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Welche Silicon-Valley-Ideenschmieden derzeit hervorragen
Eine Tour durch das Silicon Valley zeigt: es tut sich was am Softwaremarkt. Diese Enterprise-Softwaretechnologien sollte man genauer studieren.
Anmerkung der Redaktion: Diese zweiteilige Artikelserie stellt neun Start-ups oder bereits etablierte Unternehmen im Bereich Business- und IT-Software vor. Im ersten Artikel werden vier Firmen präsentiert, die in unterschiedlichen Softwarefeldern beheimatet sind: Harness, Anaplan, Datadog und Frame. Der zweite Artikel dreht sich um Organisationen, die im Bereich Datenbank, Datenanalyse und Daten-Management zu verorten sind: Aerospike, Gridgain, MapD, Alation und Waterline Data.
Das Silicon Valley gilt als Mekka für Start-ups und neue Ideen. Wer in der IT-Industrie erfolgreich sein möchte, muss hier Wurzeln schlagen oder zumindest ein Büro eröffnen. Teil dieser Gründerkultur ist es, sich immer wieder neu zu erfinden, auch Fehlschläge zu akzeptieren und diese als Ansporn für die Zukunft zu betrachten.
In diesem und einem weiteren Artikel werfen wir einen Blick auf neun Unternehmen, die sich etabliert haben, aber mehrheitlich noch den Charakter eines Start-ups haben. Als Teil einer Tour durch das Silicon Valley und San Francisco konnte TechTarget Einblicke in die Organisationen gewinnen und stellt diese im Folgenden vor.
Continuous Delivery as a Service mit Harness
Harness wurde vom ehemaligen AppDynamics CEO Jyoti Bansal und dem ehemaligen Apple-Entwickler Rishi Singh gegründet. Das Start-up möchte ein zentrales Entwicklungsproblem im DevOps-Zeitalter lösen: Die kontinuierliche, automatische Bereitstellung von Software, Updates und neue Features über die Cloud.
Harness bietet Continuous Delivery as a Service an und bezeichnet sich selbst als Pionier in diesem Bereich. Entwickler können die Plattform für die Überwachung ihrer Anwendungen und das ausrollen neuer Updates einsetzen. Für das Monitoring der Anwendungen setzt Harness auf Machine Learning. Die drei Säulen der Continuous-Delivery-Plattform sind Smart Automation, Continuous Verification und Continuous Security.
Unter Smart Automation versteht Harness die Erstellung einer Continuous Delivery Pipeline, die eine automatische Auslieferung des Codes und ein vereinfachtes Code-Management erlaubt. Das Start-up möchte die Masse an entwickelten Skripten und Code vereinfachen und stellt hierfür eine Drag-and-Drop-Oberfläche zur Verfügung, über die sich Skripte automatisch erstellen, verschieben und ausliefern lassen.
Gleichzeitig überprüft Harness den Softwarecode automatisch – was unter Continuous Verification fällt. Hierfür setzt Harness auf Machine-Learning-Algorithmen. Die Plattform soll nach Angaben des Unternehmens automatisch erkennen, welcher Code funktioniert und welcher geändert werden muss.
Schließlich soll Continuous Security sicherstellen, dass die Anwendung sicher ist und den Compliance-Anforderungen entspricht. Insgesamt verspricht Harness mit seiner Plattform, die Implementierung von DevOps zu vereinfachen und ein automatisches Ausrollen von Software und Updates zu ermöglichen.
Was Anaplan unter Connected Planning versteht
Anaplan kann genau genommen nicht mehr als Start-up bezeichnet werden, wurde es doch bereits 2006 in Yorkshire, England gegründet. Allerdings folgten vier Jahre Entwicklung, bis das erste Release fertig war. Die Planungs- und Enterprise-Performance-Plattform von Anaplan – der Name setzt sich aus Analysis und Planning zusammen – wurde schließlich im Oktober 2010 präsentiert. Heute ist das Unternehmen ist San Francisco beheimatet.
Die Anaplan-Plattform soll die Vernetzung von Mitarbeitern, Daten und Geschäftsplänen in Unternehmen fördern und den Entscheidungsprozess unterstützen. Diesen Prozess bezeichnet der Anbieter als Connected Planning. Dahinter verbirgt sich ein elektronisches Spreadsheet, dass an Business-Intelligence- und Enterprise-Performance-Systeme erinnert.
Anaplan zeichnet sich durch kollaborative Tools aus, die es Planern und Entscheidern erlauben, komplexe Datensätze gemeinsam zu bearbeiten. Eine Metadaten-Ansicht stellt die Pläne und ihre Beziehungen untereinander dar. Dadurch können Anwender analysieren, wie sich Entscheidungen und Änderungen auf verschiedene Unternehmensbereiche auswirken.
