Reto Klar
Sapphire Now: Business Network vereint drei SAP-Netzwerke
SAP hat neue Initiativen wie das SAP Business Network auf der Sapphire Now angekündigt. Das Netzwerk soll Unternehmen helfen, neue Partner schneller zu finden.
Die nächsten Schritte beim Aufbau eines intelligenten Unternehmens liegen laut SAP im Aufbau starker Geschäftsnetzwerke und einem starken Fokus auf Nachhaltigkeit. Zu diesem Zweck kündigte SAP im Rahmen der SAP Sapphire Now, die auch in diesem Jahr wieder virtuell für SAP-Kunden und -Partner stattfand, mehrere neue Produkte an.
In einer vorab aufgezeichneten Keynote (siehe Video unten) stellten SAP CEO Christian Klein und Vorstandsmitglied Julia White drei neue Initiativen vor, die Unternehmen auf dem Weg zu einem intelligenten Unternehmen unterstützen sollen. Die größte Initiative ist der Start des SAP Business Network, ein soziales B2B-Netzwerk, das 5,5 Millionen Unternehmen umfasst. Während der Keynote sagte Klein, dass COVID-19 gezeigt hat, dass ein solches Netzwerk entscheidend ist, damit Unternehmen kostspielige Unterbrechungen vermeiden.
„Kein Unternehmen macht sein Geschäft allein“, sagt Klein. „Und während ein intelligentes Unternehmen allein große Dinge erreichen kann, leben wir in einer vernetzten Welt.“
Zu den Initiativen gehörten auch die Erweiterung des Produkts Rise with SAP unter dem Namen Rise with SAP for Industries und die Einführung eines Produktportfolios für Nachhaltigkeit in Unternehmen.
Drei zentrale Ankündigungen
Das neue SAP Business Network vereint drei bestehende SAP-Netzwerke und ermöglicht es Unternehmen, neue Partner zu suchen und zu finden, die bestimmte Kriterien erfüllen.
„Viele Unternehmen verwalten komplexe Beziehungen zwischen Lieferanten, Einkäufern, Logistikdienstleistern und Herstellern als statische Eins-zu-eins-Verbindungen“, erläuterte Klein. „Aber COVID-19 hat gezeigt, wie entscheidend es ist, Echtzeit-Transparenz über die gesamte Lieferkette zu haben. Der Wert entsteht durch das Netzwerk.“
Das SAP Business Network vereint das Ariba Network für Beschaffung, das SAP Logistics Business Network für Logistik und Supply Chain Management sowie das SAP Asset Intelligence Network für das Asset Performance Management und die Geräteverfolgung unter einem einheitlichen Benutzerportal und einem gemeinsamen Datenmodell.
Rise with SAP, das im Januar auf den Markt kam, ist ein Abonnementservice, der das ERP-Kernsystem S/4HANA mit Managed Cloud Infrastructure und Services in einem Vertrag bündelt. Die Produkterweiterung umfasst nun Servicepakete für fünf Branchen: Handel, Konsumgüterindustrie, Automobil, Versorgungsunternehmen sowie Machinen-, Geräte- und Komponentenbau.
Die Lösungen für mehr Nachhaltigkeit sollen es Unternehmen ermöglichen, umweltbewusste Initiativen und neue Geschäftsmodelle zu fördern. Das Produktportfolio umfasst SAP Responsible Design and Production, mit dem Produktdesigner nachhaltige Entscheidungen treffen können, SAP Product Footprint Management, mit dem sich die Nachhaltigkeit über den gesamten Lebenszyklus eines Produkts verfolgen lässt, und SAP Sustainability Control Tower, der Transparenz in Nachhaltigkeitsprogramme schafft.
„Als Teil unseres Engagements wird SAP Standardberichte und Analysen zu allen Nachhaltigkeitsmetriken des Weltwirtschaftsforums bereitstellen“, sagte Klein.
