhindert stromsparende Designs, die darauf abzielen, den Stromverbrauch der Geräte zu reduzieren und gleichzeitig die notwendigen Funktionen aufrechtzuerhalten. Da die Target Wake Time mit Wi-Fi 6 in größerem Umfang verfügbar wird, können Unternehmen ihren Stromverbrauch senken und zugleich neue Anwendungsfälle erschließen, die mit einer besseren Konnektivität einhergehen.
Dies steht in krassem Gegensatz zu 5G, bei dem Data Center und Sendemasten im Allgemeinen einen höheren Energieverbrauch erwarten lassen. Tatsächlich schätzen einige Experten, dass 5G bis 2026 den Gesamtenergieverbrauch des Netzwerks um 150 bis 170 Prozent erhöhen könnte. Zu diesem Schluss kommt eine Studie von Vertiv und 451 Research. Da die Zahl der Endpunktgeräte am Edge weiterhin explodiert, wird die Energieeffizienz nur noch mehr an Bedeutung gewinnen. Man sollte sich Gedanken darüber machen, welche Rolle die Wireless-Konnektivität bei der Kontrolle des Energieverbrauchs spielen wird. Wi-Fi 6 kann hierbei ein Tool sein, um die Energiebilanz zu verbessern.
Zuverlässigkeit gleichauf mit 5G
Ein weiteres wesentliches Verkaufsargument von 5G für künftige Edge-Installationen ist die Möglichkeit, die Konnektivität per Slicing in isolierte End-to-End-Netzwerke aufzuteilen, die auf die unterschiedlichen Anforderungen einer bestimmten Anwendung zugeschnitten sind. Jedes Slice kann unterschiedliche Eigenschaften aufweisen und für eine bestimmte Anwendung reserviert werden, wobei eine garantierte Performance und niedrige Latenz sichergestellt sind.
Wi-Fi hingegen bietet kein Slicing. Viele Anwendungsfälle beim Slicing im Mobilfunk drehen sich um spezielle Probleme eines stark frequentierten Makronetzwerks. Wi-Fi hat diese Probleme nicht und verfügt dennoch über etliche Mechanismen, die sich für die Kontrolle von Richtlinien, der Traffic-Optimierung und der Servicebereitstellung am Edge nutzen lassen.
Kombiniert man diese vorhandenen Funktionen mit der verbesserten Unterstützung für eine größere Anzahl von Geräten, die das neue OFDMA-Feature mit sich bringt, empfiehlt sich Wi-Fi 6 als solide Option für die Konnektivität am Edge. Dies gilt insbesondere in Umgebungen, in denen Geräte eine garantierte Bandbreite für einen konsistenten Betrieb benötigen.
Schreiben Sie Wi-Fi nicht ab – es wird ein wichtiger Bestandteil der Konnektivität am Edge bleiben
Da die Zahl der IoT-Geräte im gesamten Unternehmen weiter zunimmt, wird die Verarbeitung und Speicherung solch großer Datenmengen in einer zentralen Cloud oder einem Data Center zunehmend unpraktisch.
Mehr Netzwerkintelligenz muss näher an die Sensoren, Videokameras, Registrierkassen und Hunderte anderer IoT-Geräte heranrücken, die neue Daten erfassen, verarbeiten und erzeugen. So viel steht fest: 5G wird mit Sicherheit einige interessante Anwendungsfälle für Edge-Bereitstellungen mit sich bringen. Trotzdem ist die Annahme unrealistisch, es könnte Wi-Fi irgendwann vollständig verdrängen, wenn es darum geht, Konnektivität am Edge zu ermöglichen.
Über den Autor:
Giacomo Bernardi ist ein angesehener Techniker und CTO bei Extreme Networks, einem Hersteller von Netzwerklösungen, darunter auch Wi-Fi-6-Produkte. Bernardi spielt eine Schlüsselrolle bei der Festlegung der allgemeinen Produktstrategie und Roadmap des Unternehmens sowie bei der Entwicklung von Innovationen im Bereich neuer Technologien. Seine Forschungsinteressen konzentrieren sich auf Machine Learning und Wireless Networking. Zuvor war Giacomo Bernardi CTO bei einem Telekommunikations-Start-up mit einem Wert von über einer Milliarde US-Dollar. Dort zeichnete er verantwortlich für eines der größten SDN-Bereitstellungen. Giacomo Bernardi promovierte an der University of Edinburgh in Großbritannien und erwarb einen Master of Science am Trinity College Dublin in Irland.
Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.