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Wie Unternehmen RPA und Machine Learning zusammen einsetzen
RPA führt zusammen mit maschinellem Lernen und anderen KI-Techniken zu einer intelligenten Automatisierung. Doch die beste Automatisierung hängt von den Bedürfnissen ab.
Immer mehr Unternehmen setzen RPA-Funktionen ein. Diese erlauben es ihnen, routinemäßige, sich wiederholende Aufgaben zu automatisieren. Manchmal benötigen IT-Verantwortliche allerdings mehr Funktionen, welche die Möglichkeiten von RPA übersteigen. Maschinelles Lernen ist hier die Lösung: Mit dem Einsatz von Machine-Learning-Funktionen entsteht eine intelligente Automatisierung, die im Vergleich zu RPA lernfähig ist und sich anpassen kann.
Grundsätzlich sollte die Wahl zwischen robotergestützter Prozessautomatisierung (Robotic Process Automation, RPA) und Machine Learning (ML) vom Anwendungsfall abhängen. Doch in der heutigen KI-Welt herrscht der Irrglaube, dass intelligente Automatisierung (Intelligent Process Automation, IPA) besser sein muss. Dagegen kann RPA durchaus die elegantere Lösung sein.
„Wir betrachten KI und Machine Learning als das Wissen, was zu tun ist, RPA hingegen weiß, wie es geht“, sagt Muthu Alagappan, Chief Medical Officer beim Anbieter der intelligenten Automatisierungsplattform Notable Health. „OCR [Optical Character Recognition, Anm.] kann zum Beispiel verwendet werden, um Informationen aus Versicherungskarten, Fotoausweisen und klinischen Dokumenten zu extrahieren. Von dort aus werden die extrahierten Daten mit RPA in bestehende Aufzeichnungssysteme eingegeben.“
Wie RPA und maschinelles Lernen zusammenarbeiten
RPA führt einfach seinen programmierten Code aus. Wenn sich die Anforderungen ändern, muss es neu programmiert werden. Maschinelles Lernen ist dynamischer.
„Maschinelles Lernen stützt sich auf große Datensätze, um Computersysteme zu informieren, wie sie Entscheidungen treffen sollen“, erklärt Tommy McEvoy, Senior Lead Technologist im Bereich KI beim Management- und IT-Beratungsunternehmen Booz Allen Hamilton. „Ein spannender Fortschritt im Bereich der Automatisierung ist die Integration dieser Fähigkeiten. Dabei wird RPA zum Motor, der ML-, NLP- und KI-Features beschleunigt, einen Output in großem Umfang zu produzieren.“
Mit der schnellen Bereinigung und Einspeisung von Daten durch RPA in einen Machine-Learning-Algorithmus kann ein Unternehmen eine vollständig automatisierte Lösung erzielen. Booz Allen Hamilton hat beispielsweise vollautomatische Servicelösungen entwickelt, welche die telefonischen Anfragen von Kunden für Rückerstattungen erfassen. Diese Informationen werden transkribiert, das Anliegen des Kunden wird klassifiziert und dann wird all dies in einen geeigneten Trigger für die Automatisierung umgesetzt.
„Eine echte Automatisierungsplattform umfasst neben RPA und maschinellem Lernen auch Entscheidungsmanagement-Frameworks und Ereignisarchitekturen, um Aktionen auszulösen“, sagt Bill Lobig, Vice President of Product Management bei IBM. „RPA hat bei Technologien zur Dokumentenextraktion, Systemintegration und Prozessanalyse zu einem erheblichen Anstieg geführt. Ich denke, dass all diese Dinge zusammengenommen das sind, was man für eine intelligente Automatisierung braucht. Aber sicherlich sind RPA und maschinelles Lernen ein großer Teil davon.“
Computer Vision und RPA
Genpact, ein weltweit tätiges IT-Dienstleistungsunternehmen, setzt Computer Vision ein, um RPA effektiver und für ein breiteres Spektrum von Anwendungsfällen einzusetzen. Das Unternehmen kombiniert außerdem Machine Learning mit Computer Vision, um bestehende Geschäftsprozesse zu erkennen und zu analysieren sowie deren Abweichungen und Variationen. Genpact verwendet die Technologie zudem, um die Protokolldateien der RPA-Engine zu untersuchen. Damit will es die Ursache von Problemen ermitteln, die in RPA behoben werden müssen.
