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WANdisco will Kernproblem der digitalen Transformation lösen
Im Interview erklärt Jürgen Lübeck, Regional Director DACH bei WANdisco, warum sich ein Distributed-Computing-Ansatz optimal für die Big-Data-Verarbeitung eignet.
Verteilte Computersysteme (Distributed Computing) sind aus dem Big-Data-Zeitalter nicht wegzudenken. Die zusammengeschlossenen Rechner präsentieren sich für den Benutzer als einziges System, bündeln die Rechenleistung der einzelnen Computer, und erlauben so die parallele Verarbeitung mehrere Prozesse.
Der Vorteil dieser Architektur: das verteilte System ist besser skalierbar und erlaubt die Erhöhung der Rechenleistung durch das Hinzufügen weiterer Computer. Mit dem Framework Apache Hadoop erreichte der Ansatz besondere Prominenz.
Das Softwareunternehmen WANdisco hat sich auf den Einsatz von Distributed Computing spezialisiert und unterstützt Firmen unter anderem dabei, Hochverfügbarkeits- und Disaster-Recovery-Herausforderungen innerhalb von Hadoop-Umgebungen zu lösen. Im Interview erläutert Jürgen Lübeck, Regional Director DACH bei WANdisco, welchen Ansatz das Unternehmen beim Distributed Computing verfolgt, welche Technologiepartner bereitstehen und welche Strategie man auf dem deutschen Markt verfolgt.
Jürgen Lübeck verfügt über mehr als zwanzig Jahre Erfahrung im Umfeld von Applikations- und Datenmanagement in der Cloud. Bei WANdisco verantwortet er seit 2019 die Geschäftsentwicklung in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Herr Lübeck, WANdisco hat sich auf Distributed Computing spezialisiert. Können Sie uns den Ansatz von WANdisco erläutern?
Jürgen Lübeck: Distributed Computing ist Teil der DNA von WANdisco und sogar Teil unseres Firmennamens: Wide Area Network Distributed Computing. Unser Ansatz ist es, ein Kernproblem der digitalen Transformation zu lösen und die Skalierbarkeit und Wirtschaftlichkeit der Cloud für Unternehmen nutzbar zu machen.
Da Unternehmen gefordert sind, Daten in immer stärker dezentralisierten Umgebungen sicher zur Verfügung zu stellen, reichen die alten Mechanismen zur Datenbereitstellung und -verwaltung nicht mehr aus. Zudem steigt die Datenmenge exponentiell an, was zu einem Phänomen führt, das wir Datenschwerkraft (Data Gravity) nennen. Das bedeutet, je größer die Datenmenge, desto größer auch die Herausforderung, diese in einer verteilten Umgebung konsistent bereitzustellen.
Parallel machen es Vorschriften und Compliance-Anforderungen für Datenverantwortliche schwieriger, die an sie gestellten Anforderungen zu erfüllen. WANdisco hat einen grundlegend anderen Ansatz zur Verwaltung großer Datenmengen, wie sie heute von digitalisierten Unternehmen benötigt werden.
Unsere Lösungen basieren auf der Konsensbildung in einem verteilten Netzwerk. Dies ist ein extrem schwer zu lösendes Problem, und manche glauben bis heute, dass es nicht gelöst werden kann. Was aber ist, im Zusammenhang betrachtet, dieses Problem? Wenn Sie ein Netzwerk von Knoten haben, die über die ganze Welt verteilt sind, und nur wenig oder gar nichts über die Entfernung und Bandbreite zwischen den Knoten wissen, wie können Sie die Knoten dann dazu bringen, sich untereinander zu koordinieren, ohne sich um Inkonsistenzen kümmern zu müssen?
Die Lösung ist die Anwendung eines Konsens-Algorithmus – und der Goldstandard ist hier ein Algorithmus namens Paxos. Unser Chief Scientist Dr. Yeturu Aahlad, ein ausgewiesener Experte für verteilte Systeme, hat die erste und bis heute einzige kommerziell vertriebene Version von Paxos entwickelt. Damit hat er ein Problem gelöst, das Informatiker weltweit seit Jahren beschäftigt hat.
Welche Vorteile bietet Distributed Computing?
