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Wie SAP C/4HANA den CRM-Markt verändern kann
SAP C/4HANA kann durch die Kombination von Frontoffice-CRM-Anwendungen mit transaktionalen ERP-Systemen im Backend das Kundenerlebnis der Zukunft prägen.
Unternehmen wenden sich seit langem an SAP, um Hilfe bei der Organisation ihrer Backoffice-Funktionen zu erhalten. Mittlerweile haben sie einen Grund mehr, um bei einer weiteren Aufgaben um Hilfe zu bitten: der Verwaltung und Zufriedenheit der Kunden.
SAP ist seit mehr als einem Jahrzehnt im Bereich der Customer Experience (CX) tätig. Vor vier Jahren, im Jahr 2015, erklärte das Unternehmen seine Absicht, das aus seiner Sicht isolierte CRM in eine ganzheitliche Lösung umzuwandeln, die es allen Geschäftsbereichen ermöglicht, sich auf den Kundenservice zu konzentrieren.
Die Walldorfer sind nicht der erste und nicht der letzte Anbieter, der eine solche Erklärung abgegeben hat, doch mit der neuen Plattform C/4HANA vereint der Softwareanbieter mehrere Anwendungen miteinander: die Zusammenführung von Frontoffice- und Backoffice-Technologien.
Der Erfolg von SAP C/4HANA wird davon abhängen, wie es an beiden Enden läuft. C/4HANA muss sich gut in das neue ERP-Angebot von SAP, S/4HANA, integrieren. Der Erfolg wird aber auch davon abhängen, wie gut die CX-Anwendungen unabhängig voneinander funktionieren, denn ihr Scheitern könnte die öffentliche Wahrnehmung der gesamten Plattform beeinträchtigen.
„SAP hat gute Chancen, an beiden Fronten erfolgreich zu sein“, sagt CRM-Analyst Paul Greenberg. SAP verfügt über die notwendigen Technologien, um die Customer Experience zu transformieren. Doch ebenso wichtig ist, dass seine Einstellung mit dem übereinstimmt, was Unternehmen wollen: einen vollständigen Überblick über ihre Kunden. „Sie tun das richtige“, sagt Greenberg über SAP. „Der Dreh- und Angelpunkt ist richtig. Sie passen zu der Art und Weise, wie ihre Kunden denken.“
Fünf Cloud-Produkte für eine CX-Plattform
C/4HANA besteht aus fünf SAP Cloud-Produkten: Commerce Cloud, Customer Data Cloud, Marketing Cloud, Sales Cloud und Service Cloud. Jede davon integriert Qualtrics, ein Analyse-Tool, das die Stimmung von Kunden und Mitarbeitern misst.
Laut Ilona Hansen, Senior Director Analystin bei Gartner, hängt der C/4HANA-Erfolg aber auch von Gigya und CallidusCloud ab, zwei von SAP übernommene Technologieanbieter. So bietet die CallidusCloud-Technologie innerhalb der Sales Cloud Vertriebsmitarbeitern zum Beispiel eine Vorabsicht über ihre Verkaufsquoten sowie Fortschrittsberichte darüber, ob sie diese Ziele erreichen. „Das finden Sie sonst nirgendwo“, sagt Hansen. „Sie werden Teile davon in anderen Angeboten sehen, doch die Sales Cloud ist umfassender und bietet Dinge wie eine Gebietsplanung und einen Blick darauf, wer im Team mit welchem Account arbeitet.“
Diese Art von Einsichten motiviert Verkäufer und versetzt sie in eine gute Position, um Kunden zu bedienen. „Man kann einen Unterschied sehen oder hören, wenn sie motiviert und glücklich sind. Die Philosophie von SAP ist klug. Man kann nicht sagen, dass man den Kunden in den Mittelpunkt der Dinge stellt, ohne die Werkzeuge anzubieten, um ihn in den Mittelpunkt zu stellen.“
Thomas Vetter, SAP Senior Vice President und Leiter von C/4HANA, stimmt dem zu. Das Hauptziel von SAP sei es, die Technologie auf die Vision des Kunden auszurichten. „Kundenorientierung ist der Schlüssel. Die Verkäufer werden sehen, dass es nun mehr um das Omnichannel-Erlebnis aus Kundensicht geht“, sagt Vetter. „Vor nicht allzu langer Zeit, als Kunden etwas kauften, riefen sie einen Verkäufer an. Heute wählen sie aus, wie sie etwas kaufen, und zwingen den Verkäufer, die richtigen Informationen zu haben, um die Bestellung auszuführen.“
Die Diskussion über Kundeninformationen in einem Telefoninterview veranlasste Vetter und SAP dazu, den Datenschutz zu fördern und Datenschutzmaßnahmen zu integrieren. Kundendaten gelten heute laut Vetter als „das Öl des 21. Jahrhunderts. Sie gehören dem Kunden, und der Kunde hat uns nur das Privileg gegeben, diese Daten zu seinem Wohle zu verwenden.“ Mit Hilfe der Gigya-Technologie ermöglicht die Customer Data Cloud Unternehmen, den Erwartungen der DSGVO und ähnlichen Regeln zu folgen, indem sie „dem Kunden die Möglichkeit gibt, zu definieren, was mit seinen Daten geschieht“, erläutert er.