Das Kernstück der Anaplan-Plattform ist Hyperblock. Dessen Architektur ist ein Hybrid aus relationaler Datenbank, OLAP und einem In-Memory Data Store. Laut Anaplan ermöglicht Hyperblock die Entwicklung von Planungsmodellen unter Einbeziehung aller Daten bis hinunter zur Transaktionsebene. Über diese Modellierung- und Berechnungs-Engine können Manager Geschäftsergebnisse bewerten und auf Geschäftsereignisse reagieren.
Da Kunden innerhalb der Plattform mit Excel-ähnliche Funktionen arbeiten, können nicht nur Datenexperten und Data Scientists. mit ihr arbeiten, sondern auch Mitarbeiter, die mit der Arbeit mit Excel vertraut sind. Anaplan umfasst unter anderem Tools für die Personaleinsatzplanung, Quotenplanung, Provisionsberechnung, Projektplanung, Bedarfsplanung, Budgetierung, Prognosen, Finanzkonsolidierung und Rentabilitätsmodellierung.
Sobald ein Kunde Daten in die Anaplan-Cloud hochlädt, können die Fachanwender in dem Unternehmen unterschiedliche Unternehmensdatensätze aus den Bereichen Finanzen, Personalwesen, Vertrieb und anderen Geschäftsbereichen organisieren und analysieren.
Seit Mai 2013 veranstaltet Anaplan eine jährliche Anwenderkonferenz unter dem Namen Anaplan Hub, auf der sich neben Kunden auch Analysten und Partnerfirmen treffen. Die jüngste Anaplan Hub fand Anfang März 2018 in Las Vegas statt. Das Unternehmen veranstaltet darüber hinaus europäische Ableger der Konferenz in London (15. Mai 2018) und Paris (13. Juni 2018).
Seit Februar 2018 ist das Unternehmen in Deutschland mit einem eigenen Standort in Frankfurt (Main) vertreten. Über eine Partnerschaft mit Equinix stellt Anaplan zudem Data-Center-Ressourcen für den deutschen Markt bereit.
Datadog: Monitoring-Plattform für Cloud-Anwendungen
Datadog wurde 2010 von den beiden Franzosen Olivier Pomel und Alexis Le-Quoc gegründet. Das Unternehmen hat seinen Hauptsitz in New York City und ist kein typisches Silicon Valley Start-up. Mittlerweile zählt Datadog über 600 Mitarbeiter (eine Verdopplung innerhalb eines Jahres) und setzt laut eigenen Angaben rund 100 Millionen Dollar mit seinen mehr als 6.000 Kunden um.
Diese Zahlen lassen sich auf das Geschäftsfeld zurückführen, in dem Datadog aktiv ist: Cloud-Monitoring. Da Umfang und Vielfalt der Cloud-Anwendungen stetig wächst, stehen Unternehmen vor mehreren Problemen. Sie müssen sicherstellen, dass die verschiedenen Anwendungen zusammenarbeiten, sich skalieren lassen und die verschiedenen Datenbanken zusammenarbeiten. Kurz gesagt: Sie müssen ihre Cloud-Landschaft und Infrastruktur detailliert überwachen.
Datadog übernimmt diese Aufgabe und sammelt alle Daten der eingesetzten Server (aktuell über eine Million Kundenserver), Datenbanken und Services an zentraler Stelle. Die Application-Performance-Monitoring-Plattform wird als Software as a Service (SaaS) angeboten und ist Cloud-nativ.
Die gesammelten Daten lassen sich über die Dashboards und visualisierten Metriken innerhalb der Cloud-Anwendung einsehen. Um Performance-Probleme zu erkennen, lassen sich Alerts anlegen (siehe Abbildung 1), die über den kritischen Zustand einer Cloud-Applikation informieren.
Das Angebot des Monitoring-Spezialisten arbeitet unter anderem mit Amazon Web Services (AWS), Microsoft Azure, Google Cloud Platform, Red Hat OpenShift und OpenStack zusammen. Insgesamt werden über 150 Integrationsoptionen unterstützt. Der Plattform-Support reicht von Amazon Linux, über Docker, Kubernetes, macOS, Ubuntu bis hin zu Microsoft Windows.
Für Konfiguration und Integration des Datadog Agent sind zum Beispiel Chef Cookbook, Puppet, Ansible und SaltStack möglich. Eine umfassen Übersicht bietet die Dokumentation. Das Backend der Monitoring-Anwendung setzt auf verschiedenen Open-Source- und proprietären Technologien auf, darunter Apache Cassandra, Kafka, PostgreSQL und D3.