Lübeck: Derzeit leben wir noch in einer zentralisierten Computerwelt, auch wenn das auf den ersten Blick nicht so aussieht. Amazon und eBay sind im Wesentlichen zentralisierte Datenbanken, auf die zahlreiche Clients gleichzeitig zugreifen. Das Buchungssystem der Fluggesellschaften ist ein zentralisiertes System von Rechenzentren. Uber ist ein zentralisiertes System zur Autovermietung, das Fahrer und Passagiere miteinander verbindet. Das Aufkommen global verteilter Computer eröffnet neue Geschäftsmodelle und neue Anwendungen. Unser Chief Scientist sagte mal treffend: Als der Höhlenmensch das Rad erfand, hatte er keine Ahnung von seinen Möglichkeiten. Heute kratzen wir gerade erst an der Oberfläche des Potenzials verteilter Datenverarbeitung.
Praktischer ausgedrückt: WANdisco bringt sein Distributed Computing Intellectual Property zum Einsatz, um Anwendungen und Nutzern den Zugriff auf die Daten zu ermöglichen, wo und wann sie diesen benötigen. Es macht die Bereitstellung von Anwendungen und Daten flexibler und ermöglicht damit neue Geschäftsmodelle wie zum Beispiel das autonome Fahren. Da Cloud Computing allgegenwärtig wird, ermöglicht und beschleunigt WANdisco den Weg in die Cloud und reduziert somit TCO und Risiken.
Welche Technologien kommen bei WANdisco zum Einsatz?
Lübeck: Unsere Kern-Intellectual-Property ist mit mehr als 25 Patenten abgesichert und die einzige Lösung, die auf Paxos, dem Goldstandard für Konsens-Algorithmen aufbaut. Alle WANdisco Lösungen basieren hierauf. Einschließlich jener, die sich auf analytische Daten und die Herausforderung konzentrieren, diese Daten in die Cloud zu migrieren und an unterschiedlichen Standorten konsistent zu halten.
Was beinhaltet das WANdisco Produktportfolio?
Lübeck: WANdisco existiert, um die digitale Transformation in der Cloud zu ermöglichen und zu beschleunigen. Wir unterstützen auch weiterhin On-Premises-Umgebungen zwecks Disaster Recovery, doch unsere Strategie richtet sich klar in Richtung Cloud. Neben der Cloud Journey helfen wir unseren Kunden bei der Bewältigung von Hochverfügbarkeits- und Disaster-Recovery-Herausforderungen innerhalb ihrer Hadoop-Umgebungen vor Ort, indem wir Daten zwischen verschiedenen Instanzen als relevanten Teil ihrer Business-Continuity-Strategie replizieren.
Wie bereits angedeutet, helfen wir unsere Kunden derzeit am häufigsten auf ihrem Weg in die Cloud. Wir bieten Tools an, mit denen Daten aus lokalen Umgebungen nahtlos in die Cloud migriert werden können, ohne Ausfallzeiten oder das Risiko von Datenverlusten befürchten zu müssen.
Sobald sich die Daten in der Cloud befinden, unterstützten unsere Lösungen jedwede Hybrid-Cloud-Variation, so dass Unternehmen in der Lage sind, Anwendungen in ihrem eigenen Tempo zu migrieren oder zwei datenkonsistente Umgebungen für unterschiedliche Anforderungen aufrechtzuerhalten. In der Cloud können Unternehmen WANdisco nutzen, um multiregionale Datenkonsistenz und sogar Multi-Cloud-Umgebungen zu betreiben, womit auch ein Vendor Lock-in vermieden werden kann.
Welche Anwendungsfälle decken die Lösungen ab?
Lübeck: Im Wesentlichen unterstützen wir drei High-Level-Anwendungsfälle. Erstens, Datenverkehr und Data Lake Migration. Wir helfen unseren Kunden, ihre Daten in die Cloud zu migrieren und anschließend konsistent zu halten.
Zweitens, Disaster Recovery, Hochverfügbarkeit und Data Governance. Hier unterstützen wir Kunden bei der Erfüllung ihrer Business-Continuity-Anforderungen an ihr Datenmanagement.
Und schließlich, Hybrid Cloud Multi-Region und Multi-Cloud. In diesen Feldern helfen wir, einen Vendor Lock-in zu vermeiden, und ermöglichen es Unternehmen, die jeweils optimalen Anwendungen über verschiedene Cloud-Angebote hinweg mit dem gleichen Datensatz zu nutzen. Dies ermöglicht es Unternehmen, ihre Daten auf effiziente und sichere Weise für Anwendungen wie etwa Machine Learning, Predictive Analytics oder das Internet der Dinge verfügbar zu machen – wann und wo immer sie diese benötigen.