Nach Angaben von Hansen ist diese Technologie ein großer Vorteil für SAP C/4HANA: „Es ist zukunftsweisend - nicht nur durch die Gigya-Übernahme, sondern auch dadurch, dass es zum Mittelpunkt des Cloud-Produkts wird.“
Von den verbleibenden drei Cloud-Angeboten, aus denen SAP C/4HANA besteht, ist die Commerce Cloud aufgrund seiner Backoffice-Fähigkeiten und -Funktionen ebenfalls ein Verkaufsargument. Auch die Service Cloud schneidet gut ab. Das schwächste Glied ist die Marketing Cloud.
„Die Marketing Cloud ist durchschnittlich“, sagt Greenberg. Seine Bewertung berücksichtige dabei die Stärken der Salesforce Marketing Cloud und der Oracle Marketing Cloud. Er prognostiziert, dass sich eine Reihe von Unternehmen nur für einen Teil der fünf Cloud-Technologien innerhalb von C/4HANA entscheiden und auch andere CRM-Produkte, zum Beispiel für das Marketing, einsetzen werden.
Qualtrics wird auch bestimmen, wie C/4HANA das Versprechen von SAP erfüllt, eine komplette Omnichannel-CX-Plattform zu liefern. „Qualtrics wird das Engagement der Mitarbeiter und die Probleme mit dem Kunden nicht lösen“, ist SAP-Analyst Luke Marson überzeugt. Aber die Aufgabe, die Daten zu sammeln und über C/4HANA anzubieten, wird den Anwendern die Möglichkeit geben, CX-Probleme im Rahmen ihrer Arbeit im CX-Management schnell zu lösen.
Die Integration von Frontoffice und Backoffice
Das größte Fragezeichen ist dabei die Integration mit dem ERP-System von SAP. Nach Angaben der Walldorfer soll sich C/4HANA mit S/4HANA integrieren lassen. Sobald die beiden Produkte synchronisiert sind, zielen sie darauf ab, die Frontoffice- und Backoffice-Prozesse eines Unternehmens zusammenzuführen. Es ist Teil der SAP-Strategie, dass Lagerprozesse für CX genauso wichtig sind wie kundenorientierte Anwendungen.
Dieser Informationszusammenfluss „hat das Potenzial, das Kundenerlebnis in eine neue Richtung zu lenken“, sagt Kate Leggett, Analystin bei Forrester. „Es ist wichtig zu beantworten, wann eine Bestellung auf Lager ist, oder dass ich meinem Kunden sagen kann, dass das gewünschte Produkt nicht im Laden um die Ecke, sondern ein paar Kilometer entfernt ist“, sagt sie. Die Integration von ERP- und CX-Workflows wird den Kunden „einen Echtzeitüberblick über die Lieferkette geben, und das ist wichtig, um ein gutes Erlebnis zu schaffen“, fügt sie hinzu. „Es geht nicht darum, mit einem Kunden zu interagieren, sondern Informationen und Ratschläge für Kunden bereitzustellen.“
Wenn es richtig gemacht wird, kann der Zusammenschluss von CX- und ERP-Technologie eine dauerhafte Verbindung sein. „Oracle und SAP haben die Stärken, um dies miteinander zu verknüpfen, und sie haben die Industriekunden, die das Frontoffice und Backoffice vereinen wollen", sagt sie. „Es ist eine Menge Arbeit, aber sie sind in der Lage, es zu erreichen.“
Vetter sagt, dass Unternehmen ihre Lieferversprechen gegenüber den Kunden einhalten müssen, und sie stehen unter Druck, die Kundendienstfunktionen zu verbessern, zum Beispiel durch die schnelle Bearbeitung von Produktrückgaben. „Die Kundenzufriedenheit kommt nicht nur vom Frontoffice“, sagt er. „Ja, Sie brauchen eine E-Commerce-Seite, auf der das Erlebnis zugänglich und maßgeschneidert ist. Das ist ein wichtiger Aspekt von CX. Aber man braucht auch die Integration von Frontoffice und Backoffice.“