Das Unternehmen kündigte außerdem SAP Upscale Commerce an, eine integrierte Customer-Experience-Plattform, sowie eine Employee-Experience-Plattform, die SAP SuccessFactors mit Qualtrics integriert.
Zu einem intelligenteren Unternehmen zu werden, sei umso wichtiger, je mehr sich Unternehmen an veränderte Bedingungen anpassen und sich von der COVID-19-Pandemie zurückziehen, sagte Klein während der Keynote. Es reiche nicht aus, alte IT-Landschaften auf eine Cloud-Infrastruktur zu migrieren, und Unternehmen müssten „den Mut haben, alte Geschäftsprozesse hinter sich zu lassen.“
Mehr Details gewünscht
Die Botschaften der Keynote waren hochgesteckt, doch SAP könnte in einigen Bereichen das Ziel verfehlen, und die Details waren nach Aussage einiger Beobachter nicht ausreichend ausgearbeitet.
„Insgesamt war die Botschaft der Keynote gut, aber vieles davon muss mit Vorsicht genossen werden“, sagt Paul Saunders, Vice President und Analyst bei Gartner. „Das SAP Business Network ist in der Theorie wirklich gut, aber ich bin ein wenig skeptisch, was die Realität angeht. Wenn man zum Beispiel an all die Teile denkt, die in die Herstellung eines Elektrofahrzeugs einfließen – und all die Zulieferer, Prozesse, Systeme, Daten – klingt das großartig, aber wird es Realität werden und wird jeder SAP oder einem anderen Technologieunternehmen so viele wertvolle Geschäftsinformationen anvertrauen?“
Hinzu kommt, dass laut Saunders der Fokus auf Geschäftsnetzwerke und Nachhaltigkeit bei den Kunden im Moment wahrscheinlich nicht ganz oben auf der Agenda steht, und SAP muss seinen Kunden zeigen, wie es ihnen helfen kann, echte Probleme zu lösen.
„Unternehmen, die die Pandemie hinter sich gelassen haben, wollen verlorenen Boden gutmachen, aber auch aus den Disruptionen, die sie erlebt haben, und den Möglichkeiten, die sich daraus ergeben, lernen“, sagt er. „Die Botschaft von SAP geht auf einige dieser Aspekte ein, aber sie ist keine Einheitslösung, wie es in der Vergangenheit der Ansatz von SAP war. Unternehmen brauchen SAP, um ihnen wirklich zu helfen und nicht nur etwas Glänzendes zu verkaufen.“
Nach Aussage von Holger Müller, Vice President und Principal Analyst bei Constellation Research, ist dieser Schritt in einigen Bereichen längst überfällig. Die Bündelung der Netzwerkfähigkeiten in das SAP Business Network ist ein guter Schritt, da Unternehmen diese beherrschen müssen, wenn sie ihre Aktivitäten nach COVID-19 neu starten oder – was noch wichtiger ist – sich auf neue Geschäftsbereiche konzentrieren wollen.
„Das Hinzufügen der vertikalen [Branchen-]Fähigkeiten zu Rise mit SAP ist ein guter Schritt“, sagt er. „Meiner Meinung nach kommt das allerdings ein bisschen zu früh, denn SAP muss zuerst die horizontalen Werttreiber von S/4HANA richtig hinbekommen, um breite Upgrades von ECC in der Post-Pandemie-Wirtschaft anzutreiben.“
Business Network muss sich beweisen
„Die Botschaft von SAP war gut, aber die wirkliche Geschichte braucht mehr Details“, sagt Cindy Jutras, Präsidentin von Mint Jutras R&A, einer Forschungs- und Analysefirma für Enterprise Computing.