Welche Technologiepartner hat WANdisco?
Lübeck: Wir pflegen Partnerschaften und bilden Schnittstellen zu allen relevanten Akteuren in diesem Markt. Für die On-Premises-Seite sind dies Unternehmen wie Cloudera und Hortonworks, HP sowie MapR, Dell mit Isilon, Netapp und etliche mehr. Auf Seiten der Cloud-Anbieter sind unter anderem AWS, Microsoft, Alibaba, Oracle und Databricks unsere Partner. WANdisco hat schon früh verstanden, dass es unerlässlich ist, Teil der so genannten Cloud Fabric zu sein. Als kleines Technologieunternehmen, das versprach, die Risiken im Zusammenhang mit den wertvollsten Datensätzen des Kunden zu beseitigen, brauchten wir mehr als nur Cloud-Partner, wir mussten Teil der Cloud selbst werden.
Mit Microsoft Azure haben wir aktuell eine tiefgreifende Partnerschaft geschlossen. Darin schafft Microsoft eine spezifische Servicekategorie rund um unsere Livedata-Plattform und macht sie damit zu einem der Kernangebote in seinem Cloud-Portfolio. Die enge Integration zwischen der WANdisco Plattform und dem Azure Portal bedeutet, dass Kunden die WANdisco-Lösungen wie ein natives Azure-Angebot erleben. WANdisco wird Teil der Management- und Sicherheitsebene von Azure und in deren Abrechnungssystem integriert sein. Ziel ist dabei, zum De-facto-Standard für die Migration von Daten in die Cloud und für die Sicherstellung von Datenkonsistenz in der Cloud zu werden. So wie es bereits von einigen unserer globalen SI-Partner wie zum Beispiel Infosys genutzt wird.
An wen richtet sich WANdisco mit seinen Lösungen?
Lübeck: Wir fokussieren uns auf Unternehmen, die über große Datensätze verfügen, die die Cloud nutzen wollen und ihre Daten als geschäftskritisch betrachten. Speziell diese Unternehmen können keine längeren Ausfallzeiten oder das Risiko von Datenverlust akzeptieren – sie brauchen wirklich das, was wir LiveData nennen.
Wie sieht das Lizenzmodell von WANdisco aus?
Lübeck: Für die Mehrheit unserer Partner basiert das Lizenzmodell auf der Menge der zu verwaltenden beziehungsweise zu replizierenden Daten. Grundlage für unsere Lizenzierung ist dabei die Datenmenge, die in die Cloud migriert werden muss, oder die Datenmenge, die zwischen einer Reihe von Systemen repliziert wird.
„In der Cloud können Unternehmen WANdisco nutzen, um multiregionale Datenkonsistenz und sogar Multi-Cloud-Umgebungen zu betreiben, womit auch ein Vendor Lock-in vermieden werden kann.“
Jürgen Lübeck, WANdisco
Mit Azure werden wir in naher Zukunft auch ein Angebot für die Preisgestaltung anbieten, das im Einklang damit steht, wie andere Cloud-Dienste wie Speicherung und Berechnung genutzt werden. Bereits heute stehen unsere Lösungen auf den Marktplätzen von Amazon und Microsoft zur Verfügung.
Welche Strategie verfolgt WANdisco auf dem deutschen und europäischen Markt?
Lübeck: Wir verfolgen ein zu 100 Prozent indirektes Go-to-Market-Modell. Unser Partnermodell wurde in den letzten Monaten überarbeitet, und wir haben im Rahmen dieses Modells bereits neue Partnerschaften geschlossen.
Einige unserer Partnerschaften haben globale Reichweite, beispielsweise mit Microsoft, Amazon, Google, Databricks, oder Infosys. Doch wir arbeiten auch mit regionalen Partnern wie The unbelievable Machine Company, Alice&Bob Company, Storm Reply und einer Reihe anderer zusammen. Es ist unsere Strategie, der Trusted Advisor zu werden, wenn es um die Anforderungen der Cloud Migration, Replikation und Datenkonsistenz im digitalen Business geht. Dabei orientieren wir uns an unserer eigenen Vision, die LiveData-Bewegung voranzutreiben.