„Wir nutzen die Fähigkeit von Computer Vision sehr häufig, weil es eine Menge unstrukturierter Daten in PDFs und anderen Dingen gibt“, sagt Sanjay Srivastava, Chief Digital Officer bei Genpact. „Wir verwenden Machine Learning für drei Prozesse: Das Entwerfen der Konfigurationsregeln für die Prozessautomatisierung, die Ausführung und die Beseitigung von systemischen Upstream-Problemen, die nachgelagerte Probleme verursachen.“
Srivastava betonte auch die Notwendigkeit, eine Datengrundlage zu schaffen, was einige Unternehmen übersehen.
„Ich musste feststellen, dass sich die Leute ohne Vorüberlegungen auf RPA stürzen. Data Scientists hingegen wissen, dass sie kaum sinnvolle Ergebnisse bekommen, wenn sie keine Datenbankstruktur aufgebaut haben. Also würde ich das im Zusammenhang mit RPA nicht aus den Augen verlieren“, sagt Srivastava. „Der wahre Test von RPA besteht nicht darin, die Dinge zu automatisieren, die Sie kennen, sondern die Dinge, von denen Sie nicht wussten, dass sie passieren. Process Discovery und Process Mining sind von zentraler Bedeutung, um alle Prozesse herauszufinden, was eine große Chance für Datenwissenschaftler darstellt.“
Ist RPA KI?
RPA fehlt es an Intelligenz. Intelligente Automatisierung fügt je nach Anwendungsfall maschinelles Lernen und andere KI-Techniken hinzu, zum Beispiel Computer Vision und Natural Language Processing (NLP). Könnte KI RPA vollständig ersetzen? Das ist unwahrscheinlich, denn nicht alles, was automatisiert werden muss, erfordert maschinelle Intelligenz.
„Wenn man RPA auf Tausende von Bots anwendet, ist es ein Alptraum, all diese Bots zu verwalten. Sie wissen nicht, wo es zu Problemen kommt. Es ist deshalb Zeit für einen besseren Weg – und das ist intelligente Automatisierung“, sagt Anand Rao, Global Artificial Intelligence Lead bei PwC. „Der Fehler von Data Scientists besteht darin, komplexe Deep-Learning-Modelle zu entwickeln, um intellektuelle Überlegenheit zu demonstrieren, anstatt das zu entwickeln, was ein Unternehmen wirklich braucht. Achten Sie deshalb immer darauf, dass Sie das richtige Werkzeug für die richtige Art von Aufgabe verwenden.“
Geschäftsprozesse nicht so automatisieren, wie sie sind
Die Unternehmen von heute konzentrieren sich stark auf Kostenkontrolle und Effizienzsteigerung – was beides die Einführung von RPA vorangetrieben hat. Dennoch wird RPA manchmal implementiert, ohne zu hinterfragen, ob der ursprüngliche Prozess noch sinnvoll ist. Wenn der Geschäftsprozess von vornherein schlecht konzipiert war, beschleunigt die Automatisierung zwar seine Ausführung. Der Prozess selbst wird aber nicht besser. Es kann jedoch auch sein, dass ein Geschäftsprozess reif für die Automatisierung erscheint, aber weder RPA noch intelligente Automatisierung die beste Lösung ist.
Hierzu Beispiel: Ein Versicherungsunternehmen wollte seinen papierbasierten Prozess der Schadensanmeldung automatisieren, da dieser langsam, teuer und mit vielen manuellen Fehlern behaftet war. Die Antragsteller schickten Papierformulare ein, so dass die darin enthaltenen Informationen erneut in eine App zur Schadensbearbeitung eingetippt werden mussten.
Hätte man die Informationen über die Ansprüche digital extrahieren können, wäre derselbe Prozess schneller und mit weniger Fehlern durchgeführt worden. Eine noch bessere Lösung wäre jedoch gewesen, das Problem der Datenqualität mit einer mobilen App zu lösen. Diese hätte es den Antragstellern ermöglicht, ihre Informationen gleich digital einzugeben und zu überprüfen. Am Ende wurde der Prozess nicht automatisiert, sondern völlig neugestaltet.