„Die Prämisse hinter all diesen Ankündigungen ist solide, aber ich warte immer noch darauf, von ihrer Ausführung überzeugt zu werden“, erklärt Jutras. „Zumindest scheinen Klein und White mit den Füßen fest auf dem Boden der Realität zu stehen und Technobabble [Anm. Kunstwort aus Technologie/Technology und Gebrabbel/Babble] zu vermeiden, und der Fokus scheint sich von der reinen Technologie zu mehr Geschäftswert verlagert zu haben.“
SAP adressiere die wirklichen Bedürfnisse seiner Kunden, ist sie überzeugt, aber es muss zeigen, dass es wirklich alle Elemente seines breiten Produktportfolios miteinander verknüpfen kann.
„Viele der Elemente wurden zugekauft, und es bleibt abzuwarten, ob all die verschiedenen Anwendungen wirklich das gleiche Datenmodell verwenden und nahtlos zusammenarbeiten“, erläutert Jutras. „Das erfordert eine Microservices-Architektur, die SAP entwickelt hat. Aber wurde sie auch konsequent durchgängig angewendet? Und langjährige Kunden müssen wissen, wie viel Aufwand nötig ist, um die Vorteile zu nutzen.“
John Appleby, CEO von Avantra, einem Anbieter von automatisierten IT-Services für SAP-Systeme, bezeichnete die Gesamtbotschaft von SAP ebenfalls als positiv und sagt: „SAP hat gezeigt, wie ihre Produkte Geschäftsprobleme lösen können.“
„Nach dem Ende der Pandemie konzentriert sich die Unternehmensführung in erster Linie auf die Strategien, die sie brauchen, um voranzukommen“, sagt er. „CEOs denken darüber nach, wie sie den Vertrieb umgestalten oder die Lieferkette effizienter gestalten können, damit sie ihre Produkte auf den Markt bringen können, anstatt ihre ERP-Systeme zu aktualisieren.“
„SAP hat einen ziemlich guten Job gemacht, verschiedene Probleme anzusprechen, die die Leute eventuell haben“, sagt Appleby. „Zum Beispiel kann das SAP Business Network einige ansprechen, wenn sie Schwierigkeiten haben, Lieferungen und Produkte zu bekommen oder die Kosten der Lieferkette zu reduzieren.“
Insgesamt lieferte die Sapphire Now mehr Details zu Produkten, als Appleby erwartet hat. „Die letzten Sapphires waren tendenziell visionärer und weniger spezifisch, also waren sie ziemlich spezifisch in Bezug auf das, was sie tun. Es war die produktzentrierteste Sapphire der letzten zehn Jahre, im Guten wie im Schlechten – nicht jeder will das, aber man kann es nicht jedem recht machen.“
Nachhaltigkeit wichtig, aber wichtig genug?
Das Thema Nachhaltigkeit nahm einen Großteil der Zeit und des Fokus auf der Sapphire Now in Anspruch, ist aber vielleicht nicht das Thema, das bei den Unternehmen im Moment ankommt.
„Nachhaltigkeit, so wichtig und lobenswert das Thema auch ist, ist im Moment keines der Top-Drei- oder sogar Top-Fünf-Themen für Unternehmen“, sagt Mueller. „Es wird also eine Good-to-have-Fähigkeit sein, nachdem das S/4HANA-Upgrade stattgefunden hat, aber ich sehe nicht, dass Nachhaltigkeitsfunktionen der Haupttreiber für ein S/4HANA-Upgrade sind.“
Gartner-Analyst Saunders hingegen bezeichnete den Fokus auf das Thema als positiv: „Die Nachhaltigkeitsbotschaft ist dringend notwendig, und wenn SAP es richtig macht, kann es bahnbrechend sein. Ich würde gerne den Tag erleben, an dem jemand sagen kann: ‚Alexa, sag S/4HANA, dass es die Produktion auf minimalen Abfall optimieren soll.‘ Ich denke, wir sind noch ein Stück weit davon entfernt, aber dass ein Unternehmen wie SAP sich dafür einsetzt, ist wunderbar.“