Dass Datadog mittlerweile etabliert ist, lässt sich an verschiedenen Indikatoren ablesen: 2015 gab Datadog die Akquisition von Mortar Data bekannt. Im gleichen Jahr eröffnete das Unternehmen ein Entwicklungsbüro in Paris. Im Jahr 2017 übernahm Datadog wiederum Logmatic.io, einen plattformunabhängigen Service zur Abfrage und Visualisierung von Protokollen sowie zur Überwachung und Fehlerbehebung von Online-Services.
Frame: The next big thing?
Ein Unternehmen, dass in Deutschland bisher unbekannt ist, von sich aber behauptet „The next big thing“ zu sein, ist Frame. Das Unternehmen wurde 2012 von Nikola Bozinovic gegründet und hat seinen Hauptsitz in San Mateo, rund 40 km südlich von San Francisco. Aufgrund der serbischen Wurzeln von Gründer Bozinovic hat Frame außerdem Entwicklungsstandorte in Niš und Belgrad.
Ursprünglich unter dem Namen Mainframe2 gegründet, möchte Frame die Art verändern, wie wir Desktop-Programme verwenden. Frame wirbt damit, dass es jede Windows-Anwendung in die Cloud bringen kann, so dass sich die App von einem beliebigen Gerät aus nutzen lässt, auf dem ein HTML5-kompatibler Browser läuft.
Normalerweise umfasst das Verschieben eines Programms von einem normalen PC auf einen Server und die anschließende Virtualisierung in die Cloud mehrere Schritte. Je nach Komplexität und Größe der App kann dieser Prozess Stunden dauern, bis die Anwendung problemlos in einer virtuellen Maschine läuft. Frame verkürzt mit seiner Cloud-basierten Desktop-Virtualisierungs-Lösung den Prozess auf wenige Minuten.
Dabei unterstützt Frame unter anderem die NVIDIA-Standard für virtuelle GPUs (NVIDIA GRID), so dass sich auch grafik- und rechenintensive Programme wie Adobe Photoshop oder Premiere Pro auf einem leichtgewichtigen Rechner wie einem Chromebook oder Tablet einsetzen lassen.
Frame sticht in erster Linie durch zwei Merkmale hervor: Sie ist eine Cross-Plattform-Anwendung, die den Einsatz eines Programms von Windows entkoppelt. Nutzer können eine Windows-App etwa auch über ein Android- oder macOS-Gerät verwenden. Gleichzeitig setzt der Anbieter bei der Abrechnung auf Business-Pläne, über die Unternehmen bei Bedarf Programme wie Photoshop oder Illustrator über die virtuelle Umgebung von Frame einsetzen können, ohne selbst Lizenzen von Adobe kaufen zu müssen. Drei Modelle werden von Frame angeboten: Standard, Pro und Enterprise.
Im Standard-Plan zahlen Unternehmen zum Beispiel 20 Dollar pro Nutzer und Monat plus die stündliche Nutzung. Die stündliche Nutzung wird in Credits berechnet, die sich auf den Einsatz von Cloud-Ressourcen von Frame beziehen. Beispielsweise benötigt man zehn Credits für die Verwendung des Frame Systems Air 4GB, das ein CPU-Kern und vier GB RAM enthält. Damit lassen sich Basis-Apps wie Microsoft Office oder einfache Coding-Programme anwenden.
Wer komplexe Videos oder Grafiken rendern oder Simulationen erstellen muss, kann auf das Frame System Pro 64GB setzen, dass 64 GB RAM und 16 CPU Cores bereitstellt. Hierfür sind 400 Credits pro Stunde notwendig. Der Wechsel zwischen den einzelnen Business-Plänen ist laut Frame möglich. Da die Ressourcennutzung über Credits abgerechnet wird, kann man bei Bedarf weitere Ressourcen hinzubuchen.
Frame ist mittlerweile so erfolgreich mit seinem Produkt, dass es Partnerschaften mit VMware und Microsoft vorweisen kann. Letztere investieren bereits in Frame und haben sich neben Bain Capital Ventures (Lead-Investor) und In-Q-Tel an der letzten Finanzierungsrunde beteiligt. Außerdem läuft Frame auf Azure beziehungsweise Microsoft Azure Government.
Ein weiterer Fingerzeig war die Bekanntgabe der Partnerschaft mit VMware auf der VMworld 2017, die mit ihrer Lösung VMware Horizon im Wettbewerb mit Frame stehen. Ergebnis der Kooperation ist die Integration von Frame in Workspace One App Express. Über die Plattform können Unternehmen direkt Windows-Apps einsetzen. Die Basis bildet die Frame-Plattform.
Neben den prominenten Partnerschaften hat sich Frame einen soliden Kundenstamm geschaffen: staatliche Einrichtungen gehören ebenso dazu wie Adobe, Autodesk, HP, Siemens, Solidworks und VMware.